Genf, die Dritte!

Von Bert Groner

Den internationalen Flughafen von Genf im Südwesten der Schweiz gibt es dreimal virtuell für den MSFS: Vor zweieinhalb Jahren kam die Umsetzung von RedWing heraus, Mitte Juni 2024 die von RDPresets und am 27. September diesen Jahres die von JetStream Designs in (erstmaliger) Zusammenarbeit mit Marcus Nyberg. Sie wird im Folgenden in Tiefe und Breite vorgestellt…

Realität

Der Airport https://www.gva.ch im Genfer Ortsteil Cointrin trägt die IATA- und ICAO-Bezeichner GVA und LSGG. Er liegt nur fünf Kilometer nordwestlich der Innenstadt und der Südspitze des Genfer Sees.

Die Geschichte geht bis auf das Jahr 1910 zurück. Ab Beginn des zweiten Weltkrieges wurde er bedeutend ausgebaut. Nach dem Krieg kam es 1945 zur ersten außerplanmäßigen Landung einer DC-4 der Trans World Airlines (TWA), die von News York via Rom nach Kairo und retour unterwegs war. Die Gesellschaft nahm diesen Umlauf ein Jahr später als Linienverbindung auf.

Die Betonbahn war damals bereits 2.000 Meter lang und wurde wie die gesamte Infrastruktur des Airports mehrfach ausgebaut, erweitert und in den 1960er Jahren an den aufkommenden Jet-Verkehr vor allem mit Boeing 707 und 727 angepasst. Schon damals gab es wegen der einstigen “Fuel to Noise-Converter” erhebliche Proteste der Bevölkerung wegen des Lärms gegen weitere Ausbauten. Denn wie nur recht wenige Großflughäfen auf der Welt befindet sich der Flughafen damals wie heute “mitten” in der Stadt.

Die heutige 04/22 grenzt mit ihren 3.900 mal 50 Metern im Nordosten direkt an Frankreich. Die 04 wurde mit einem CAT I-ILS mit einer CALVERT-Anflugbefeuerung ((HIALS-I) und die 22 mit einem CAT IIIb-ILS mit einem CALVERT HIGH (HIALS-II) sowie einer Aufsetzzonenbefeuerung ausgestattet. Die Route de Ferney unterquert die Bahn in einem Tunnel. Der endet auf französischer Seite an einer Grenzstation, die wegen des Schengen-Abkommens nicht mehr genutzt wird.

Der Airport ist nach Zürich und vor Basel der zweitgrößte der Schweiz. Alle drei werden als “Landesflughäfen” bezeichnet. Laut Betreiber, der Aéroport International de Genève, wurden im Jahr 2023 11.247.426 genau Passagiere und 55.719 Tonnen Fracht mit 116.944 Flügen bewegt.

Es gibt das Terminal 1 mit 15 Parkpositionen mit Jetways und das Terminal 2 mit drei Parkpostionen ohne Jetways, wobei das kleinere und erste Terminal 2 aus dem Jahr 1946 nur in der Wintersaison genutzt wird. Hinzu treten die Satelliten 20, 30 und 40 mit insgesamt 19 Parkpositionen auf dem South Apron, wobei der Satellite 30 drei und Satellit 40 vier Jetways aufweisen. Desweiteren gibt es vier Parkpositionen am Cargo-Terminal und je nach Flugzeuggrößen maximal 63 gleichzeitig nutzbare, abgesetzte Parkplätze auf dem South Apron und südwestlich der 22 im Nordosten des Platzes.

Über 50 Airlines bieten Flüge zum mehr als 120 europäischen und weltweiten Destionationen an. LSGG ist ein Hub für Swiss und EasyJet. Neben dem normalen Geschäft profitiert der Flughafen vom zuätzlichen Passagier- und Flugvolumen internationaler Organisationen wie die Vereinten Nationen, das Internationale Komitee des Roten Kreuzes und der Fédération Internationale de Football Association (FIFA), die in Genf residieren.

Für die Allgemeine Luftfahrt gibt es den North Apron im Nordwesten des Platzes mit 30 Parkpositionen, vier Hangars und Servicegebäuden sowie acht markierten Hubschrauberlandeplätze. Seit 2021 ist der Rettungshubschrauber REGA 15 – die H135 gehört dem Universitätsspital Genf und wird von und mit deren Personal betrieben – auf eigenem Landeplatz am Hangar 1 stationiert. Privat-Flächenflieger nutzen mittlerweile ebenfalls die 04/22, da die einstige für sie reservierte Grasbahn 04L/22R mit 823 mal 25 Metern geschlossen und zurückgebaut wurde.

Nur rund 1.500 Meter nordwestlich befindet sich in 100 Metern Tiefe der 27 Kilometer lange, kreisrunde Tunnel des Large Hadron Colliders (LHC) des Forschungsinstituts Conseil européen pour la recherche nucléaire (CERN) https://home.cern, der Europäischen Organisation für Kernforschung mit Sitz in Meyrin bei Genf.

Simulation

Seit Mai 2024 arbeiteten die beiden Designer Thomas LoGerfo und Marcus Nyberg am ersten gemeinsamen Airport. Herausgekommen ist eine Szenerie, die sich nahtlos in ihre Umgebung einpasst, insgesamt sehr gut texturiert und beleuchtet wurde und baulich auf aktuellen Stand ist.

Los geht es im wegen des Genfer Sees immer spektakulären (ILS-)Anflug auf die 22, die über die HIALS-II-Anflugbefeuerung und dem als 3D-Modell vorhandenen Doppler-VOR/DME GENEVA 115,75 MHz sowie der zahlreichen Silberspiegel über die tiefer liegende, querende Straße. Sie sollen die Bodenannäherungs-Radarsysteme anfliegender Flugzeug von unnötigen Warnungen abhalten.

Auf dem Boden fallen unmittelbar die herrlich gebraucht-schmutzige Texturierung der Roll- und Standflächen auf sowie die komplette Beschilderung nebst Bodenmarkierungen. Die ebenfalls plausibel texturierte und beleuchtete Bebauung zeigt alles tatsächlich aktuell anwesende mitsamt der direkt im Osten anliegenden Messe “Palexpo” www.palexpo.ch und der “Arena Genève” www.geneva-arena.ch.

Zwischen manchen Gebäuden sind Ungenauigkeiten beispielsweise im Höhenmodell auffällig – allerdings können und werden virtuelle Piloten hier in der Regel nicht hinschauen.

An Animationen wurde nicht gespart: An der Schwelle der 22 fährt die leider etwas kantig geratene Trambahn 18 der Transports publics genevois (tpg) www.tpg.ch in Richtung CERN und Innenstadt vorbei und überall auf dem Platz “wuseln” diverse Fahrzeuge mit sich ruckelfrei drehenden Rundumlichtern oder LED-Blitzern umher.

Das Terminal 1 und die drei Satelliten wurden innen ansehnlich ausgestattet und mit statischen Passagieren versehen. Ein “Rundgang” mit der Drohnenkamera lohnt sich…

Nicht nur am Tag, sondern auch bei Nacht, Regen oder Schnee sieht der Airport realistisch aus. Das mangelhafte Schneeräumen in der Fläche bleibt ein Problem, welches die Designer nicht zu verantworten haben. Hier dürfen wir auf den MSFS 2024 hoffen und gespannt sein. Rollführungslinien und -lichter sind bei allen Witterungen und Tageszeiten gut zu erkennen.

Performance

In Sachen Leistungsfähigkeit konnten im Test keine Probleme erkannt werden. Der Platz zeigte sich mit der Freeware-A320 von flybywire und der Payware-737-800 von PMDG sowie AI-Traffic von FSLTL immer mit höhreren zweistelligen Bildraten.

Was gut ist:

…siehe oben…

Was nicht so gut ist:

  • …ist der nur grob aufgelöste und dunkle Boden außerhalb der Roll- und Standflächen. Der Grund liegt laut den Designern in einem bekannten Bug des MSFS: Der lässt an einigen Airports keine handgefertige, angepasste Ground Config Layout-Dateien (CGL) zu. Genf gehört dazu. Der gesamte Flughafen wird bei “Zuwiderhandlung” extrem unscharf und die Grenzen der Szenerie werden deutlich sichtbar “zackig”. Also mussten sie sich mit einer alternativen Methode zur Darstellung des Bodens behelfen – mit bekanntem Ausgang.
  • …das der North Apron völlig verlassen ist. In einem kommenden Update werden hier statische Flugzeuge und Hubschrauber zu sehen sein.
  • …ist, das die 04 mit einer HIALS-II (CALVERT HIGH) mit roter Seitenbefeuerung ausgestattet wurde anstelle mit einer HIALS-I (CAVLERT) ohne roter Seitenbefeuerung, die die Kartenhersteller Jeppesen und Lufthansa zeigen. Allerdings sind auf Satellitenbildern von Bing Maps und Google Earth Einbauten für die Seitenbefeuerung im Beton der verlängerten 04 vom Taxiway GOLF bis zu deren Threshold zu sehen. Möglich, dass sie später als Teil einer zweiten CALVERT HIGH in Dienst genommen werden. Die Designer werden sich erkundigen und wenn nötig die Anflugbefeuerung wechseln.
Optische (R)Evolution: FS X bis MSFS

Eine Gegenüberstellung der den Airport umgebender Szenerien bietet der Plusartikel zum FS MAGAZIN 6/2012.

unter dem Titel “Was wir wollen: Anforderungen an Add On-Szenerien” mit dem FS X mit Standardszenerie, FS X mit OpenVFR , FS X mit Switzerland Professional X sowie FS X mit Ultimate Terrain X. Bis heute kann der FS X-Nachfolger Prepar3D (P3D) optisch mit seinem Vorgänger (fast) gleichgesetzt werden.

Die Screenshots wurden zur Verdeutlichung der optischen (R)Evolution um die Aussicht mit dem MSFS mit der Airport-Szenerie von JetStream Designs und Marcus Nyberg erweitert – siehe unten. Was am Besten aussieht, mag jeder für sich entscheiden…

Vergleiche

Unter dem Strich ist die Arbeit von JetStream Designs und Marcus Nyberg als die erheblich detaillierte Umsetzung vor der von RedWing einzuordnen und sehr weit vor der von RDPresets, die insgesamt schlampig gemacht keine Rede wert ist. Siehe hier.

Lars Pinkenburg von Contrail hat sich die Mühe gemacht, Vergleichsbilder der drei Szenerien anzufertigen:

Ergänzungen

Thalixte und Mark Taylor haben bei flightsim.to Stadtmöblierungen von Genf als Freeware eingestellt. Die Variante von Thalixte grenzt sich farblich sehr deutlich von der übrigen Szenerie ab. Von daher wird die Umsetzung von Mark Taylor empfohlen.

Fazit

Diesmal bekommt die dritte Umsetzung eines Airports keine negative Kritik zu hören, weil sie sinnvoll und richtig ist: Das neueste Angebot ist klar besser und erheblicher detaillierter ausgefallen als die Produkte der Mitbewerber.

Für Freunde des virtuellen Flugverkehrs in Europa und der Schweiz ist die Arbeit von JetStream Design mit Marcus Nyberg ein “Zwangskauf”, dem sie sich nicht werden entziehen können: Die Szenerie erhält die Goldmedaille!

Verfügbarkeit

SIMMARKET
https://secure.simmarket.com/jetstream-designs-geneva-lsgg-msfs.phtml

Informationen

https://de.wikipedia.org/wiki/Flughafen_Genf
https://en.wikipedia.org/wiki/Geneva_Airport

Flugnavigationskarten

Freeware
https://www.vacc.ch/de/flugh%C3%A4fen_und_charts/LSGG
https://www.ead.eurocontrol.int/cms-eadbasic/opencms/en/login/ead-basic

3 Kommentare
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Stefan B.
Stefan B.
2 Monate zuvor

Hallo Bert! Schön, von Dir hier zu lesen 😁. Herzliche Grüße von See.

Bert Groner
Beantworten  Stefan B.
2 Monate zuvor

Grüße zurück, Seemann – Dir immer ein paar Faden Wasser unter dem Kiel!

Pascal
Editor
2 Monate zuvor

Danke an Bert für diesen Einblick in die Szenerie!