In den letzten vier Monaten hat der chinesische Publisher DAZZLE COLOUR GAME Co., Ltd. gleich drei Airport-Addons für den FSX bzw. Prepar3d veröffentlicht, ohne dass wir dies großartig beachtet haben. Zunächst waren die Städte Peking und Dali umgesetzt worden, im Januar 2015 kam dann der Lhasa Gonggar Airport in Tibet hinzu. Letzterer erweckte dann doch das Interesse unseres Rezensenten Frank Schmidt. Warum, erfahrt ihr unter

Der Lhasa Gonggar Airport (ZULS) ist gleich in mehrfacher Hinsicht interessant – zum einen liegt er nahezu auf halber Strecke zwischen Dubai und Hongkong, sodass sich hier auf der Langstrecke eine „Pinkelpause“ anbietet, falls man die ansonsten fällige Flugzeit von acht Stunden nicht am Stück abreiten möchte. Zum anderen befindet sich der Flughafen auf einem Hochplateau im Himalaya in der luftigen Höhe von 3570 Metern und zählt somit zu den höchst gelegenen Airports der Erde. Allein dieser Umstand macht einen Besuch dort interessant. So ist es dann auch nicht verwunderlich, dass der Airport über eine Landebahn mit 4000 Metern Länge verfügt. So können auch „dicke Pötte“ wie eine Boeing 747 oder ähnliches Fluggerät hier operieren.

Zum Lieferumfang der Szenerie gehört neben dem eigentlichen Airport auch die Umsetzung umliegender Gebäude und eine recht umfangreiche Abdeckung der Umgebung mit einer Phototapete. Der Flughafen befindet sich ca. 45 Kilometer südlich von Lhasa in der Nähe des Ortes Gonggar, was schon mal den Namen des Airports erklärt. Früher führte eine kurvige Passstraße mit 100 Kilometern Länge zum Flughafen, die später von einer neu gebauten Verbindung (mit einer langen Tunnelpassage) und nur noch 51 Kilometern Länge ersetzt wurde. Teile dieser neuen Trasse sind auch in der Szenerie gut zu erkennen.

Das sagt der Hersteller

Tja, wenn ich das wüsste… Der Internetauftritt von DAZZLE COLOUR GAME Co., Ltd. ist komplett chinesisch und die wenigen Angaben im Produkttext auf simmarket gehen über die übliche Lobhudeleien wie „hochauflösende Bodentexturen“ oder „exzellente Nachteffekte“ nicht hinaus. Was man sich darunter vorzustellen hat, machen die Screenshots deutlich.

Kauf, Installation und erster Eindruck

Den Lhasa Gonggar Airport gibt es aktuell für knapp 22 Euro im simmarket zu kaufen. Der Download ist stattliche 887 MB groß, installiert genehmigt sich die Szenerie ca. 2,3 GB an Datenspeicher. Dazu gehört ein PDF Manual in chinesischer bzw. englischer Sprache. Ebenfalls enthalten ist eine Chartsammlung mit Boden- und Anflugkarten in – ihr werdet es schon ahnen – chinesischer Ausführung. Wer es lieber mit lateinischen Buchstaben hätte, findet entsprechende Charts unter folgendem Link.

Beim Betrachten der Charts fällt auf, dass der Flughafen nur einseitig über einen ILS-Anflug (RWY 27R) verfügt. Für einen Anflug auf die RWY 09L gibt es lediglich einen Visual Approach, der allerdings recht spektakulär aussieht und einen weiteren Grund darstellt, dieser Szenerie Beachtung zu schenken.

Die Umsetzung im FSX hierlässt einen geteilten Eindruck. Auf der einen Seite gefällt mir die Darstellung der Gebäude, die ausreichend detailliert sind und farblich ansprechend sind. Die Texturen selbst hätten ein paar mehr Details vertragen können. Das Vorfeld ist mit zahlreichen Fahrzeugen und sehr detailliert dargestellten – aber leider nur statischen – Jetways liebevoll in Szene gesetzt worden. Bei näherer Betrachtung fällt jedoch auf, dass die Designer oftmals darauf verzichtet haben, Texturen für die linke und rechte Seite von Fahrzeugen und Flugzeugen zu erstellen, sodass ab und an spiegelverkehrte Beschriftungen zu sehen sind. Dies ist ärgerlich und wäre vermeidbar gewesen.

Das ist mir aufgefallen

Die Bodentexturen auf dem Vorfeld und auf der Piste sind realitätsgetreu mit Abriebspuren und Verschmutzungen versehen. Eine ursprüngliche Parallelpiste dient mittlerweile nur noch als Taxiway, ist aber nach wie vor noch gut als ehemalige Runway zu erkennen. Hier gibt es nicht zu bemängeln.

Die Befeuerung und Beschilderung ist dreidimensional umgesetzt und erfüllt auch bei Nacht ihren Zweck. Ganz im Gegenteil zu den restlichen Nachttexturen, die für meinen Geschmack eher gruselig aussehen und alles andere als exzellent – wie in der Produktbeschreibung betitelt – sind.

Ebenfalls als gruselig würde ich die Vegetation auf dem Gelände bezeichnen. Während man über die Grasbüschel am Wegesrand noch Milde walten lassen könnte, sind die verwendeten Baumtexturen nur schwer zu ertragen. Aber was soll’s, wir wollen schließlich fliegen und nicht gärtnern…

Zum Schluss noch ein paar Worte zur Fototextur. Sie lässt die umliegenden Berge deutlich realistischer erscheinen, als es die Texturen von FTX Global tun. Der Übergang zu letzteren ist deutlich erkennbar, aber nicht wirklich störend. Im Bereich um den Flughafen herum ist die Auflösung aber dann doch zu gering, sodass ich mir hier noch eine Zwischenauflösung gewünscht hätte, um den Gebäuden auf der anderen Seite des Aprons einen würdigeren Untergrund zu bieten. Wer jedoch ausschließlich im Cockpit sitzen bleibt, hat während Start und Landung eine durchaus brauchbare „Unterlage“, die vor allem für den Visual Approach auf die RWY 09L eine hilfreiche Unterstützung bietet.

Das werde ich nicht vergessen

Die extreme Höhe gepaart mit einem Sichtanflug durch die Hochebene des Himalayas – das ist es, was den Reiz dieser Szenerie ausmacht. Wer nach einer neuen Herausforderung für seine virtuelle Pilotenkariere sucht, wird hier fündig!

Fazit

Auch wenn die Umsetzung des Airports nicht ganz frei von Mängeln ist, so ist diese Szenerie dennoch zu empfehlen. Es gibt nicht viele Orte auf der Erde, die solche Extreme vereint und wir können uns generell glücklich schätzen, wenn sich Szeneriedesigner solcher Plätze annehmen und diese für den FSX bzw. Prepar3d umsetzen. Ein paar optische Mängel oder eine fehlende DirectX10-Kompatibilität sollten nicht gleich vom Kauf abschrecken. Stattdessen auf dem Standardflughafen zu landen stellt übrigens keine Alternative dar, denn er ist im FSX gar nicht vorhanden! Ich bin gespannt, was wir zukünftig noch auch diesem Hause erwarten dürfen. Potenzial ist jedenfalls vorhanden.

Frank Schmidt