Endlich wieder mal eine Rezension. Leider haben wir im gesamten Team das Problem, dass die Verpflichtungen im realen Leben viel Zeit einnehmen und somit wenig Zeit für Hobby und auch Rezensionen Schreiben bleibt. Umso mehr freut es mich, dass wir endlich mal wieder eine recht zeitnahe Rezension eines lange erwarteten Produktes anbieten können; Oskar Wagner und Ingo Voigt haben sich die neue Concorde von Flight Sim Labs angeschaut. Weiter geht es unter
Review: Flight Sim Labs Concorde X
Concorde – Eintracht… Die ungewöhnliche Geschichte dieses ungewöhnlichen Flugzeuges hat wohl sehr stark mit der Eintracht Frankreich und Englands – wenigstens in Sachen Luftfahrtentwicklung – der zwei in den 60iger Jahren stärksten europäischen Nationen in Bezug auf den Flugzeugbau – zu tun. Ja die Eintracht ging soweit, dass sogar die Engländer beschlossen, die französische Schreibweise beizubehalten, obwohl das englische „Concord“ dieselbe Bedeutung hat. Im Gegensatz zu ihrer russischen Konkurrenz TU-144 wurde die Concorde über einen längeren Zeitraum im Überschall- Linienverkehr eingesetzt.
Die Concorde ist – wie schon oben angetönt – in jeder Beziehung ungewöhnlich. Angefangen bei den Abmessungen mit einer ähnlichen Spannweite wie eine Fokker 100, jedoch mit einem noch 40 cm kleineren Rumpfdurchmesser; den Nachbrennern – von den Engländern liebevoll Re-Heater genannt – die für ein Passagierflugzeug ungewöhnlich waren;
mit einem Treibstoffverbrauch von ca. 800 l Kerosin pro Passagier für eine Atlantiküberquerung bis hin zur Tatsache, dass die Reichweite mit Unterschall-Geschwindigkeit nie über den Atlantik gereicht hätte, weil die auf Überschallbetrieb ausgelegten Triebwerke im „Langsamflug“ einen viel zu schlechten Wirkungsgrad hatten.
Fliegerisch war die Concorde alles andere als einfach zu handhaben und es bedurfte schon einer ausgeklügelten Fly-by-wire Technik mit Articifial Load Feeling, um diese Maschine auch im Überschallbereich sicher zu steuern und das zu einer Zeit, wo der Begriff „fly-by-wire“ noch gar nicht erfunden war … . Die relativ hohen Start- und Landegeschwindigkeiten sowie ein Pitch-Angle von ca. 10-12° im Shortfinal machten auch das manuelle Fliegen zu einer anspruchsvollen Angelegenheit. Ein Langstrecken-Überschallflug erforderte ein genau einzuhaltendes Vertikalprofil, da sonst der Treibstoffverbrauch sehr schnell in die Höhe ging. Typisch für die Concorde waren die festen Atlantik-Tracks im Höhenblock von FL450-600. Nur so konnte das optimale Mach 2 Profil eingehalten werden, das im Prinzip aus „Soft-Mach Hold“ zwischen Mach 2.00 und 2.03 und maximaler Cruise-Power bestand. Die Flughöhe war dann einfach die resultierende Grösse aus Umgebungstemperatur und Flugzeuggewicht. In der Regel bedeutete dies einen Cruise Climb angefangen bei ca. FL490 und beendet irgendwo zwischen FL 530 und 580.
Wie gesagt, alles ein bisschen sehr ungewöhnlich. Was bleibt mir da übrig, als auch diese Rezension ein bisschen ungewöhnlicher als sonst zu gestalten. Trotzdem soll die Systematik nicht zu kurz kommen und so beginnen wir mit der
Installation
Vor die Installation haben die Götter den Kauf gesetzt und siehe da – auch hier etwas Ungewöhnliches ! Zum genannten Preis von 49,95€ erscheinen noch weitere 3,50€ Downloadgebühren auf der Rechnung. Öfter mal was Neues … Dafür erhält man satte 305 MB Installationsfile, die erst mal auf die Festplatte gebracht werden müssen. Was mich dabei etwas gestört hat, ist die „zwangsweise“ Installation eines DX9 Updates sowie logischerweise ein Reboot des Systems. Nun gut, das System sollte dadurch nicht zerschossen werden und auch eine allfällig vorhandene DX10 Installation dürfte unangetastet bleiben. FSLabs will wohl sicherstellen, dass eine aktuelle DX9 Version auf dem Rechner ist, um gewisse Inkompatibilitäten von vornherein auszuschliessen. Ich hab’s einfach nicht gerne, wenn mir ein Installer irgendwelche Windows-Systemdateien installiert. Aber das ist wohl individuell zu gewichten. Zur Installation gehört auch noch der Download der wunderschön gemachten Freeware CIVA Carousel-INS von Simufly. Diese Bijous sind nahtlos in das Concorde-Cockpit integriert und gehören zur Standard-Ausrüstung. Eigentlich eher selten, dass sich ein derart hochstehendes Payware-Produkt noch auf eine Freeware abstützt. Im GUI findet man dann anschliessend 5 verschiedene Liveries und für jede Livery je ein Captains- und ein Copi-Modell. Die Unterscheidung findet allerdings nur im 2D-Cockpit statt. Im VC poppt naturgemäss immer zuerst die Default-Sicht auf, und die ist auf der Captains-Seite.
Der erste Start bescherte mir dann einen „Hänger“ im GUI, weil die Aircraft Resources DLL partout nicht laden wollte. Nun ja, also dann Ctr-Alt-Del und den FS per Task-Manager abgeschossen. Sicherheitshalber ein erneuter Reboot und siehe da – zur Freude aller Beteiligten wurde mir diesmal ein voll funktionierendes VC beschert. Also mal kurz eine passende Trainingskonfiguration erstellt und los ging’s auf die erste Platzrunde und – Rummms, in der Startkurve ein wunderschöner BSOD. Das war’s dann zum Glück aber und von da an hatte ich NIE WIEDER einen Absturz oder irgendwelche Hänger zu beklagen. Ein kurzer Blick in das FSLabs Forum bestätigte mir, dass ich nicht der Einzige mit solchen ungewöhnlichen Startschwierigkeiten war.
Diese Startschwierigkeiten kann ich (Ingo) ebenfalls bestätigen, ebenso aber auch das ab dann problemlose Laden der Concorde.
Die Handbücher
Hier wird eine ganze Bibliothek angeboten. Nicht weniger als 18 PDF-Dateien für Systembeschreibungen, Checklists und Operation werden installiert – genau genommen eigentlich ein Flight Manual mit 18 Kapitel. Nur: das Wichtigste fehlt !
Kein Tutorial und keine Performance Charts !
Ich habe meinen Augen nicht getraut, aber es ist tatsächlich so. Laut Hinweis im Forum ist man mit dem Schreiben eines Tutorials beschäftigt. Trotzdem muss ich hier einen groben Abstrich machen. Zu einem derart komplexen Flugzeug gehört sowas einfach. Da führt keine Ausrede dran vorbei. Zum Glück gibts aber noch die SST Concorde für den FS9 (aus mehr oder weniger derselben AddOn Schmiede). In verdankenswerter Weise hat sich Simmer bei mir gemeldet und hat mir eine Kopie dieser Unterlagen zur Verfügung gestellt, da ich zu FS9-Zeiten auf die Concorde verzichtet hatte.
An dieser Stelle muss man auch nachtragen, dass mit Erscheinen des Service Packs ein Seiten-starkes Tutorial mitgeliefert wurde. Man kommt mit der Hilfe gut in die Luft, aber irgendwie hätte ich es mir ausführlicher gewünscht. Soll heißen, dass Erklärungen warum man jetzt genau diesen Schritt macht gerade bei der Concorde sehr hilfreich gewesen. Durch den Überschallflug sind viele Systeme und vor allem auch Prozeduren stark verschieden zu den gewohnten Abläufen mit 737, 757, A320 und Co. Bitte nicht falsch verstehen – es wird vom Tutorial alles Notwendige abgedeckt, aber mir persönlich fehlen hier einfach tiefer gehende Erklärungen. Dafür sind mir persönlich manche Ausführungen bzgl. Zwischenstände speichern zu ausführlich.
Es stellt sich bei einem derart komplexen Flugzeug natürlich die Frage, wie weit man mit dem Studium der verschiedenen Systeme gehen soll. Es ist wohl unumgänglich, wenigstens das „Flight Manual“ einigermassen seriös durchzuarbeiten. Dann erfährt man auch, was man bei der Installation alles hätte machen müssen…. Sarkasmus beiseite; da die Concorde wie gesagt ziemlich komplex ist, sollte man sich schon wenigstens einen Überblick über alle Panels beschaffen.
Das 2D Cockpit
Tja, hier gibts viel zu tun. Jede Menge Panels zum Einblenden – die übliche Kombination von SHIFT-1 bis 0 reicht bei weitem nicht aus. Zusätzlich gibt’s noch CTRL-SHIFT 1 bis 9 und auch das reicht nicht. Auf einem einblendbaren Mini-Panel können noch ein paar weitere Sub-Panels aufgerufen werden. Gottseidank gibts aber den VFE – den Virtuellen Flight Engineer – der sich um das Meiste kümmert. So beschränkt sich die „Pilotenarbeit“ auf ein paar wenige Panels, die man sich einfach merken sollte. Ausser man verwendet ein Multi-Monitor-Evironment – dann hat man ein bisschen mehr Platz für Panels.
Ganz originell finde ich die „Sichtverbesserung“ bei abgesenkter Nase. Da das relativ umfangreiche Cockpit-Panel die Flugsicht nicht gerade begünstigt, wird diese künstlich verbessert. Je nach Absenkungsgrad der Nase wird der Horizont einfach angehoben!
Dies führt dazu, dass im Landeanflug trotz ca.11° Nose-Up die Piste gut in Sicht kommt. Ohne diesen Gag würde die Piste im 2D-Cockpit immer hinter dem Glareshield versteckt bleiben – und notfalls erinnert es einen eben, die Nase für die Landung ganz abzusenken… . Alle Panels sind in sauberer photorealistischer Art mit den entsprechenden „Alterserscheinungen“ gemacht. Allerdings wurde wohl aus Performance-Gründen eine relativ grobe Auflösung gewählt. Dies zeigt sich vor allem beim Annunciator-Panel, wo die Schrift eigentlich schon fast unzumutbar grob ist. Dafür gibt es wohl fast keinen Schalter, der nicht funktioniert! Aber zum Glück ist eine Rezension kein Tutorial. So kann ich mich darauf beschränken, den Überblick nicht zu verlieren. Spass beiseite: das einzige, was im 2D-Panel nicht so richtig herüberkommt, ist die Enge des – notabene – 3Mann Cockpits. Diese ist dann schon eher spürbar im
Virtual Cockpit
Das erste, was mir hier beim „Durchblättern“ der verschiedenen Cockpit-Sichten aufgefallen ist, ist das Fehlen einer Flight Engineer Position! Die Frage war: Hat man diese vergessen oder einfach nicht für nötig empfunden, weil man ja in der Regel mit dem VFE fliegt? Des Rätsels Lösung ist viel profaner. Das FE Panel im VC ist (noch) nicht funktionsfähig. Klickt man in eines der Panel, so erscheint einfach das entsprechende 2D Panel. Die Qualität des VC ist ansonsten genügend bis gut.
Nicht gerade der Knaller, aber solide gemacht – die Framerates lassen danken. Den Vergleich mit der SST-Concorde kann ich leider nicht nachvollziehen. Aufgrund der SST-Dokumentation muss ich aber annehmen, dass die FSX-Variante ziemlich überarbeitet wurde. Das Steuerhorn mit dem ungewöhnlichen „Easyrider-Lenker“ lässt sich zur Sichtverbesserung absenken – ebenso der Sitz um die Sicht auf seitliche Panels freizugeben.
Das etwas spezielle Steuerhorn ist übrigens nicht durch eine Laune eines Ingenieurs entstanden sondern ganz einfach aus Platznot. Das Design scheint aber derart eingeschlagen zu haben, dass es heute noch von Embraer verwendet wird – nicht unbedingt zur Freude aller Piloten, aber dies sei nur am Rande vermerkt. Wie schon eingangs erwähnt, lassen sich die engen – fast beklemmenden – Platzverhältnisse im VC gut erahnen. Auch das Ausfahren der Schutzscheibe wirkt sehr authentisch und trägt zum „Käfiggefühl“ ebenfalls noch bei. Zum Glück waren die Langstreckenflüge aber nach dreieinhalb Stunden zu Ende. Für mehr reichte der Sprit eh nicht!
Die Clickspots sind, soweit ich gesehen habe, alle vorhanden. Allerdings sind im VC nicht alle Spots wirklich gut zu bedienen. Vor allem bei den Drehknöpfen ist es nicht immer leicht, die Drehbewegung zu erreichen. Auch sind nicht alle Funktionen identisch mit den 2D-Panels. So bleibt der Tipp-Schalter für das Pitch-Datum im VC in der gewählten Stellung stehen, während er im 2D-Panel federbelastet in die Neutralstellung zurückkehrt. Ich gehe mal davon aus, dass das Teil federbelastet ist und somit im VC nicht richtig simuliert ist. Auch das Trimmrad weigert sich partout, auch nur einen Millimeter von seiner Position abzuweichen. Dies scheint ein (erkannter) Fehler zu sein. Gerade während der Fertigstellung dieser Rezension ist im FSLabs-Forum der Hinweis publiziert worden, dass ein Service Pack in Vorbereitung sei. Was allerdings darin alles einbezogen wird, ist zum Zeitpunkt dieses Reviews noch nicht abschliessend publiziert. Ein Tutorial sowie ein Performance-Calculator sollen allerdings dabei sein. Das dürfte dann das Gesamtbild noch weiter abrunden.
Alles in allem sind die beiden Cockpit-Arten solide, aber nicht übermässig hochstehend gemacht. Die Frames sind naturgemäss beim VC etwas schlechter als beim 2D Panel, aber durchaus im vertretbaren Rahmen. Auch hier stellt sich halt immer wieder das philosophische Problem des Abwägens von hoch detailliertem VC gegenüber vertretbaren Framerate-Einbrüchen. Meiner Ansicht nach ist es gut gelöst.
Das Außenmodell (Ingo)
Mir gefällt das Außenmodell der Concorde sehr gut. Die Proportionen stimmen und sie ist auf den ersten Blick als Concorde erkennbar und hält auch einem genaueren zweiten Blick stand. Bemängeln könnte man die geringe Anzahl an Liveries, aber die liegen irgendwie auch in der Natur der Sache.
Die Modellierung ist m.E. Sehr gut gelungen, da man einige Details umgesetzt hat, aber nicht jeden Nietkopf modelliert hat. Auch in der Kabine passt das Bild. Sie ist nett anzuschauen, keine Augenweide, tut aber ihren Dienst.
Die Texturen sind ordentlich gearbeitet, Reflektionen sind schön eingearbeitet und die Maschine glänzt nicht wie mit der Speckschwarte poliert. Hier und da wurden ein paar Dreckspuren angedeutet (sind einfach normal an diversen Wartungsklappen, Tankdeckeln, etc pp.), aber weder zu übertrieben (die Concorde ist ein Vorzeige-Flieger und sicherlich entsprechend gepflegt) noch zu dezent.
Es wurden auch einige nette Effekte eingebaut wie die Nachbrenner (ein Muss), aber auch das Kondensieren der Luft beim Abheben der Concorde an der Flügelvorderkante (diese schönen Wolken, die man auch manchmal bei landenden 747 oder MD11 an den Landeklappen sieht). Auch hier finde ich die Mischung aus Andeuten und nicht Übertreiben gut getroffen.
Der Sound (Ingo)
Mir persönlich gefällt auch die Soundkulisse. In Anbetracht der Distanz zwischen Triebwerken und Cockpit finde ich die Lautstärke im Cockpit angemessen. Die Schalter haben ihre „Klick“-Sounds, akustische Warnungen ertönen auch und die Qualität der Sounds ist auch gut. Die Sounds passen einfach ins gute Gesamtbild, das die Concorde hinterläßt.
Wenn es klemmt – wo Hilfe holen? (Ingo)
Die Handbücher hat Oski ja bereits beschrieben. Das Tutorial wurde inzwischen auch nachgereicht und wurde ja auch schon im Kapitel über die Handbücher angesprochen. Was noch bleibt ist das Forum von FS Labs, das einen gut gepflegten Eindruck macht und wo auch viel Hilfe angeboten wird. Wer sich also ernsthaft in die Concorde einarbeiten will und einen normalen Umgangston an den Tag legt (auf so Dinge scheint man heutezutage hinweisen zu müssen), der bekommt auch recht flott Hilfe. Erwähnenswert ist, dass manche Beta-Tester angeboten haben, auch über Skype auszuhelfen – vorbildlich!
Die Systeme
Wir alle kennen wohl einige ältere Flugzeuge, deren Cockpit man gut und gerne als „Uhrenladen“ bezeichnen kann. Aber die meisten sind ein Klacks gegenüber der Concorde. Das geht schon eher in Richtung „Uhrengrosshandel“. Trotzdem – hat man sich einmal ein bisschen durch die Panels durchgearbeitet, so erkennt man sehr schnell, wo die wichtigen Dinge zu finden sind. Das interessanteste System ist wohl das Fuel-System mit seinen 13 Tanks.
Diese sind aus zwei verschiedenen Gründen notwendig: zum Ersten verlangen die Konstruktion des Flügels sowie gewisse Redundanzforderungen die Aufteilung des Treibstoffs auf verschiedene Tanks. Zum zweiten aber, und das ist noch viel wichtiger, wird der Fuel zur Schwerpunkt-Trimmung verwendet. Jedes Flügelprofil erfährt eine Wanderung des Auftriebsmittelunktes nach hinten beim Übergang in den Überschallbereich (der sogenannte Tuck-Under, der auch schon bei der Annäherung an eine hohe Machzahl auftritt). Beim Deltaflügel der Concorde beträgt die Verschiebung satte 2 Meter, sodass hier dringend ein Gegenmittel gefunden werden musste. Um zu verhindern, dass die Elevons diese Schwerpunktverschiebung ausgleichen müssen, was mit erheblichem Strömungswiderstand verbunden wäre, verschiebt man einfach den Schwerpunkt um ebendiesen Betrag nach hinten. Wer Lust und Laune hat, kann dieses anhand der System-Beschreibung manuell steuern. Damit steigt der Flugspass ins Unermessliche. Aber ehrlicherweise muss ich sagen, dass der VFE dies eigentlich recht gut macht. Der ist ja auch an Bord um zu arbeiten. Es ist allemal interessant, auf den beiden Fuelpanels zu beobachten, wie der Treibstoff verteilt und umgepumpt wird. Einzig bei tiefem Treibstoffstand scheint der Mann ein bisschen Stresssymptome zu zeigen. So hatte er es beide Male, als ich etwas knapp an Fuel war, nicht fertiggebracht, den Fuel in die Tanks 1-4 richtig zurückzupumpen. Bei 10 t remaining Fuel ging der erste Treiber aus, als Tank 1 leerlief !! Da gibts wohl keine andere Lösung, als die Geschichte selbst in die Hand zu nehmen …
Es wäre müssig, nun jedes einzelne System zu besprechen. Ich kann aber mit gutem Gewissen sagen, dass die Leute von FSLabs hier gute Arbeit geleistet haben. Alle Systeme funktionieren, soweit ich dies nach etwa 20 Flügen (darunter 6 Atlantiküberquerungen) beurteilen kann, praktisch fehlerlos – und es sind nicht wenige! Ein einziger Fehler ist mir beim Abstellen der Triebwerke aufgefallen. Obwohl ich die Ground Power „bestellt“ hatte, wurde dies nicht durch die entspechende Kontrolleuchte am Electric Panel angezeigt. Aktiv wurde sie erst, nachdem ich alle vier Triebwerke abgestellt hatte und schon sämtliche Warnungen für die fehlende Stromversorgung aktiviert waren. Etwas unschön aber eben – was Kleines darf ja dabei sein.
Die Flight Guidance
Dies ist eigentlich das Herzstück der Concorde. Der Titel „Autopilot“ würde dieses Kapitel nur unzureichend beschreiben. Die ganze Flight Guidance inklusive Autothrottle ist sehr Concorde-spezifisch und enthält Elemente, die bei andern Flugzeuge nicht zu finden sind, da sie speziell zum Abfliegen des Überschall-Profils bestimmt sind.
Leider ist eben gerade dieses Profil ungenügend beschrieben, sodass zusätzliche Informationen beschafft werden müssen. Aber eins lässt sich ganz klar sagen: auch hier haben die Leute von FSLabs ganze Arbeit geleistet. Die ziemlich komplexe Steuerung ist hervorragend gelungen und tut genau das, was man von ihr erwartet. Das einzige Problem ist, was ich eingangs schon erwähnt habe: wenn man nicht weiss, wie man das bedienen muss, hat man keine Chance, ein vernünftiges Climb-Profil zu erreichen. Dann geht einem halt schlicht der Sprit aus, bevor man das rettende Ufer erreicht hat … Eine kleine Unschönheit hat sich bemerkbar gemacht, die erstaunlicherweise auch im Forum erst einmal angesprochen wurde. Im HDG TRK Mode pendelt die Concorde manchmal um die Längsachse. Ich war zuerst versucht, dies als simuliertes Dutch-Rolling zu erklären. Allerdings hätte es dann auch in anderen Modis – sicher auch im manuellen Flug – und vor allem bei einer bestimmten Machzahl auftreten müssen. So scheint es einfach ein Regelungsproblem des Autopiloten – sehr wahrscheinlich sogar noch gewichts- oder trimabhängig – zu sein. Da man in der Regel aber ohnehin im INS Mode fliegt, ist diesem Fehler nicht allzuviel Bedeutung beizumessen. Als Goodie sind auch viele der Original-Flugpläne in einem Ordner abgelegt, mir deren Hilfe man die Original-Strecken befliegen kann.
Die ganze Flight Guidance mit all ihren Zusammenhängen ist aber auch ein sehr weites Feld für Fehlverhalten seitens des Flugzeuges – manchmal hervorgerufen durch Fehlmanipulationen des Betreibers – manchmal durch Inkompatibilität mit anderen Computer-Komponenten. Es ist in dieser Beziehung sehr interessant, das Forum nach solchen Beiträgen zu durchforsten. Auch die CIVA-INS gehören natürlich in die Sammelkategorie Flight Guidance.
Es würde den Rahmen dieser Rezension aber sprengen, auch noch alle Goodies dieses wirklich sehr gut gemachten AddOns-im-AddOn zu besprechen. Nur soviel sei gesagt: Auch der Realismus der damaligen INS-Fliegerei wird hier nachvollzogen. Die INS-Plattformen sind zwar langzeit stabil, aber sie unterliegen einer Drift, da sie verschiedenen Störgrössen unterliegen – die grösste davon natürlich die Erdrotation selbst. Bei modernen IRS-Systemen ist die Nachführung der aktuellen Position über DME-DME oder GPS kein Thema mehr. Das wird in der Regel vom FMC selbständig erledigt. Um die Navigation auch mit INS in möglichst engen Toleranzen zu halten, mussten die Plattformen regelmässig aufdatiert werden – wenn immer möglich durch zwei DME in einer geometrisch günstigen Position. Selbst das kann der geneigte Simmer mit den CIVA-INS durchspielen. Es ist alles eine Frage der Geduld oder des Lesens von Handbüchern – oder von beidem. Für Online-Piloten, die mit der Concorde natürlich auch mit Mach 2 über das Festland brettern, gibt es auch Utilities, um Flugpläne ins CIVA-Format zu konvertieren. Für mich ganz klar ausserhalb von state-of-the-art und deshalb auch kein Rezensions-Thema.
Das Flugverhalten
Und wieder komme zu dem einen Punkt, an dem ich eher aus dem Bauch heraus als auf Fakten basierend beurteilen muss. Zum Glück hatte ich aber vor etwa 25 Jahren das Vergnügen, durch reinen Zufall an Bord einer Concorde einen Subsonic-Ferryflug von Italien nach England zu geniessen – die Schuhindustrie aus Manchester hatte sich den Luxus geleistet, aus Manchester nach Bologna an die grosse Schuhmesse mit der Concorde zu reisen – das waren noch Zeiten ! Im Gespräch mit den damaligen Piloten und auch rein vom Passagiergefühl wurde mir der Eindruck vermittelt, dass die Concorde um die Längsachse sehr agil ist.
Dies ist nicht weiter verwunderlich, da sie über Elevons (eine Kombination von Elevator und Ailerons) über die ganze Flügelbreite verfügt. Im Pitch dagegen ist sie eher träge, was ebenfalls typisch für ein langgestrecktes Deltaprofil ist. Ich denke mal, dass diese zwei Haupteigenschaften recht gut dargestellt werden. Die Concorde ist eh nicht unbedingt das Flugzeug, das lange manuell geflogen wird – ausser wenn gerade mal Platzrunden für das Landetraining angesagt sind.
Die Utilities
Externe Utilities gibts keine, dafür aber eine ganze Reihe von im FSX-Menu integrierten Funktionen.
Als erstes muss die Konfigurationsseite genannt werden, wo sich eine ganze Reihe von Grundkonfigurationen einstellen lassen; so.z.B. Wide-Screen für die 2D Darstellung und den „Tätigkeitsbereich“ des VFE, um die Wichtigsten zu nennen. Natürlich gehört auch ein Fuel- und Load-Konfigurator mit ein paar vordefinierten Fuel- und Passagierladungen dazu. Ebenso können Ground Utilities wie zum Beispiel Ground Power und Pressluft für den Triebwerkstart – die Concorde besitzt keine APU ! – aufgerufen werden oder defekte Systeme können repariert werden. Dazu kommt – viele Grüsse von Lefteris Kalamaras – das aus der PMDG B737, 747 etc. wohlbekannte Failure Setup Menu, mit dem man sich beliebige Schikanen für die Flüge einbauen kann sowie ein ebenfalls bekannter Konfigurator für Tastenbefehle. Schmerzlich vermisse ich an dieser Stelle aber einen Take-Off Performance Calculator, den ich eigentlich für ein AddOn dieser Klasse – und vor allem für ein Flugzeug dieser Komplexität – als unumgänglich betrachte. Glücklicherweise wird dieser jedoch – siehe oben – mit dem Service Pack nachgereicht. Wer sich einmal das Vergnügen gegönnt hat, eine genaue Take-Off Speeds Berechnung anhand der Tabellen aus der SST Concorde zu machen, weiss, wovon ich rede. Na gut, wir sind wieder mal an dem Punkt, wo ich etwas heikler bin als die meisten Simmer. Hebel nach vorn und gelegentlich am Steuerhorn ziehen ist nun mal nicht die beste Methode für die Concorde. Aber – naja, ich weiss ! Es geht ja nichts kaputt und irgendwann fliegt es ja tatsächlich auch …
Und jetzt?
Die Frage richtet sich nach dem an dieser Stelle zu schreibenden Fazit. Technisch gesehen würde ich die FSLabs Concorde X in der höchsten Kategorie der FSX Add-Ons bezüglich Systemtiefe einreihen. Für den ambitionierten Simmer ist sie ein Flugzeug, das einiges an Einarbeitungszeit benötigt, bis er sie richtig fliegen, oder besser gesagt – operieren – kann. Dann aber ist Freude angesagt, weil diese Operation einfach einmalig ist. Für den unbedarften Simmer, der nur rasch von Frankfurt nach Rom oder so fliegen will, ist sie eigentlich nicht geeignet, weil ein ziemlich grosses Frustpotenzial dahinter steckt. Die Chancen sind gross, dauernd etwas falsch zu machen, was irgend eine Warnung hervorruft. Auch die Flight Guidance ist etwas komplexer, als man sich dies gewohnt ist. So sind auch hier viele Fehler möglich, die nur wieder zu unnötiger Hektik führen. Aber auch hier gilt natürlich wie für alle Simulator-Anwendungen: kaputtgehen kann ja nichts. Also immer feste druff !
Deshalb: ein gigantisches AddOn für ein gigantisches Flugzeug, das eine eigene Klasse am Himmel war. Uns (Oski und Ingo) macht sie riesigen Spass.
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Oskar Wagner & Ingo Voigt