Eine Weile war es ruhig um die Warbirds aus dem Hause A2A geworden. Die letzten Veröffentlichungen beschäftigten sich doch eher mit zivilen Flugzeugen der jüngeren Vergangenheit. Nun hat die Schmiede um Scott Gentile sich wieder einem historischen Fluggerät gewidmet: Der North American T6 “Texan”. Was die virtuelle Umsetzung zu bieten hat schauen wir uns hier genauer an. Und übrigens: Wer von uns erinnert sich denn noch an Heidi?
Hintergrund
Dieses Flugzeug wurde von 1939 bis 1944 gebaut und versah seinen Dienst in erster Linie als Trainer für angehende Jagdpiloten. Zwar ist sie lange nicht so bekannt und legendär wie andere Typen namentlich Mustang, Thunderbolt und Spitfire. Doch nahezu jeder Pilot, der im zweiten Weltkrieg auf amerikanischer Seite gegen Deutsche und Japaner geflogen ist, hat seine Laufbahn auf der T-6 begonnen. Und damit hat sich die NA T-6 dann doch ihren Platz in den Geschichtsbüchern verdient. Auch wenn man bei diesem Flugzeug direkt an die Vereinigten Staaten als Betreiber denkt, so ist die Maschine auch in zahlreichen anderen Ländern im Einsatz gewesen. Unter der Bezeichnung “Havard” war sie zum Beispiel in den Commonwealth-Ländern bekannt und in Südafrika hatte man sie tatsächlich noch bis 1996 im aktiven Einsatz. Und auch in der deutschten Nachkriegsgeschichte hat sich die Texan verewigt: Im Jahre 1957 wechselten 135 Maschinen des letzten gebauten Typs von Kanada nach Westdeutschland für den symbolischen Preis von einer Mark. Damit war die Texan das erste Schulungsflugzeug der neuen deutschen Luftwaffe. Heute ist sie ein sehr beliebtes Ausstellungs- und Kunstflugzeug das auf wenigen Flugschauen fehlt.
Kauf und Installation
Zu erwerben gibt es die digitale Version dieses Klassikers entweder im A2A-eigenen Shop oder im simMarket. Dabei muss auf die Wahl der richtigen Lizenz geachtet werden. Die hier getestete FSX-Version schlägt mit 52,94 Euro zu Buche. Die teuerste Variante ist die Bundle Version FSX und P3D Professional für die 106,56 Euro über den Ladentisch wandern müssen. Das Bundle FSX und P3D Academic erhält man für 74,96 Euro. Enthalten ist bei allen Versionen neben dem eigentlichen Flugzeug, dass von A2A bekannte ACCU-SIM Expansion Pack. Dieses ist für viele Details und Effekte verantwortlich, die der native FSX oder P3D nicht selbst leisten kann. Die Installation selbst gestaltet sich recht einfach und geht zügig von statten. Neben 2 Konfigurations-Tools wird auch das 128 Seiten starke Handbuch entpackt. Dieses bietet einige Informationen rund um die Geschichte des Flugzeugs sowie seine Bedienung in der Realität. Im Gegensatz zu manch sehr übersichtlich gehaltenen Handbuch lohnt sich hier wirklich das Ausdrucken und Schmökern. Wer sich also eingehender mit der Geschichte und dem Handling seiner neuen Anschaffung beschäftigen möchte, kann dies gerne tun. Man sollte jedoch der englischen Sprache mächtig sein. Eine deutsche Version des Handbuchs wird nicht mitgeliefert.
Außenmodell und Texturen
Am Außenmodell wird deutlich, das A2A an Hand von realen Flugzeugen arbeitet, zu denen sie während der Entwicklung Zugriff haben. Die Texturen sind liebevoll gearbeitet und lassen kaum Details aus. Jede Niete scheint umgesetzt worden zu sein. Auch das Herzstück, das mächtige Triebwerk, lässt tiefe Einblicke auf das Innenleben zu. Insgesamt entsteht bereits von außen ein sehr stimmiger Gesamteindruck.
Das Cockpit
Am Arbeitsplatz des Piloten setzt sich der sehr gute Eindruck vom Außenmodell nahtlos fort. Die scharfen Texturen sorgen dafür, dass auch kleine Beschriftungen lesbar sind. Alle wichtigen Instrumente, Hebel und Schalter sind vorhanden und lassen sich bis auf sehr wenige Ausnahmen auch bedienen. Hier zeigt sich, das A2A Wert darauf legt, dass das Flugzeug nach Handbuch geflogen werden kann. Wohl dosierte Gebrauchsspuren zeugen vom Alter der Maschine und sorgen für das richtige Flair. Der typische metallisch-ölige Geruch dieser alten Flugzeuge möchte einem gleich in die Nase steigen. Erwacht der Motor zum Leben, dann steckt er damit auch gleich das Cockpit an. Kommt der Propeller erst einmal in Schwung, dann vibriert die ganze Maschine, was auch deutlich sichtbar ist solange man am Boden steht. Die Zeiger der Instrumente hüpfen unruhig umher und warten nur darauf das es losgeht. Dadurch entsteht das Gefühl, wirklich in der Maschine zu sitzen und nicht nur vor dem PC. Natürlich passt auch die Soundkulisse perfekt. Wer es kann, darf den Motor nach Gehör einstellen. Da es sich hier um einen Trainer handelt gibt es die Möglichkeit sowohl vom vorderen Platz, als auch vom hinteren Platz aus das Steuer zu übernehmen. Die Sicht von hinten lässt ein völlig anderes Fluggefühl aufkommen und ist auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig. Die Navigation ist in der T-6 in erster Linie Handarbeit. Allerdings bietet A2A über ein externes Tool die Möglichkeit an, Payware-GPS-Geräte zu verbauen. Dazu kommt die Freeware für ein KLN-90B, das hier heruntergeladen werden kann. Auf den Bildern ist genau dieses auch verbaut.
Das Handling
Was für frühere A2A-Umsetzungen Bestand hatte, gilt auch für die T-6. Einfach in das Cockpit hüpfen und losfliegen kann man woanders. Direkt im Simulator lassen sich verschiedene Fenster öffnen, die unterschiedlichen Funktionen dienen. So gibt es z.B. ein Beladungstool mit dem sich bestimmen lässt, wie viel Sprit in den einzelnen Tanks ist und wer wo sitzt. Alte Hasen werden sicher Heidi noch kennen. Sie darf entweder auf dem vorderen oder dem hinteren Sitz platz nehmen. Daneben ist es nicht ganz unwichtig zu wissen, wie es um den Ölstand steht und ob noch genug Hydrauliköl im System ist. Kunstflieger werden sicher häufiger den Tank für das Smoke-System auffüllen müssen. Wer die GA-Flieger von A2A sein eigen nennt wird eventuell den Pre-Flight-Walkaround vermissen. Im Gegensatz zu Cessna, Piper und Co werden Flugzeuge wie die T-6 meist immer von den selben Personen geflogen, die daher den Wartungsstand ihrer Maschine sehr genau kennen. Aus diesem Grund hat man auf das Feature verzichtet. Der Hangar, der verschiedene Einstellmöglichkeiten und Wartungsfunktionen bietet, ist jedoch vorhanden. Es stehen drei verschiedene Hauben zur Verfügung. Daneben gibt es die Möglichkeit unterschiedliche Antennen anzubringen. Wer es schnittiger findet darf auch einen Spinner am Propeller anbringen. Einen Ölwechsel kann man hier genauso vornehmen wie den Austausch der Zündkerzen. Im Control-Fenster findet sich das Tool für den manuellen Tow am Boden. Sehr praktisch um die T-6 nach dem Winter aus dem Hangar zu ziehen. Daneben ist das Fenster auch für den Motorstart unerlässlich. Denn dazu muss der Propeller von Hand durchgedreht werden. Eine Entscheidung die man am Beginn für sich selbst treffen kann ist auch auf diesem Panel zu finden: Es gibt die Möglichkeit das Flugzeug altern zu lassen. Wählt man diese Funktion, wird ein fiktives Alter erzeugt, das sich im Cockpit an der Stundenuhr ablesen lässt. Standardmäßig startet man mit einem neuen Frame und einem neuen Motor. Ein Feature, das von A2A immer wieder betont wird, ist das Altern der Maschine auch wenn der Flugsimulator nicht läuft. So ist es wichtig nach dem Abstellen das Öl-Kit anzubringen, da sonst sich das Öl im unteren Zylinder sammelt. Sonst wartet eventuell vor dem nächsten Flug eine böse Überraschung. Es lassen sich hier auch diverse Gimmicks wie Bremsklötze, Pitot-Heat-Abdeckungen und Bodenseile anbringen. Wer möchte, kann die T-6 auch auf Jacks stellen um das Fahrwerk zu überprüfen. Das dritte wichtige Panel bietet Checklisten für die einzelnen Phasen des Flugs an. Ein hilfreicher Begleiter um die ersten Schritte erfolgreich machen zu können.
Zum Flugverhalten selbst lässt sich meiner Meinung nach nur sehr schwer etwas sagen. Zum Einen fehlt natürlich der Vergleich, zum Anderen hängt das auch oft von der individuellen Einstellung der Steuerung ab. Trotzdem möchte ich meinen Eindruck mitteilen. Schon beim Rollen bin ich positiv überrascht worden. Das typische Schlängeln beim Rollen mit Spornrad-Flugzeugen, um den Rollweg im Blick behalten zu können, gelang mir mit der T-6 auf Anhieb. In der Luft machte das Verhalten des Flugzeugs einen stimmigen Eindruck. Wer die T-6 als Kunstflieger einsetzen möchte, sollte sich auf jeden Fall mit den Grenzen auseinandersetzen. Nicht nur einmal gelang es mir nur mit Mühe die Kontrolle zurück zu erlangen. Im normalen VFR-Flug erreicht man eine angenehme Reisegeschwindigkeit und hat genügend Zeit sich mit der Landschaft zu beschäftigen.
Sound und Performance
Natürlich darf bei einem solchen Klassiker die entsprechende Soundkulisse nicht fehlen. Im Cockpit knarzt und knirscht es, dass es eine reine Freude ist. Beim Check der Steuerflächen hört man die Seilzüge deutlich arbeiten. Jeder Schalter und jeder Hebel wechselt seine Position mit einem passenden Sound. Der Motor verrichtet seine Arbeit gut hörbar und mit stimmigen Brummen. Von außen kenne ich den Sound der T-6 aus eigener Erfahrung und habe sie im Flugsimulator direkt wiedererkannt. Hier wurde sehr gute Arbeit geleistet. Zur Performance braucht es keine lange Rede: Einen negativen Einfluss auf die Leistung habe ich nicht verzeichnen können.
Fazit
Die North American T-6 in der Umsetzung von A2A ist rundherum gelungen. Für gemütliche VFR-Touren mit Stil bietet sie sich ebenso an, wie für eindrucksvolle Flugvorführungen bei virtuellen Flugschauen. Für mal eben angucken und wieder in den Hangar stellen ist sie sicherlich ein wenig zu teuer. Wer aber Interesse an einem realistisch umgesetzten Flugzeug der 30er Jahre hat, der bekommt hier ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis geboten.
Informationen
Pro | Contra |
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Informationen | Testsystem |
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Sehr ausführliche Beschreibung, danke!
Die Preisangaben scheinen nicht ganz korrekt, liegen zu hoch:
https://a2asimulations.com/store/index.php?main_page=product_info&cPath=9&products_id=83&zenid=d1e5f8ab00e53a15fbbd66c8f7f7a236
Trotzdem bleibt das Produkt recht teuer.
Danke für das tolle Review! Entspricht voll und ganz meinen Erfahrungen mit dem Flugzeug.
Solche “Warbirds” interessieren mich i.d.R. nicht so sehr, aber weil A2A immer Spitzenqualität liefern habe die T6 dann doch gekauft. Und es keine Sekunde lang bereut! Die T6 hat zwar nur eine rudimentäre Ausstattung an Instrumenten und ist nicht eben schnell, aber für Erkundungsflüge perfekt geeignet. Es macht einfach enorm viel Spass, das Ding zu fliegen! Und wenn dann im Landeanflug der Motor plötzlich anfängt zu stottern und zu rauchen wird es spannend…
Schade finde ich allerdings dass es keinen Walkaround gibt. Das hätte man m.M.n. ohne grösseren Aufwand integrieren können.
Alles in allem halte ich den Preis für gerechtfertigt. Die Jungs von A2A sind mit ihren Produkten der Konkurrenz so weit voraus, dass sich der Vergleich gar nicht mehr lohnt… Einzige Ausnahme ist die DA20 von Marcel Felde und (hoffentlich bald!) seine PC-6.