Lange Zeit war Norwegen trotz seiner Größe eher spärlich mit Szenerie Addons versorgt. Doch seit Aerosoft den Entwickler Jo Erlend Sund für sich gewinnen konnte, sorgt dieser kontinuierlich für die Schließung dieser Lücke. In einem kleinen Norwegen Special werfen wir einen Blick auf die letzten beiden Werke seines Schaffens.
Bereits im Sommer ist Bergen X von Aerosoft veröffentlich worden und vor wenigen Tagen wurde nun Tromsø X nachgereicht. Da liegt es doch nahe, mit einem Flug von A nach B zu prüfen, was beide Szenerien so zu bieten haben. Doch erst einmal kommt die Arbeit, dann das Vergnügen.
Kauf und Installation
Beide Szenerien sind derzeit nur als Download erhältlich. Bergen X und Tromsø X kosten jeweils € 17,95 und sind auch von der Downloadgröße nahezu identisch. So muss in beiden Fällen ca. 600 MB heruntergeladen werden, bevor die Installation beginnen kann. Letztere erfolgt nach dem bekannten Muster. Nach Eingabe von E-Mail-Adresse und Aktivierungsschlüssel sind die Szenerien schnell installiert und werden automatisch im Simulator angemeldet. Bergen X verfügt über einen Dreifach-Installer, der eine Einbindung in den FSX, den P3D V1.x oder P3D V2.x erlaubt. Interessanterweise kann Tromsø X wahlweise nur in den FSX oder P3D V2.x installiert werden.
Nach erfolgreicher Installation kann über ein jeweiliges Config-Tool noch Feintuning an den Szenerien betrieben werden. So ist beispielsweise eine höhere Textur-Auflösung (2048 x 2048) möglich, ebenso das Einbinden statischer Flugzeuge. Ferner können Details wie 3D-Gras, -Beleuchtung und -Passagiere ein- bzw. ausgeschaltet werden. Ebenso kann die in Norwegen typische gelbe Runway-Markierung aktiviert werden.
Außerdem liegt beiden Paketen jeweils ein Handbuch (deutsch/englisch), sowie ein Satz farbiger Navigationskarten in Form eines PDFs bei. So soll es sein! Da steht dem Flug von Bergen nach Tromsø ja nichts mehr im Wege…
Start in Bergen X
Bergen ist die zweitgrößte Stadt Norwegens und hat gerade einmal knapp 275.000 Einwohner. Sie liegt am inneren Byfjord an der Westküste Norwegens. Der Hafen der Stadt ist der Startpunkt der berühmten Hurtigruten, jener traditionellen Postschifflinie, entlang der 2.700 km langen Westküste.
Der 1955 in Betrieb genommene Flughafen Bergen Flesland liegt ca. 15 km südlich der Stadt. Er wird sowohl zivil als auch militärisch genutzt. Ende der 80iger Jahre wurde ein neues Terminal mit 11 Fluggastbrücken eröffnet. Das alte Terminal wird seitdem zur Abfertigung der Helikopter-Flüge genutzt, die von Bergen aus zahlreiche Ölbohrplattformen in der Nordsee bedienen.
Mein Flug von Bergen nach Tromsø beginnt am Gate 23 an einem regnerischen Tag im Oktober. Dass es regnet wundert nicht wirklich, denn Bergen gilt als die regenreichste „Großstadt“ Europas mit 248 Regentagen im Jahr (Quelle: wikipedia). Als Carrier habe ich die Low-Cost-Linie Norwegian Air Shuttle gewählt. Für die PMDG 737 NGX gibt es übrigens von Christian Mohr erstklassige Freeware-Repaints der gesamten Flotte als Download (https://www.dropbox.com/sh/xdffq0m27bk7pmb/AAA9fNOxct2b51GNAogzagoJa)
Normalerweise wird die Strecke mit einem Zwischenstopp (über Oslo) bedient, ich nehme hingegen den direkten Weg: ROXE5C ROXET Z108 TUXOT Z101 GUBAV Z156 AMIMO AMIM1L. Die Flugzeit liegt mit ca. 2 Std. noch im Rahmen eines Feierabendfluges. Also schnell noch 6,5 Tonnen Sprit sowie Passagiere und Gepäck an Bord nehmen und dann kann es losgehen. Gestartet wird von der Piste 17, was bedeutet, dass nach Pushback und Triebwerksstart noch eine kleine Flughafenrundfahrt zum anderen Ende des Geländes auf dem Programm steht.
Da Bergen nur über eine einzige Runway (17/35) mit 2550 Metern Länge verfügt, bleibt am Holding Point ein kurzer Augenblick zum Verweilen, da zunächst noch eine SAS-Maschine zur Landung ansteht. Nachdem diese die Piste verlassen hat, steht dem Start nach Tromsø buchstäblich nichts mehr im Wege. Nach dem Takeoff geht es in einer großen Linkskurve auf Nordkurs. Hier kann man vom Sitz des Kapitäns noch einen abschließenden Blick auf Bergen werfen, bis die Boeing 737-800 endgültig in den Wolken verschwindet.
Während des Reiseflugs bleibt Zeit für eine Zusammenfassung der Eindrücke von Bergen X: Gut gefallen hat mir das stimmige Gesamtbild der Szenerie. Die Texturen sind von guter bis sehr guter Qualität, das Gelände ist mit zahlreichen Details lebendig in Szene gesetzt worden. Hier und da bewegen sich Fahrzeuge auf dem Vorfeld, allerdings nicht in der Qualität wie wir es von AES light gewöhnt sind. Apropos AES – Bergen X kann für 1 Credit mit AES versorgt werden.
Interessant ist das einsehbare Terminal, das mit teils animierten Personen bestückt wurde. Dies hinterlässt ein sehr lebendiges Bild, wenn man mit einem Passagierflugzeug am Gate steht. Wobei die Personen auch nur aus dieser Distanz annehmbar aussehen und bei weitem nicht von der Qualität sind, wie es beispielsweise in Orbx-Szenerien der Fall ist.
Nicht so gut gefällt mir hingegen das alte Terminal mit den dazugehörigen Abstellplätzen für die Helikopter. Dieser Bereich wirkt leblos und auch die Gebäudetexturen sind nicht so detailliert wie beispielsweise am neuen Terminal. Hier hätten ein paar zusätzliche Details und ein bis zwei statische Hubschrauber die Bedeutsamkeit dieses Bereiches unterstützen können. Das hinzufügen der statischen Flugzeuge über das mitgelieferte Config-Tool zeigt an dieser Stelle leider auch keine Wirkung.
Ebenfalls als störend empfinde ich die zwingend notwendige Anpassung an die jeweilige Jahreszeit über das Config-Tool, da es ansonsten an einigen Stellen zu sehr unschönen Texturübergängen kommt.
Landung in Tromsø X
Die Stadt Tromsø ist die achtgrößte Stadt Norwegens und liegt ca. 350 km nördlich des Polarkreises. Ebenso wie Bergen ist sie eine Station der Hurtigruten. Tromsø ist Universitätsstadt und Heimat der Norwegischen Fischereihochschule. Der Flughafen und das Stadt-Zentrum befinden sich auf der Insel Tromsøya. Diese Insel wird von der Tromsø X Szenerie vollständig abgedeckt.
Dieser Umstand wird schon im Anflug sichtbar, da sich die Insel von der übrigen Umgebung absetzt, was jedoch nicht weiter störend ist. Schon von weitem gut zu erkennen sind die Brücken, die die Insel zu beiden Seiten mit dem Festland verbindet. Die STAR AMIMO1L führt mehr oder weniger direkt aus südlicher Richtung zur Piste 01. Die Enden der 2450 Meter langen Landebahn 01/19 liegen beide recht nahe am Wasser. Am südlichen Ende wurde die Anflugbefeuerung auf einem extra angeschütteten Damm im Wasser errichtet, was auch in der Szenerie sehr schön umgesetzt wurde.
Nach der Landung geht es schließlich nach links in Richtung Terminal. Die Gates 21 bis 23 sind mit Jetways ausgerüstet, die derzeit jedoch noch nicht von AES unterstützt werden. Dies wird sich sicherlich mit dem nächsten AES-Update ändern.
Ähnlich wie in Bergen ist das Terminalgebäude von außen einsehbar. Allerdings fällt hier die Einrichtung und Animation sehr viel detaillierter aus. Ansonsten wirkt der Flughafen von Tromsø im Gegensatz zu Bergen recht spartanisch. Das, was es hingegen zu sehen gibt, wurde durchweg sauber und ordentlich nachgebildet.
Da es hier aufgrund der örtlichen Gegebenheiten für Jo Erlend Sund bei der Flughafengestaltung nicht allzu viel zu tun gab, hat er sich daran gemacht, zusätzlich große Teile der Insel Tromsøya nachzubilden. So lassen sich bei einem Streifzug über die Insel mühelos die Hafenanlage, die Universität und die Skischanzen wiederfinden. Zusammen mit dem Fotountergrund ergibt das ein stimmungsvolles Abbild.
Wie schon bei Bergen X, muss auch bei dieser Szenerie über das mitgelieferte Config-Tool die entsprechend passende Jahreszeit gewählt werden. In der Winter-Einstellung wurde dem Airport eine zusätzliche Schneeschicht spendiert, die sich auf den Dächern und den Jetways niedergelassen hat. Das ist recht ansprechend gelungen – an den Jetways hängen sogar vereinzelt Eiszapfen. Leider wirkt der sauber vom Schnee befreite Apron dabei sehr unwirklich. Hier hätten ein paar zusätzliche Schneehaufen ein stimmigeres Bild abgegeben.
Fazit
Mit Bergen X und Tromsø X hat Jo Erlend Sund nach Oslo, Trondheim und Stavanger einen weiteren weißen Fleck in Norwegen gefüllt und im Falle von Bergen eine gelungene Alternative zu der bereits etwas in die Jahre gekommene Szenerie von Cloud9 geschaffen. Und genau hier stellt sich die Gretchen-Frage: Lohnt ein Wechsel zur Aerosoft-Szenerie, wenn man bereits Bergen von Cloud9 besitzt? Nun, da sich in Bergen seit der Umsetzung von Cloud9 eigentlich nichts relevant verändert hat, kann man getrost bei der alten Version bleiben. Mir gefällt die neue Szenerie von Aerosoft zwar besser, da sie teilweise schönere Texturen hat und mit ein paar mehr Details, wie beispielsweise 3D-Gras, den heutigen Ansprüchen mehr gerecht wird. Aber das Werk von Cloud9 war damals schon eine ausgesprochen gut gemachte Umsetzung, die den Vergleich mit neueren Szenerien nicht scheuen muss.
Müsste ich mich zwischen Bergen X und Tromsø X für eine Szenerie entscheiden, fällt die Wahl schwer. Bergen finde ich von der Lage im Süden Norwegens attraktiver und auch der Flughafen ist etwas interessanter in Punkto Gelände und Größe. Für Tromsø hingegen spricht die exotische Lage in der Nähe des Polarkreises und die Umsetzung der gesamten Insel inklusive ihrer Straßenverbindungen zum Festland. Hier wartet ein echtes Kleinod am Ende der Reise und/oder der Welt…
Wer noch auf Bergen von Cloud9 zurückgreifen kann, sollte nicht lange überlegen und mit Tromsø X seine Norwegen-Abdeckung vergrößern. Wer hingegen lieber feierabendflugtaugliche Ziele ab Deutschland sucht, macht mit Bergen X nichts verkehrt. Denn um nach Tromsø zu gelangen, sind ab Deutschland ca. 3,5 Flugstunden notwendig!
INFORMATION | TESTSYSTEM |
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Frank Schmidt
Vielen Dank für diesen kurzen 2-in-1-Test.
Ich habe auch beide gekauft und muß sagen: Die neuen Szenerien von Jo Erlend Sund (und das schließt Oslo 2.0 ein) sind grafisch allesamt auf der Höhe der Zeit. Das gilt z.B. auch für die Framerates, die sich immer im ruckelfreien Bereich bewegen. Ich bin von der Cloud9-Szenerie ENBR zur AS-Variante gewechselt, weil mich das FSDT-Aktivierungsverfahren samt BGL-Manager noch nie richtig überzeugt hat.
Auch Tromsø ist toll umgesetzt. Die Szenerie paßt sich vielleicht nicht so gut in ein FSX-Standard-Setting ein, aber mit FSGlobal Base und den hervorragenden norwegischen Freeware-Szenerien (NSX 3, Norway Mesh, Norwegian GA) ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild.
Zwei kleine Minuspunkte: das Season-Tool für die Texturen und die zu dunkle Beleuchtung in der Nacht. Letztere läßt sich durch Night Environment Norway beheben, dann sieht Tromsø aus, wie auf einem Foto. Ich würde ein paar Screenshots posten, aber ich weiß nicht, wie.
Ich würde beide Flughäfen ohne Zögern wieder kaufen.
Christian
Ich verstehe nur nicht warum man immer noch statische jetways benutzt.. AES wird sogut wie nicht mehr geupdated + AES geht nicht in P3D (v1+v2).
AES hier, AES da.. Selbst der Standard Flusi hat bewegliche jetways.
Ansonsten: schönes Review!
Der Grund ist ganz einfach: Aerosoft und Oliver Pabst wollen schließlich Geld verdienen. 😉
Das hat sich aber doch mit P3D erledigt. Ich gebe Patrick völlig Recht, die vorsätzliche Abspeisung der Kunden mit statischen Jetways sind ein Grund Aerosoft zu boykottieren.
Mich ärgert das auch. Grade unter P3D, wo AES ja eh nicht (wahrscheinlich nie) funktionieren wird.
Nun wird die Aussage leider wieder sein, dass die Animation so fortschrittlich ist, dass das ohne AES nicht umsetzbar ist *hüstel*
Mein Vorschlag zur Güte wäre, dass es – abhängig von der Größe des Airports – 1 bis 5 Gates gibt, an denen die Animationen auch ohne AES funktionieren, der Rest dann eben mit Credits (für, die es benutzen können).
Leider werden meine Worte verhallen …
Danke für diese deatillierten Eindrücke. Scheint so, als würde langsam ein Umzug auch mit den IFR-Fliegern zu P3D fällig:-)
Anmerkung:
Im Review heisst es, der Tromsö-Airport hinterlasse einen eher spartanischen Eindruck. Das ist richtig – so kommt er nämlich auch in der Realität daher! Erstens ist ja kaum Platz auf dem Vorfeld und richtig viel Verkehr gibts auch nicht – wir befinden uns ja schliesslich weit nördlich des Polarkreises.