Review: Carenado Bonanza V35B

Carenado und Bonanza: Zwei Stichworte, die sehr unterschiedliche Erinnerungen wachrufen. Zum einen Carenado – ein Garant für feine fotorealistische Umsetzungen von Modellen für die Flugsimulator-Gemeinde. Zum andern Bonanza – für einmal nicht die galoppierende Cartwright-Familie von der Ponderosa-Ranch, sondern ein eigenwilliges Design von Beechcraft, das sich schon vor Jahrzehnten in der Privatfliegerei einen Namen gemacht hat. Wie sie unserem Rezensenten Oskar Wagner gefallen hat, erfahren sie wenn sie hier …

Review Carenado Bonanza V35B

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Beechcraft Bonanza – da werden alte Erinnerungen wach! Wie bei Beechcraft üblich, ein solides Hochleistungsdesign mit einigen eigenwilligen Feinheiten, die das Flugzeug unvergesslich machen. Meine persönliche Flugerfahrung auf diesem Typ ist leider auf ein paar Dutzend Stunden auf dem V-Tail und ebensoviele auf dem konventionell aufgebauten „Schwesterschiff“ B36 Debonair beschränkt. Trotzdem, wer sich einmal in eine Beech gesetzt hat, wird sich sofort wieder heimisch fühlen – so speziell ist das Design und Layout im Cockpit. Nun denn – ab ins Carenado-Cockpit der V35B – eine der letzten und modernesten Entwicklungsstufen der Bonanza.

Eins muss ich noch vorausschicken: Ich habe im Laufe der „Flugerprobung“ einige Unschönheiten entdeckt und diese auch an Carenado weitergeleitet. Daraufhin wurde mir ein Update/Servicepack in Aussicht gestellt, das aber bis heute noch nicht verwirklicht worden ist. Ich möchte jetzt nicht noch länger mit der Rezension zuwarten – es sind mittlerweile schon wieder 5 Wochen mit Warten ins Land gegangen – und so werde ich auch auf diese Unschönheiten hinweisen. Die Hoffnung auf ein Servicepack bleibt aber bestehen.

Dann wollen wir uns mal keine neuen Gewohnheiten aneignen und beginnen mit der

Installation

Der Installer „wiegt“ ca 62 MB und bietet naturgemäss keinerlei Probleme. Die fertige Installation umfasst fünf verschiedene Bemalungen, verteilt auf drei für das Standard-Modell und zwei für die Variante mit Tip-Tanks.

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Ebenso wird die Dokumentation wie heute üblich, in einem gesonderten Ordner abgelegt. Und wie es sich für eine ordentliche Rezension gehört, lesen wir erst mal die

Dokumentation

Diese ist in Carenado-Manier ziemlich ausführlich gehalten und umfasst ein POH, eine gesonderte Beschreibung des GNS430 GPS und des AVSS (Altitude and Vertical-Speed Selector) sowie einen Übersichtsplan des VC. Das POH umfasst auch einige Performance-Tabellen – wenn man sie denn auch wirklich gut gebrauchen könnte! Leider sind sie aber offensichtlich ziemlich lieblos mit relativ niedriger Auflösung aus irgenwelchen Handbüchern herauskopiert und in das PDF-Dokument eingefügt worden. Das Resultat ist schlicht ungenügend und nicht Carenado-würdig. Ansonsten ist die Dokumentation inhaltlich genügend bis gut.

Aussenmodell

Es ist unbestritten, dass Carenado seinerzeit beim Erscheinen der ersten Modelle einen Standard für Aussenmodelle gesetzt hat. Mittlerweile haben natürlich andere Hersteller nachgezogen und Carenado steht nicht mehr allein mit seiner Qualität. Trotzdem kann man aber immer noch davon ausgehen, dass man mit einem Carenado-Produkt ein hochstehendes Aussenmodell erhält – so ist es auch bei der Bonanza. Die Dimensionen sind stimmig und der Gesamteindruck ist wirklich gut bis hervorragend. Man ist sich halt nichts anderes mehr gewohnt. Die Bemalungen sind durchwegs sauber gelungen und auch die „bare metal“ Variante vermag durch gute Darstellung zu überzeugen.

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Selbstverständlich braucht es dazu Bump- und Specular-Maps, deren Anwendung Carenado von jeher sehr gut gelungen ist. Allerdings wundert es mich ein bisschen, dass immer noch DXT5-Bitmaps anstelle von DDS verwendet werden. Letztere laden eindeutig schneller und belasten so den Rechner weniger. Bei der Grösse der verwendeten Maps ist der Einfluss allerdings noch nicht so gross, da aufgrund der relativen „Kleinheit“ der Bonanza Bitmaps im Format 1024 x 1024 verwendet werden, die an sich die Rechnerleistung nicht zu sehr fordern. Also – wie gesagt – von aussen betrachtet schon mal eine saubere Sache.

Das Cockpit

Auch das VC – ein 2D Cockpit wird nicht angeboten – erwartet einen in üblicher Carenado-Manier – was in diesem Zusammenhang heissen will, dass auch hier eine fotorealistische Darstellung in der gewohnten Qualität gezeigt wird. Es gilt das Gleiche wie bei der Aussendarstellung: auch andere Hersteller haben mittlerweile einen hohen Standard erreicht, aber das Carenado-Cockpit ist einfach wieder so, wie man es von Carenado gewohnt ist – also vor allem keine negativen Überraschungen. Mit einem kleinen Configurator-Tool lassen sich noch zusätzliche Prozessor-schonende Varianten auswählen, sodass auch bei schwächeren Systemen keine grossartigen Frame-Einbrüche zu erwarten sind. Mir ist in deser Beziehung jedenfalls nichts negatives aufgefallen.

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Das klobige Steuerhorn kann weggeklickt werden und gibt dann den ungehinderten Blick auf alle Bedienungselemente frei.

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Die Instrumentierung entspricht etwa dem üblichen Stardard mit Autopilot und GPS. Das GPS kann über SHIFT-2 zusätzlich eingeblendet werden und ist dabei leider nicht viel grösser als das Instrument im VC-Panel. Zudem ist es im Vollbildmodus praktisch nicht in der Grösse veränderbar, weil die Grösse des Anzeigebereichs unsorgfältig konfiguriert wurde. So muss denn zur Grössenänderung immer in den Windowed-Modus gewechselt werden – nicht gerade das Gelbe vom Ei! Auch die Clickspots des AVSS sind nicht wirklich dort, wo sie gemäss Beschreibung sein sollten.

Beleuchtung

Die Schalter für Strobe-, NAV- und Beacon Light funktionieren fehlerlos und auch die unterschiedlichen Taxi- und Landescheinwerfer werden richtig geschaltet.

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Das Taxi-Light wird – da es sich am Bugrad befindet, beim Einziehen des Fahrwerks ausgeschaltet, was sicher richtig ist. Dass dabei auch der Schalter im Cockpit automatisch seine Stellung auf „OFF“ wechselt, wage ich allerdings zu bezweifeln. Die verwendeten Nachtbeleuchtungs-Texturen sind schön gemacht und ergeben die richtige Nachtflug-Ambiance im Cockpit.

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Das Dome-Light (ebenfalls auch eins über der Tür) wird separat über einen Druckknopf am Dachhimmel betätigt. Dabei ist allerdings ein Fehler unterlaufen. Schaltet man das Dome-Light bei ausgeschalteter Instrumentenbeleuchtung ein, so wird zwar das Innere auch erhellt, die Lichter selbst bleiben aber aus.

Technisches

So schön Carenado seine Modelle immer auch ausstaffiert, so – in meinen Augen – mangelhaft ist die technische Ausstattung. Wenn ich mangelhaft sage, meine ich nicht das weitestgehende Funktionieren der Instrumente und Anzeigen im Default Standard. Es geht einfach nichts über das Default-Niveau hinaus. Dies ist für ein Payware-Addon in dieser Klasse einfach schade. Ein kleines Beispiel soll dies belegen. Die Bonanza wird auch in der Tiptank-Variante angeboten. Beechcraft hat diese zwar nie in eigener Regie hergestellt, hat aber ab Werk Modelle mit den Osborne 20 USG-Tanks geliefert. Dies wäre nun ein Betätigungsfeld für eine „artgerechte“ Darstellung gewesen.

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In älteren Modellen hatten die Tanks einen manuell zu bedienenden Kraftstoffhahn, der den Treibstoff unter Schwerkraft in die Main Tanks laufen liess. Die neueren Modelle hatten zu diesem Zweck eine eigene Pumpe pro Tank. Nichts von alledem ist vorhanden. Einfach zwei weitere Instrumente für die Tiptank-Inhalte und ein Hinweis am Tankwählschalter und das war’s! Die Tiptanks laufen einfach zuerst leer und dann gehts weiter aus den Main Tanks. So war es eben nicht und es würde Carenado gut anstehen, auch einmal solche Details auszubilden. Das Fuelsystem hat ohnehin seine Schwächen, die unbedingt noch korrigiert werden müssen. Beim Aufstarten des Flugzeugs befindet sich der Tankwählschalter in der Stellung OFF und der Motor läuft munter. Bewegt man ihn einmal in eine der beiden Tankstellungen, so funktioniert die Stellung „OFF“ in der Folge richtig und der Motor stirbt auch in der Mittelstellung. Beim Motorstart mit „CTRL-E“ steht der Schalter dann wieder in der Mitte. Dies ist ebenfalls Default-Verhalten und müsste halt programmtechnisch umschifft werden.

Apropos technische Details: Es ist natürlich müssig, aus dem Original-Handbuch seitenweise das richtige Einstellen des Gemisches anhand der Abgastemperatur zu erklären, wenn man dann feststellen muss, dass die EGT-Anzeige praktisch nicht reagiert… Dass dann z.B. auch noch die Anzeige für die Prop-Heizung immer auf Vollausschlag steht, obwohl der entsprechende Schalter „OFF“ ist, vermag dann weiter nicht mehr zu verwundern. Dies sind alles Dinge, die bei einen Service-Pack korrigert werden sollten. Ob das dann auch geschieht, wird sich zeigen.

Sound

Mit besonderen Sound-Leistungen hat sich Carenado nach meiner Erfahrung noch keinen Namen gemacht, und so ist es auch hier. Die Übergänge aus den verschiedenen Leistungsstufen sind einfach nicht so, wie man es von einem hochklassigen Add-On erwarten würde. Das sonore Brummen bei Vollgas ist zwar ziemlich wirklichkeitsgetreu, aber dazwischen fehlen einfach saubere Übergänge zwischen den einzelnen Leistungsbereichen. Das geht besser und das können andere Hersteller auch besser. Dazu kommt, dass – nicht nur bei Vollgas – zwei unterschiedliche „Drehzahlen“ auszumachen sind, die eine Schwebung erzeugen – wie ein schlecht synchronisierter Zweimot. Ich verwende zwei verschiedene Systeme zum Testen meiner Add-Ons und erstaunlicherweise ist der Effekt nicht bei beiden genau gleich stark, aber immer vorhanden. Also scheint der Effekt auch möglichweise noch Soundchip-abhängig zu sein. Die anderen Sound-Effekte so z.B. der typische Beech-Fahrwerksound dagegen sind recht authentisch.

Flugeigenschaften

Zu den Flugeigenschaften gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Die Bonanza bietet keine eigentlichen fliegerischen Überraschungen. Die oft nachgesagte Instabilität um die Gier-Achse ist zwar vorhanden, aber bei weitem nicht so ausgeprägt, wie oft behauptet wird. Zwei Dinge stören mich ein bisschen: Das völlig falsch simulierte Abkippverhalten – das Flugzeug nimmt bei voll gezogenem Höhensteuer im Stall die Nase bis ca 45° nach oben und kippt dann erst ab – und der übertriebene Bodeneffekt.

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Tiefdecker sind zwar zugegebenermassen etwas empfänglicher dafür als Hochdecker, aber die Bonanza ist nicht gerade ein Leicthgewicht und schwebt definitiv nicht so lange aus. Dazu beitragen könnte auch der etwas zu tiefe Luftwiderstand der Landeklappen. Die Geschwindigkeitsabnahme bei voll ausgefahrenen Klappen und Fahrwerk im Horizontalflug habe ich jedenfalls etwas anders in Erinnerung.

Fazit

Eye-candy soweit das Auge reicht! Es ist und bleibt eine Carenado. Trotz der fehlenden technischen Feinheiten nehme ich sie ab und zu aus dem Stall, um mal einen cross-country Flug mit anschliessendem IFR-Anflug auf einen nahegelegenen Platz zu machen. Sie ist einfach zu schön um nur herumzustehen. Carenado täte allerdings gut daran, sich etwas mehr auch um die Verwirklichung technischer Details zu kümmern. Der gute Ruf hält nicht ewig und Stillstand bedeutet Rückschritt.

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+


  • Detailgetreues Innen- und Aussenmodell
  • Sehr schöne Fototexturen


  • Wenig Systemtiefe

Verwendetes Testsystem:

  • ASUS P6T Deluxe V2
  • Intel Core i7 960 3.2 GHz
  • 6 GB DDR3 RAM 1.6 GHz
  • 1 x 120 GB SSD
  • 2 x 1 TB HD
  • 2 x ASUS ENG TX 285, latest drivers 260.99
  • Windows 7 Professional 64 Bit

Oskar Wagner

6 Kommentare
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Jan
Jan
13 Jahre zuvor

Hallo Oski,

danke für dein Review. Es ist dir wirklich gut gelungen, wie ich finde. Wer würde sich mehr für eine Rezension der Maschine eignen, als jemand, der schon real einige Stunden auf der Bonnie gesammelt hat.

Toll, dass du deine Verbesserungsvorschläge gleich an Carenado übermittelt hast, denn so erhält zum einen der Hersteller eine verlässliche Rückmeldung zu seinem Produkt und zum anderen profitiert auch der Kunde von eventuell daraus resultierenden Updates. Wollen wir hoffen, dass Carenado diese Chance in diesem Fall noch nutzen wird.

Einen kleinen Verbesserungsvorschlag hätte ich da noch: Vielleicht kannst du in Zukunft mal darauf achten, dass auf deinen Screenshots nicht so viele Simulator-Meldungen eingeblendet werden (Pause-Modus, Sichtwechsel, etc.).

Ansonsten, mach weiter so!

Viele Grüße,
Jan

Sebastian
Sebastian
13 Jahre zuvor

Vielen Dank für diese Review!

Ich freue mich immer, wenn es eine neue, gut gemachte und vor allem sehr informative REview gibt. Weiter so!

Grüße,
Sebastian

Theo
Theo
13 Jahre zuvor

Ein tolles Review! Danke Oski 🙂

Pidder
13 Jahre zuvor

Auch von mir ganz herzlichen Dank für das informative und durchaus auch kritische Review, Oski. Ein Punkt bleibt bei Carenado in Sachen Stillstand anzumerken: auch dieses VC “lebt” von fotorealistischen Texturen, mit denen die Chilenen ganz hervorragend umgehen können. Aber das ist Stand von vor 4 Jahren! Inzwischen werden “state of the art” eigentlich sämtliche Schalter, Hebel, Instrumenteneinfassungen, Sicherungen etc. in 3D modelliert. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, der ja bei den neuesten Carenado-Entwicklungen auch erkannt worden zu sein scheint.

Sergio
Sergio
13 Jahre zuvor

Kleine Randbemerkung zur Bemerkung über die Texturen:

DXT5 ist eigentlich nur ein Kompressionsverfahren, so wie DXT1 und DXT3. DDS ist wiederum ein allgemeiner Standard für DirectX-Grafiken, der viele Varianten kennt (komprimiert, nicht komprimiert, mit Alpha-Kanal, ohne Alpha-Kanal, Bittiefe, Kanalanordung usw.) Darunter auch Bitmaps, die mit DXT5 komprimiert sind.

Lange Rede, kurzer Sinn: DXT5-Texturen für FSX sind DDS.
Das gilt natürlich nicht für die DXT3-Texturen von FS9. Diese sind tatsächlich keine DDS, sondern ein eigener Standard.

Oski
Oski
13 Jahre zuvor

Danke Sergio, für den Hinweis. Mein Wissensstand war, dass DDS höher komprimiert als DXT5 wäre aber ein kurzer Blick mit Martin Wright’s DXTbmp auf eine DDS-Textur zeigt tatsächlich DXT5 als Kompressionsstufe an. Schon wieder was gelernt 🙂