Der Release des A330 / A340 Pakets von Wilco unter dem Titel Airbus Series Vol. 2 ist bereits einige Zeit her. Unser Rezensent Andreas Guerra hat diese Airbus-Umsetzung genutzt, um sich die Umschulung von der 757/767 auf den großen Airbus etwas zu vereinfachen. Seine Eindrücke, die er dabei gesammelt hat, hat er jetzt nach erfolgreichem Typerating netter Weise für uns zusammengefasst. Wer also diese Eindrücke teilen möchte, ist eingeladen unter “weiterlesen” mehr zu erfahren.
Review: Airbus Vol. 2 von Wilco
Zunächst ein paar generelle Worte
Der erste A340 wurde 1994 in Dienst gestellt. Zunächst gab es den A340 in der 200er Version. Diese stellte sich jedoch als wenig erfolgreich heraus, da sie den hohen Ansprüchen der Kunden nicht gerecht werden konnte. Eine zweite Modell Variante, die 300er Serie, wurde schnell nachgeschoben. Standardmäßig mit CF-2 Engines ausgestattet war sie nicht gerade ein Powerpaket, allerdings bis zu 20% sparsamer als ein Jumbo, bei gleicher Payload. Somit wurde diese Serie gut verkauft. Die 200er jedoch verschwand wieder vom Markt.
2004 dann wurde der erste A340-600 an die Lufthansa ausgeliefert. Mit RR Triebwerken bestückt sowie einer Länge von 80m war dieses Muster eigentlich eine komplette Neuentwicklung. Vollgepackt mit modernster Technik war er bis zum Rollout des A380 das modernste Verkehrsflugzeug der Welt.
Ich möchte zunächst den Grund für diese eigentlich doch „uralte“ Rezension nennen. Wir fanden es interessant eine Meinung eines Airbus Piloten, der das Muster auch fliegt, hier abzudrucken. Außerdem sollten meine ganzen hrs im Sim ja nicht ohne Nutzen für die Community gewesen sein.
Da Vol2 schon so „alt“ ist, will ich die Review auch auf die interessantesten Aspekte beschränken.
Sollte ein Neueinsteiger schnellen Rat suchen kann er den Anfangsabschnitt eines jeden Punktes anlesen und sich im Fazit Informationen verschaffen.
Die Dokumentation
Airbus Vol. 2 kommt in einem wirklich umfangreichen Paket: Enthalten sind der A340-300, 600 der A330 und der Tanker …. Das ist schon einmal eine ganze Menge. Wenn man bedenkt, dass mit dem A330 auch ein ETOPS Flieger abgedeckt wird.
All diese Flugzeuge lassen sich über das mitgelieferte Konfigurations Programm konfigurieren. V.a. ZFW und die Grafik Optionen sind hier zu nennen. Betanken muss man die Flieger leider über den Flusi.
Auch sind in dem Package alle Modelle sowohl für den FSX wie auch für den FS9 verfügbar.
Soviel zum Umfang. Dieser sagt ja bekanntlich noch nichts über die Qualität aus! Vor allem der Konfigurator offenbart Probleme des Programmes: Die Fuel Berechnung ist schlichtweg falsch, und das MZFW des A343 im FSX wurde versehentlich mit dem MDOW verwechselt. So ist das Flugzeug immer 30t zu schwer. Im neuesten Patch ist das zumindest im FS9 behoben worden.
Dieses Problem scheint aber keinem aufgefallen zu sein und mehrmaliges Feedback an Wilco brachte auch keine Besserung. Der Support ist eher dürftig und speist mit Standard Lösungen ab (automatisch?). So stellt man sich das als Kunde nicht vor. Auch ein vernünftiges Forum gibt es nicht, in dem sich die Kunden austauschen können. Insgesamt bin ich vom Support sehr enttäuscht.
Das Außenmodell
Hier will ich gar nicht viele Worte verlieren. Die Außenmodelle sind einfach schön geraten. Sollten sie jemandem nicht gefallen gibt es Airbus Paints en masse. Daher ist dies für mich kein entscheidendes Kriterium.
Das Interieur
Grafisch ist alles im Vergleich zur Vol.1 identisch. Auch hier gibt es ein gut ausehendes 2D Panel sowie ein schönes 3D Panel, welches allerdings einige Bugs offenbart: So gibt es mal wieder Texturfehler im FSX, wenn die Lichtverhältnisse nicht stimmen und optisch etwas seltsam anmutende Overhead Schalter, die wenig plastisch wirken.
Ebenfalls unschön: Das fehlende FO 2D Panel. Wilco hat eben kein Herz für Copiloten ….
Die Systembedienung ist einer der wirklichen Schwachpunkte des Wilco Busses. Hier wurde an allem gespart, was nicht irgendwie notwendig ist. Eigentlich keines der besondern Systeme (Elektrik, Hydraulik, Pneumatik, Fuel oder der ADIRS Part) wurden so umgesetzt, dass man es sinnvoll bedienen kann. Am Overhead Panel können lediglich die Standard Funktionen bedient werden (APU, Fuel Pumps, ect.). Aber schon bei der Hydraulik endet die Bedienbarkeit. Ganz zu schweigen von einem evtl. Feuerlöschsystem.
Auch ECAM Messages, anhand derer man die Fehler abarbeitet, fehlen fast völlig. Näher möchte ich auch gar nicht auf die Details eingehen. Es gibt kein gesondertes Wilco Menü (im FS9 ist es nur ein Menüpunkt), mit dem man Fehler generieren kann (man könnte sie ja auch nicht abarbeiten..).
Immerhin: Die Flight related System Pages sind gut dargestellt (System Seite je nach Flugphase, z.B. Wheel page beim Taxi) und entsprechen auch der reallen Darstellung. Nur eine Cruise Page gibt es leider nicht.
Insgesamt muss man sagen, dass auf der Systemseite einfach viel zu wenig geboten wird. Diese geht nicht sehr weit über die Standard FS-Flugzeuge hinaus. Und das ist einfach zu wenig für ein Payware Programm. Auf der anderen Seite muss auch erwähnt werden, dass die Integration der Systeme in einem Airbus wesentlich höher und komplexer ist als bei “konventionellen” Fliegern – das Ausschalten eines Systems triggert eben nicht nur eine Message, sondern auch, in Abbhängigkeit der Konfiguration, eine Checkliste und eine Zusammenfassung. Das ist wirklich schwierig umzusetzen und Wilco hat sich entschlossen hierauf zu verzichten.
Autoflight
Das FMGEC (Flight Management Guidance and Envelope Computer) ist ebenfalls eine sehr abgespeckte Version des Originals. Besonders nervig ist hier die extrem unsinnige Fuel Berechnung. Man kann keine Winde eingeben und eine von Airbus vorgesehene, bequeme, Routeneingabe ist auch nicht möglich. Außerdem fehlen etliche Features. Trotzdem muss ich hier sagen dass hinter dem Weglassen auch ein gewisses System steckt: So ist zumindest ein etwas schnelleres Flugerlebnis möglich und man ist nicht zu lange mit dem Füttern des FMGEC beschäftigt. Ich denke da kommt Wilco dem Kunden entgegen. Aber eine vernünftige Fuel Vorhersage wäre trotzdem schön gewesen!
Autoflight, also der Guidance Part, im Airbus wird an der FCU bedient (Flight Control Unit). Hierzu gehört auch der Autothrust. Dieser Teil ist eigentlich für den Simmer zentral und wurde meinem Erachten nach befriedigend umgesetzt. Die Umsetzung des Autothrust ist (wie Oski schon erwähnte) ziemlich gut gelungen! Das ist das beste, was es auf dem Airbus-Sim-Markt bisher gibt!
Die Bedienung des Autopiloten ist eigentlich ok. Die Basic Modes sind erfolgreich umgesetzt. Einige Turns überfordern den Autopilot und die V/S Selection funktioniert nicht immer.. Ausserdem fehlen einige Feineiten , was einem nicht Airbus Experten jedoch kaum auffallenwird. Allerdings muss man das ILS manuell tunen. Das ist schwach und wurde von Vorgängern schon besser gemacht!
Der Thrust Lever wird bei den A320 Derivaten etwas anders gehandelt, als man dies von Boeing gewohnt ist. Er ist eigentlich auch ein Schalter, der verschiedene Modes anschaltet. So kann man ihn in 3 “Notches” also Stellungen führen: CLB- FLX/MCT- und TOGA. Jede hat in verschiedenen Flugphasen ihre Funktion. Die Einstellung der Notches erfolgt bei Wilco mit den normalen Thrust Levern, die man benutzt. Sollte eine Notch erreicht sein erklingt ein einrastendes Geräusch. Das kommt dem Original ziemlich nahe und ist in meinen Augen eine sehr gute Umsetzung der Problematik!
Flight Envelope bedeutet, dass verschiedene Protections den Flieger daran hindern sollen “nicht wünschenswerte” Flugzustände einzunehmen! Airbus möchte z.B. verhindern, dass ein Flieger zu schnell fliegt oder stallt. Auch ein zu großer Bank Angle wird verhindert. Auch hier hat Wilco einiges gut und vieles schlecht gemacht. Kurz gesagt: Alle Protections, die mit der Pitch zu tun haben (AOA, High SPD bei MAN THR) funktionieren nicht. Dafür klappt die Bank Protection hervorragend. Auch die A-Floor Protection, die einfach Vollschub gibt, wenn der Flieger ein gewisses kinetisches Niveau unterschreitet, wurde umgesetzt.
Flugdynamiken
Oski als alter Airbus Captain hat hier in seiner Vol.1 Rezension schon alles gesagt, was zu sagen war. Daher ist dies eine kleine Wiederholung seiner Ausführungen:
FBW (Fly by wire) ist bisher noch nie wirklich gut umgesetzt worden. Der Roll Mode (Lateral) ist Wilco gelungen. Der Pitch mode (vertikal) leider nicht. Hier benötigt man viel zu viel Pitch um z.B. einen Turn mit Klappen zu fliegen. Im Final Approach ist die Pitch dafür viel zu flach (sollte bei den 300er und 600er Modellen on Glide on Power und TGT Speed ca. 3.5° betragen – probiert es aus!). Der Takeoff erinnert mich eher an einen konventionellen Boeing Takeoff auf dem 600er Modell. Das ist sehr unrealistisch. Der 300er ist dafür ganz ok – eben weil der Takeoff hier eher einem “normalen” Boeing Takeoff entspricht. Der 600er ist im Takeoff kritisch und benötigt daher ein anderes Handling.
Ganz schlecht gelöst ist das Autotrim System, welches eigentlich eine einmal eingestellte Pitch auch halten sollte. Aber das hat bisher kein Anbieter wirklich hinbekommen. Wir warten weiter…
Die Landung ist bei beiden Modellen unrealistisch (das kann man hier mal beurteilen, da eine Airbus Landung tatsächlich etwas mit Inputs und Kollisionsabfragen zu tun hat..). Nur die Brake Höhe beim A343 scheint zu stimmen. Beim 346 ist sie ähnlich, daher falsch.
Alles in allem: Kaum Realismus in der Steuerung lassen mich mit diesen Flieger nicht warm werden…
Sound und Feeling
Hier mache ich es ebenfalls kurz: Der Sound ist enttäuschend. Aber das wäre wirklich verschmerzbar, wenn viele andere Kritikpunkte nicht wären.
Leider kommt kein wirkliches „Airbus feeling“ auf. Die Unzulänglichkeiten bzgl. der Pitch sind so gravierend, dass man schon nach mehreren Runden die Lust verliert. Sollte man nur mit AP fliegen wollen ist das ganze schon besser. Hier können alle gängigen Manöver abgeflogen werden. Ein FMC Database Update gibt es auch (allerdings kostenpflichtig) via Airac (einheitlich für alle Wilco Produkte).
Die Power Application ist ebenfalls falsch umgesetzt. Den Unterschieden zwischen dem A340-300 und -600 wurde nicht Rechnung getragen.
Fazit – Warten auf Airsimmer –
Kurz gesagt: Wer endlich mal einen Airbus fliegen will und auch den Willen hat sich reinzuarbeiten ist hier fehl am Platz. Leider kann ich aber kein anderes Produkt in dieser Kategorie empfehlen. Eine Möglichkeit ist PSS mit einem Posky merge. Allerdings ist hier das Autothrottle Verhalten nicht so gut simuliert. Mangels Alternativen würde ich dann wohl oder über zur Wilco Variante greifen – wenn’s denn unbedingt ein A330/340 sein muss.
Wenn jemand nur gerne etwas Langstrecke fliegen will, die Einarbeitung schnell gehen soll und gerne abwechslungsreiche Außenmodelle hat ist hier ziemlich richtig! Aber bitte dann nicht behaupten man könne einen Airbus auch fliegen 🙂 Da fehlt dann doch noch einiges….
Insgesamt hoffe ich, dass es ein Anbieter in absehbarer Zeit schafft eine gute Airbus Umsetzung auf den Markt zu bringen – der wirtschaftliche Erfolg ist ihm sicher! Dass diese Aufgabe nicht leicht ist, ist mir auch klar, aber statt von allem etwas zu bieten sollte es doch zumindest möglich sein ein vernünftiges FBW System anzubieten. Hier ist Wilco auf dem richtigen Weg, geht ihn aber nicht konsequent weiter.
Vielleicht gibt es ja bald bessere News von Airsimmer, die gerade an einer A320 Version arbeiten! Die Zwischenergebnisse sehen viel versprechend aus. Aber auch hier gilt – abwarten!
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Andreas Guerra