Die News zum Airbus von Simcheck zeigt es wieder und auch ein Posting, das ein Leser in unserem Forum und parallel im Forum der Flightxpress hinterlassen hat; irgendwie nehmen die abstrusen Diskussionen in der Szene gefühlt zu. Objektiv vielleicht sogar auch, aber ich werde ganz sicher nicht nachzählen. Das hat bei mir einige gedankliche Steine ins Rollen gebracht, die ich im Folgenden zu “Papier” gebracht habe. Ich freue mich über jeden, der den Artikel liest und viel mehr über jeden, der dann in eine konstruktive Kritik einsteigt … wir werden sehen …
Schwarz auf Weiß – von Berufsjublern und Berufsmeckerern
Die Wochen um Weihnachten waren bei uns auf der Seite geprägt von einigen Diskussionen. Was auf einen ersten Blick nach harmlosen Zankereien aussieht ist aber eine Tendenz in der Flugsimulations-Szene, die sich seit einiger im großen Stil abzeichnet. Dabei gibt es zwei Lager die „schwarzen“ Berufsmeckerer, die immer etwas finden, was verkehrt ist (an einem Addon, an einer Rezension, an einer News, an der Meinung des anderen) und die weißen Berufsjubler bei denen alles toll ist.
Wir vergessen dabei alle mit einander, dass wir alle es sind, die diese Szene prägen. Man kann also weder die eine Gruppe noch die andere Gruppe zur Schlachtbank führen und damit das Problem lösen. Vielleicht fällt dem einen oder anderen Leser bei der bewußt provokanten Formulierung schon auf, dass die (wenn auch vielleicht erfolgreiche) Suche nach dem Schuldigen noch nie ein Problem gelöst hat. Unsere Nachbarn mit dem angenehmen Lebensstil, der nachgesagten großen Affinität zu vergorenem Rebensaft und Weißbrot in Stangenform haben Ende des 18. Jahrhunderts wunderbar vorgemacht, dass das Hinrichten eines Schuldigen nicht grundlegende Probleme löst, sondern nur den Spannungen einen Ausdruck verleiht. Wer sich in Firmen mit Veränderungsprojekten „herumgeplagt“ hat, wird diese Feststellung nachvollziehen können.
So, jetzt habe ich mich als der Autor in eine wunderbar exponierte Stellung gebracht und vermittle, ich hätte das Wissen, wie es besser geht. Um gleich die Luft rauszulassen; ich habe es nicht!
Es gibt aber eine Sache, die ich weiß – wir alle, sei es in der Flusi-Szene, sei es in der „realen“ Gesellschaft prägen ein jeder von uns auf seine Weise eben diese Szene und Gesellschaft. Es gibt die Möglichkeit, dass Demagogen die Meinungsführung übernehmen, wie bereits (leider) in der Geschichte dieses Landes geschehen. Ebenso gibt es in jeder größeren Gruppe von Menschen (und anderen Tieren) einen Einzelnen, der am lautesten schreit und somit am besten gehört wird. Somit wird die Meinung einer Gruppe immer so wahrgenommen, wie die Position, die der größte Schreihals daraus vertritt. „Lustiger“ Weise (eigentlich gar nicht lustig) bewegt sich die Gruppe sogar tatsächlich in die vom Schreihals vertretene Richtung, auch wenn sich alle einig sind, dass sie falsch ist.
In dem Fall heißt es „Arsch hochkriegen“ und sich äußern!
Jetzt kommt der schwierige Part – man sollte sich einerseits überlegen, was man selber will (macht sich immer gut, wenn man sich äußert) und entsprechend differenziert seine Meinung äußern. Differenziert heißt dann, dass Meinungen in der Regel selten „falsch“ oder „richtig“ sind. Verschiedene Meinungen bringt man nur zusammen indem man alle anhört und dann gemeinsam (!) einen Konsensus sucht.
Das bedeutet nicht, dass man nur noch weichgespülten Quark daher reden darf – Meinungen muss man akzeptieren und das auch vermitteln (der wichtige Teil des Ganzen – überlegt, wie viel ein „ich verstehe deine Position“ bewirken kann, bevor man dem Diskussionpartner die Meinung geigt) und dabei muss es auch mal krachen dürfen. Wichtig ist aber, dass alle Beteiligten wissen, dass sie und ihr Standpunkt respektiert werden.
Damit bekomme ich langsam zurück zum Anfang; durch Diskussionen was „richtig“ oder „falsch“ ist, kommen wir nirgends weiter. Eine vehemente und als Fakt vertretene „weiße“ Meinung wird immer eine „schwarze“ Meinung heraufbeschwören. Sprachliche Kleinigkeiten wie „meine Meinung“ oder „ich denke, dass …“ ziehen da mancher hitzigen Diskussion schnell den Zahn. Es geht dabei nicht darum, Diskussionen zu vermeiden (Auseinandersetzung ist wichtig), aber diese besch… Streitereien um „richtig“ oder „falsch“ bringen uns nicht weiter.
Der eine Simmer ist eben mit einem schönen Außenmodell, passablen Flugdynamiken, tollem Soundpaket und oberflächlichen Systemen zufrieden, während der nächste Simmer eben Hardcore-Realismus sucht und dem das Außenmodell in Gänze Wurst ist.
Beide haben ihre Daseinsberechtigung und sollten einander respektieren und den Standpunkt des anderen würdigen und stehen lassen. Viele Menschen haben womöglich nicht das Talent und/oder die Zeit sich in ein komplexes Addon hereinzufuchsen. Sie möchten zu ihrer Entspannung einfach etwas Flugsimulator spielen. Ob das realitätsnah ist spielt dabei keine Violine – was der Kunde möchte zählt eben.
PMDG bspw. Ist mit den Verkaufszahlen der MD11 nicht übermäßig glücklich – komisch, ist es doch wahrscheinlich mit Abstand der realitätsnaheste Flieger auf dem Markt derzeit – müsste doch einschlagen wie eine Bombe?!? Tut es nicht, weil sehr sehr viele Simmer eine solche Komplexität nicht handhaben können und auch nicht die Zeit aufbringen wollen oder können, es zu lernen.
Das ist auch vollkommen ok so!
Was glaubt ihr, warum sich ein Entwickler wie Captainsim so lange gehalten hat? Die Beliefern die vermutlich größte Zielgruppe – die eine gewisse Realitätsnähe suchen (Die Normal Operation kann abgebildet werden), ein schönes Modell mit guter Atmosphäre und eben keine Hardcore-Simulation.
Ein Grabenkampf was denn nun richtig ist, bringt uns also nicht weiter, weil in unserer kleinen Szene immer noch verschiedene Strömungen vorhanden sein werden (von nur tolle Optik bis Hardcore-Realismus). Wenn nun Berufsjubler oder Berufsmeckerer auf den Plan treten ist uns allen nicht geholfen, da man die verschiedenen Verwendungszwecke des Flusis berücksichtigen muss.
Warum hat sich die Frage früher nicht so deutlich gestellt?
Denkt mal zurück an die Mad Dog, wie sie seinerzeit von Lago veröffentlicht wurde. FMC Fehlanzeige, Vereisungssimulation Fehlanzeige, Load Manager Fehlanzeige – die Systemsimulation war noch viel oberflächlicher als sie es heute bei vielen Addons ist. Somit waren Hardcore-Freaks und Freizeit-Piloten zwangsweise noch viel näher zusammen. Die Diskussion über richtig oder falsch konnte also nicht entstehen …
Abschließend sollten wir alle uns fragen, was wir eigentlich haben wollen und uns dann auch entsprechend verhalten. Wer nichts sagt, wer seinen Standpunkt nicht vertritt, der wird auch nicht gehört werden. Wir auf simFlight und im FS Magazin merken das schmerzlich immer wieder am eigenen Leib – Beim Feedback melden sich in der Regel die Meckerer und Nörgler – es ist oft berechtigte Kritik enthalten und wir wissen sehr gut, dass wir uns einer gewissen Kritik stellen müssen, in dem Moment wo wir etwas veröffentlichen. Die Vorwürfe, die da aber fallen (Bestechlichkeit, Befangenheit, von Herstellern infiltriert sein) sind einfach nur noch daneben. Wie soll man sowas jemals entkräften? Es geht nicht!
Es geht um Vertrauensverhältnisse zwischen Autoren und Lesern, die sehr einfach zu zerstören sind. Viel einfacher zu zerstören als aufzubauen.
Könnte es denn nicht sein, dass diese Kommentare von gefrusteten Autoren, weniger freundlich gesinnten anderen Seiten, Mitläufern in Projekten kommen? So einfach dreht sich die Diskussion und man ist an dem Punkt, den ich kritisiere; hier kommt man nicht weiter, weil man zwei Fronten (schwarz und weiß) aufbaut und nicht den Konsens sucht … aber damit fange ich an, mich im Kreis zu drehen.
Schön wären Statements wie „ich finde“, „meine Meinung ist, dass …“ und das möglichst ohne Angriffe, ohne Seitenhiebe, etc pp. Dazu dann Feedback positiv wie negativ und dann noch differenziert formuliert … träumen wird man ja wohl noch dürfen.
Auf ein schönes Jahr 2010!
Ingo Voigt