Review: IndiaFoxtEcho F35 Lightning II (MSFS)

Der hypermoderne Jet, der angeblich alles kann: senkrecht starten, Überschall, Tarnung, abfangen, kämpfen in der Luft, Atombomben werfen, aufklären, Bodenangriff, Trägerlandungen, elektronische Kampfführung, alle Wetter, Tag und Nacht? IndiaFoxtEcho hat sich der eierlegenden Wollmilchsau von Lockheed Martin angenommen. Kann das gelingen, wenn fast alles über diesen Jet als Staatsgeheimnis klassifiziert ist?

Das Vorbild: F35 als Nachfolger von F15, F18, F111, A10 “Warthog”, Harrier, Tornado…

Mit der F16 war der US-Waffenschmiede General Dynamics (heute Teil von Lockheed) ab 1976 eine unerwartete Überraschung gelungen: ein in Kauf und Unterhalt günstiger Jet mit sehr guten Flugeigenschaften und vielfältigen Fähigkeiten. Er wurde zum Arbeitstier der US-Luftwaffe und der NATO, mit über 4.750 Exemplaren in derzeit 25 Staaten das aktuell meistgekaufte Kampfflugzeug. Daran orientiert wurde das Nachfolgemodell ausgeschrieben, ein “Jet der fünften Generation”, der die Luftkampfaufgaben im neuen Jahrtausend bewältigen sollte: überragende Flugleistungen und Reichweite; Tarnung; hochsensible Sensorik; hohe Vernetzung (mit anderen Waffensystemen, Kommandostellen, kämpfenden Einheiten). Außerdem wurden Fähigkeiten zum Senkrechtstart und zum Überschallflug sowie geringer Wartungsaufwand ins Pflichtenheft geschrieben. Zusätzlich sollte mit dem Muster das Trägerflugzeug F18 und den Bodenkämpfer A10 ersetzt werden, als EIN Flugzeugmodell für alle Waffengattungen statt bisher drei. Lockheeds Wettbewerbsmodell X35 hob im Oktober 2000 das erste mal ab und setzte sich gegen Boeings Entwurf X32 durch.

Dass so viele, bisher niemals in einem Muster zugleich verwirklichte Eigenschaften (wie Senkrechtstart und Überschallfähigkeit; Stealthfähigkeit und geringe Wartungskosten) in ein einziges Flugzeug gepackt wurden, rief auch Kritik hervor, weil das Ergebnis nur ein Kompromiss widersprechender Anforderungen sein kann. Die Entwicklungskosten liefen so aus dem Ruder, dass US-Abgeordnete den Stopp des Programms forderten, wie beim Stealth-Jäger F22 Raptor, dessen Bau nach 195 Exemplaren aus Kostengründen eingestellt wurde, sie wollten die Entwicklung ganz neu starten. Dem wird entgegnet, dass die F35 womöglich ohnehin die letzte Generation bemannter Kampfflugzeuge sei. Beim Krieg um Bergkarabach setzen sich türkische Drohnen so eindrucksvoll gegen die russisch unterstützen armenischen Truppen durch – dass sie zu einem Angstszenario bei Putin führten: aus der Türkei beschaffte Drohnen würden die besetzten Gebiete der Ukraine (Krim, Donbass, Lugansk) rückerobern. Auch Kampfpiloten zweifelten am Sinn des Vorhabens “F35”.

De Entwicklung spaltet sich in drei Typen auf:

F35 A als konventionell startendes Allwetter-Mehrzweck-Kampfflugzeug und direkte Nachfolge der F16, auch im Export (elf Nationen beteiligten sich an der Entwicklung). Doppelt so schwer wie die F16 und langsamer (Mach 1,6 statt Mach 2,05), geringere Dienstgipfelhöhe (15.000m statt 18.000m) aber doppelt so großer Einsatzradius (1.200km). Vor allem die Schubkraft des mächtigen neuen Triebwerks P&W F135-100 überzeugt: 125kN ohne und 191kN mit Nachbrenner (76/131kN bei der F16), Ohrenzeugen berichten auch von mehr Lautstärke, als bei der F16. Mit ihrem höheren Gewicht ist das Schub/Gewicht-Verhältnis bei der F35A dennoch rund 15% schlechter, als bei der F16 und sie ist auch bedeutend weniger wendig. Bei der Waffenlast liegt die F35 rund 1t unter der F16C, aber 2,5t über der F16D.

Die schwächeren Flugleistungen der F35 seien durch die gute Tarnung, die mehrfach bessere situational awareness und Zielidentifizierung im Cockpit, die höhere Reichweite und den reduzierten Wartungsaufwand überkompensiert. Tatsächlich spürt die Infrarotsensorik in der Außenhaut der F35 Raketenstarts in 1.900km Entfernung auf.

Inzwischen läuft der Ersatz der F16 in den USA, knapp 80Mio$ kostet die Beschaffung pro Jet, das ist doppelt so viel wie eine F16C, auf gleicher Höhe mit der F16D, ein Eurofighter kostet 110Mio$, eine F15 schon 120Mio$. Kein Wunder, dass viele F16-Kunden auf die F35 umstellen, inzwischen 15 Nationen (z.B. Israel, Finnland, Norwegen, Dänemark, Niederlande, Schweiz, Italien, Belgien, Polen, Südkorea…). Die Türkei wurde 2019 aus dem Programm ausgeschlossen, weil der Kauf russischer Flugabwehrraketen in eine NATO-Streitkraft die Gefahr mitbringt, geheime Details der F35 (Freund-Feind-Erkennung) an die Russen zu verraten. Ein Vertrag mit den VAE steht auf der Kippe, Deutschland erwägt seit der neuen Regierung die Anschaffung der F35 als Ersatz für den Tornado. Die alte Regierung wollte dafür auf die F18 zugreifen, die in der Schweiz und in den USA gerade ausgemustert wird.

Am deutschen Himmel war die futuristisch anmutende F35 bisher weder zu hören, noch zu sehen, aber im Zuge des russischen Aufmarsches an den Grenzen zur Ukraine hat die US-Luftwaffe dieser Tage zwölf F35 auf ihren Stützpunkt Spangdahlem in der Eifel verlegt. Ihre Tauglichkeit muss die F35 A noch erweisen, bisher ist sie erst ein mal im Einsatz gewesen (israelischer Angriff im syrischen Bürgerkrieg 2018).

F35 B als senkrechtstartendes Allwetter-Mehrzweckkampfflugzeug, um vor allem die trägergestützten Harrier (UK, Italien und US) zu ersetzen, sowie ältere F18 auf US-Flugzeugträgern. Insbesondere die Vereinigung von Senkrechtstart und Überschallflug ist eine technische Herausforderung, zu dem Zweck wurde ein fast waagerecht liegender großer Fan eingebaut und der Triebwerkauslass 90 Grad nach unten schwenkbar, so dass die F35 auf zwei Rückstoßsäulen balanciert. Vor allem der Übergang vom Senkrecht- zum Vorwärtsflug erwies sich als heikles Manöver. In die F35 B floss sogar Know How russischer Triebwerksbauer ein. Diese anspruchsvolle Technik fordert Tribut: die B-Variante ist weniger belastungsfähig, hat weniger Reichweite und weniger Zuladung als die F35 A. Auf dem US-Träger Essex ist sie schon im Einsatz und flog 2018 Angriffe in Afghanistan. Gegenüber der Harrier ist die F35 B in allen Belangen teils deutlich überlegen (Schubkraft, Geschwindigkeit, Einsatzreichweite, Waffenlast), gegenüber der F18 Hornet bei Schubkraft und Einsatzreichweite, trägt aber weniger Waffen und fliegt langsamer als diese. Erkennbar ist die B-Version an großen Klappen hinter dem Cockpit, die sich über dem waagerechten Fan öffnen für den Senkrechtflug.

F35 C als Trägerflugzeug mit verstärkten und klappbaren Flügeln, Fanghaken sowie robustem, trägerfähigem Fahrwerk ausschließlich als Ersatz für die F18 Hornet auf US-Trägern, entspricht in Bau und Leistungen sonst der F35 A, hat also deutlich mehr Einsatzreichweite und höhere Waffenzuladung als die Hornet, kostet pro Stück rund 10Mio$ weniger, fliegt aber etwas langsamer und ist spürbar weniger wendig.

Im Dienstalltag machen sich die üblichen Kinderkrankheiten einer Neuentwicklung bemerkbar, außerdem spielen Softwareprobleme bei einem derart durch Elektronik gekennzeichneten Flugzeug eine Rolle – fehlerhafte Updates, Bugs, Versions-Inkompatibilitäten. Zwei trägergestützte Jets gingen durch Unfälle verloren: ein britischer fiel beim Start ins Mittelmeer, ein amerikanischer crashte bei der Landung im südchinesischen Meer; beide Piloten überlebten.

IndiaFoxtEcho’s Umsetzung

Alle drei Varianten sind in IndiaFoxtEcho’s Zip-Paket enthalten, dass man für knapp 30€ z.B. hier bekommt, auch auf dem MSFS-Marktplatz, dort allerdings ohne Möglichkeit, Waffen in die F35 zu laden. Sie sind ohnehin nur Gewicht und Show, der MSFS bleibt ein ziviler Simulator. Man lädt etwas mehr als 2GB herunter, entpackt 4,56 GB in den Community-Ordner. Ein ausführliches Manual (53 Seiten auf englisch) wird als eigener Download geliefert.

Walkaround

Ich lade mir die F35A auf der Nellis Air Force Base (bei Las Vegas), die schon früh den neuen Jet bekam. Ich nähere mich das erste Mal – bisher kenne ich Jets bis zur vierten Generation und schon von Ferne sieht man: das hier ist “anders”. Keine schlanke Form, keine glänzenden Rundungen, sondern bullig, teils kantig, eher SUV als Sportwagen und mit einer Oberfläche “nicht von dieser Welt”, das Design entspricht nicht unseren Sehgewohnheiten. Unter der Haut zeigen geöffnete Luken klinisch weißes Innenleben, aus einer solchen ragt das integrierte, jetzt ausgezogene Leiterchen zum Cockpit. Aber erstmal der rituelle Walkaround. Mir fehlen die realen Referenzen, ich habe noch keine F35 life vor Augen gehabt (dabei ist Flugzeuge streicheln mein Wochenendhobby). Hier gibt es eine Art Video-Walkaround , und gemessen daran scheinen mir die Kontraste auf der Außenhaut etwas überzogen. Die Textur wirkt nicht fotorealistisch, sondern gezeichnet, das kann mir aber auch so erscheinen, weil mir reale Referenzen fehlen. Das elektro-optische Ziel-System unter der Nase ist animiert, unter Strom rotieren die Optiken. Das Fahrwerk und die Schächte sind detailliert, die Einlässe der Stealth-Eigenschaften wegen seltsam geformt, aber wohl realistisch. Im Park-Modus gibt es keine Abdeckungen. Der Triebwerk-Auslass ist mächtig – und detailliert modelliert. Der Durchmesser flößt Respekt ein, da steckt ein Kraftwerk in der F35! Überraschend – im cold and dark Zustand leuchten die Formations-Streifen, da ist sicher ein kleiner Bug im Programm.

Waffen werden in die Schächte der F35 geladen, können aber auch – auf Kosten der Tarnung – wie bei konventionellen Jets unter die die Tragflächen gehängt werden. Über die Waffen der F35 weiter unten im “update” mehr. Der Blick in die leeren Schächte überzeugt – da wurde das MSFS-Modell mit Freude designt.

Cockpit

Also das Leiterchen hoch… und Platz genommen. Wieder der Eindruck: das ist eine andere Welt. Vor dem Piloten ein breites dunkles…Nichts. Rechts ein paar wenige Knöpfe, Hebel und der Flightstick, links ein paar wenige Knöpfe und der Schubhebel. Unter dem Nichts drei Rädchen, ein paar Knöpfe und die elektrische Verbindung für den Helm. Keine Instrumente, keine Bedienungen, keine Armaturen mit  ganzen Batterien von Schaltern, Hebeln, Rädchen…wie man das aus Kampfjets kennt. Das sieht eher wie ein einfacher Flugsimulator aus, als wie das Cockpit des modernsten Kampfjets der Welt. Ein Knopf verspricht Strom … und wenn man den umlegt, erwacht das schwarze Nichts zu Leben, im Cockpit piepst und surrt es, man hört Computer hochfahren. Vor dem Piloten entwickeln sich die Touch-Felder des Panorama-Displays. Die F35 wird bedient, wie die Raumschiffe aus Star-Trek – mittels komplexer grafischer Menüs und Fingern auf dem Display. Hier wird einem Interessenten die Funktionsweise  erklärt (vermutlich auf einer Rüstungsmesse), und hier sieht man noch mehr. Wow. Außer mit den Fingern kennt die F35 auch Sprachbefehle, sowie Cursor-Steuerung des Displays über Bedienelemente am Steuer- und Schubhebel, im MSFS geht es “nur” mit der Maus auf dem Display. Neben der Bedienung der Flugzeugsysteme ist das Display auch die Schnittstelle zum Waffeneinsatz: Radar-, Infrarot-, optische Daten aus verschiedensten Quellen werden zu Lagebildern und Zieldarstellungen auf dem Bildschirm. Genau diesen Teil hat IndiaFoxtEcho nicht umgesetzt, teils weil der MSFS dafür keine Möglichkeiten bietet, teils weil dazu das Know-How fehlt (“classified”), teils des enormen Programmieraufwands wegen – und nicht zuletzt weil Flugzeuge im MSFS keine Kampfmaschinen sind.

Aber auch schon die zivilen Funktionen des Fliegens sind mit dem Panoramic Cockpit Display eine aufregende Innovation. Im Manual ist die Bedienung dokumentiert, aber wenn man die Videos (s.o.) gesehen hat, spielt man auch gerne damit rum, um sich einzuarbeiten. Was leider fehlt, sind die im MSFS möglichen Landschaftsprojektion und Wetterdarstellung auf dem Display. Ausgerechnet das herausragende Feature der F35, die “situational awareness”, ist unter IFR-Bedingungen in IndiaFoxTecho’s Version miserabel, nur das je eingerastete VOR /TACAN und der nächste Wegpunkt werden angezeigt, keine Flugplätze, keine Route, kein Traffic … nichts. Auch wenn es womöglich nicht dem Original entspricht – die einschlägigen Funktionen des MSFS, über die mit dem G1000 schon die kleine Cessna 172 verfügt, sollten in einem fiktiven “zivilen taktischen Display” als Ersatz für die nicht umgesetzten militärischen Fähigkeiten verfügbar sein. Puritanische Nutzer müssen es ja nicht verwenden, aber für die Nutzung der F35 im MSFS wäre es ein notwendiges Feature.

Die reale F35 hat kein HUD, sondern blendet Information in das Helmvisier ein, das ist soweit repräsentiert, als dass es beim Geradeausblick auch im MSFS so aussieht. Wendet man sich nach rechts, links, oben, unten … wandert die Projektion aus dem Sichtfeld, was real eben anders ist, da wandert sie mit. Der reale F35-Pilot kann sich Zieldarstellungen (z.B. Bodenziele in Infrarot) ins Visier projizieren und schaut ggf. nach unten “durch das Flugzeug hindurch” auf das Ziel.

Was noch auffällt, ist die großartige Rundumsicht aus dem F35-Cockpit, ideal für die Landschaften im MSFS.

Die F35 fliegen

Treibstoffventil öffnen, Lichter schalten, Frequenzen Vorgaben für den Autopilot setzen, all das geht über das Display. Die große Haube schließt elektrisch, der Schleudersitz muss bereit geschaltet werden. Die Parkbremse immerhin, Landelichtschalter und der Gear-Lever sind noch physisch vorhanden, aber kein Klappenhebel. Das macht die F35 selbstständig, ebenso wie trimmen. Taxeln und Auflinieren gehen wie üblich, beim Drücken des Gashebels brüllt das gigantische Powerpack im Rücken des Piloten los … und schiebt die unbeladene, nur halb betankte Maschine enorm flott nach vorne über die Piste. Stick anziehen …wir sind in der Luft und beschleunigen weiter, in wenigen Sekunden schon 300kn. Ich weiß nicht, ob das F135 Triebwerk wirklich derart anschiebt, so eine Power habe ich im MSFS noch nicht erlebt. Ich kann senkrecht steigen, wie eine Rakete – das ist dann wohl das Schubkraft-Gewicht-Verhältnis von deutlich über 1! Voll betankt und mit Waffen geht es sicher nicht derart agil. In der Luft benimmt sich die F35 wie ein Kampfjet, vor allem die riesige Panorama-Haube mit Superausblick und das ungewohnte futuristische Display machen Freude …und eher ein Raumgleiter-Gefühl, als die sonst doch eingeengten Perspektiven aus Jetcockpits. Mühelos erreicht die F35 Mach 1,6 und die 50.000ft Gipfelhöhe. Glücksgefühle! Ich probiere die Maschine aus… mal im Sturzflug steil runter und dann in Bodennähe über das Landschaftsprofil gleiten (man schafft es fast nicht unter 300kn zu kommen, die F35 mag es flott) … mal schnell in große Höhe aufsteigen und den weeeeiten Blick genießen! Das Soundmodell geht in Ordnung.

Ganz und gar illegal, außerdem unprofessionell, aber ein Heidenspaß: mit der F35 mit über 200kn “den Strip” in Las Vegas entlangheizen. Und dann zurück zur Nellis Base, mit dem weiten Panoramablick sind Anflug und Landung ein Genuss. Ohne das Handbuch studiert zu haben lässt sich die F35 mit den üblichen Jet-Parametern starten, fliegen und auch landen.

Die F35 B wartet mit STOVL Fähigkeit auf: Short Take Off and Vertical Landing. Auf der linken Armatur oben ist ein Schalter, mit dem Fanghaken (Nothaken bei F35 A, Fanghaken bei F35 C) oder “STOVL” (F35 B) aktiviert wird, zum Starten üblicherweise nach dem Taxeln und auflinieren (hier kann man sich das Handlung anschauen). Dann öffnen sich Klappen oben und unten hinter dem Cockpit und ein mächtiger Fan beginnt Luft nach unten zu schaufeln, der Triebwerkauslass schwenkt nach unten.  Entweder wie üblich mit manuellem Schub auf volle Kraft oder aber mit Auto-Takeoff kommt man dann in die Luft – der schräg nach unten/hinten gerichtete Schub bringt das wuchtige Flugzeug nach wenigen Metern in Fahrt und in die Luft … airborne mit gerade 80kn! Fahrwerk einfahren und bei 170kn den STOVL-Modus deaktivieren, das Flugzeug setzt dann automatisch vollen Schub und geht in konventionellen Flug über. Cool! Noch kürzer und bequemer geht es mit “Auto Take Off” – Bremsen los und die F35 nimmt kurz Anlauf…hebt ab… nimmt Fahrt auf… auch da deaktiviert man den STOVL-Modus dann bei 170kn und übernimmt das Flugzeug konventionell. Sagte ich schon “Raumgleiter”?

In der Luft benimmt sich die F35 B nicht anders, als die A-Version: Schubkraft ohne Ende, im Tiefflug nicht zu bremsen, die F35 ist so gar nichts für die Tempo30-Zone. Als Spielplatz habe ich mir die Miramar Marine Corps Air Station nahe San Diego ausgesucht, im dortigen US-Navy-Heimathafen liegen eine ganze Reihe Flugzeugträger (hier zum Runterladen) und in den nahen Gewässern schippern noch ein paar davon umher, mal sehen, ob ich mit der F35 B im STOVL-Modus senkrecht darauf landen kann – sanft im Schwebeflug aufsetzen, wie ein Raumgleiter. Mein Problem – den ungestümen Speed der F35 im Anflug zu bändigen, eine F 18 scheint mir wendiger und besser zu zähmen im Anflug auf ein Trägerdeck. Auch für STOVL-Landung fliegt man das übliche Pattern, unter 240kn (und unter 40.000lb Gewicht, sonst Fuel dumpen) aktiviert man STOVL und die F35 wechselt in “Slow Flight”: Fan aktiviert und Schubdüse dreht nach schräg unten/hinten. Kurz vor dem Landepunkt aktiviert man “Hover”, die Düse dreht jetzt auf schräg “unten/vorne” und bremst das Flugzeug auf Schwebeflug herunter. Mit dem Stick (nach vorne: senken; nach hinten: steigen; nach rechts versetzten…nach links versetzten), Ruder (Drehung nach rechts oder links) und – im MSFS – Seitenrudertrimmung (das ist extrem kontraintuitiv belegt) nach vorne/nach hinten versetzen … navigiert man über den Landepunkt. Wind, egal von wo und wie stark, wird von der Elektronik der F35 selbsttätig kompensiert. Zum Schluss den Stick sanft nach vorne drücken … und weich aufsetzen. W O W … ist das cool!

Mit weniger als 40.000lb Gewicht lässt sich die F35 B auch senkrecht starten im Hover-Modus. Allerdings würde das im realen Betrieb wenig Sinn machen – kaum Sprit und keine Waffen an Bord – außer just eben for fun im MSFS. Ich fange gerade erst an, mir coole Plätze auszudenken, wo ich im Hover-Modus landen und wieder starten will, die Schweiz, die Rocky Mountains, die Karibik, die 3D-Metropolen der MSFS-Welt  … die sind voll davon! Was für ein Auftritt, mit der F35 B vor der Oper, bei der Liebsten, oder am Badesee zu parken!
Ich weiß … “unprofessionell”…”verboten” … aber hey, was für eine Gaudi! Einschlägige poppige Liveries  für die F35 finden sich bei flightsim.to, aber auch seriöse militärische der Besitzerländer.

Es braucht Übung, bis man diese ganz neuen Manöver im Handgelenk hat, das hat nichts mit Fliegen zu tun, wie wir es bisher kennen. Aber Freude macht das!

Die F35 C ist auch im MSFS als Trägerflugzeug konzipiert – allerdings sind Katapultstarts und Arrestor-Kabel im MSFS noch gar nicht programmiert. Es gibt ein paar Freeware- (wie hier) und Paywarepakete (wie hier) um diesen Mangel zu umgehen, freundlicher Weise liefert IndiaFoxtEcho eine Katapult- und Arrestorkabel-Funktion aber gleich selbst mit der F35 C. Am Katapult auflinieren, Launch-Bar am Bugrad aktivieren … vollen Schub geben, nach zwei Sekunden löst das simulierte Katapult aus, und ab geht die Lucy … und crasht die F35 ins Wasser. Ich habe fünf mal von verschiedenen Flugzeuträgern (hier heruntergeladen) einen Katapultstart probiert und jedes Mal das gleiche Ergebnis. Da stimmt was nicht … am Ende der Katapultschiene hat die F35 150kn …und crasht, statt abzuheben. An Land klappt das hingegen gut mit dem Katapultstart,  aber wer schon einen macht Katapultstart von einer Asphaltbahn (außer zum Trocken-Üben).

Anfliegen, Fanghaken und Fahrwerk ausfahren, in der Touchdownzone bei den Kabeln aufsetzen und vom Kabel gestoppt werden, das funktioniert aber gut. Klasse! Und zum guten Feierabend … faltet die F 35 C die Flügel zusammen, bevor sie  zur Nacht unter Deck gebracht wird.

Systeme

Dass der Daseinszweck der F35 im MSFS nicht umgesetzt wird, die militärische Fähigkeit, finde ich im Sinne eines zivilen Flugsimulators in Ordnung, für Waffensysteme gibt es andere Plattformen. Die außerordentliche Bedienung des Jets und seine besonderen Flugfähigkeiten machen großen Spaß im MSFS, darum geht es. Deswegen stechen das Panorama-Display, die STOVL- und die Trägerfähigkeiten besonders hervor, und die finde ich (bis auf den Katapultstart-Failure) gekonnt umgesetzt. Der hohe Automatisierungsgrad des Jets wird sehr gut erlebbar, ebenso die enorme Power des Antriebs (womöglich sogar etwas overdone?). Ansonsten setzt IndiaFoxtEcho auf die Standardsysteme des MSFS: Autopilot, Navigation, Funk funktionieren auf vertraute Weise, wenn man die Bedienung im Panorama Display mal heraus hat. Der Autopilot reagiert empfindlich auf Turbulenzen. Ausgerechnet bei der situaion awareness, geradezu DEM zentralen Feature im F35 Cockpit, bleibt IndiaFoxtEcho weit hinter MSFS-Möglichkeiten zurück, das ist schade.

Update: Die Bewaffnung der F-35 {28.2.2022}

In Ergänzung zu dieser F35-Review,  stelle ich hier die Bewaffnung vor, wie sie von IndiaFoxTecho in der z.B. hier erhältlichen Form (nicht im MSFS-Shop) ermöglicht wird, um einen Eindruck von deren Fähigkeiten, Einsatz und Beschaffungskosten in der Realität zu gewinnen; über Rüstungskosten werden wir demnächst nämlich noch viel hören. Im Handbuch sind die Gewichte genannt, die man im Fuel-and-Weight-Manager eingeben muss, um an den entsprechenden Stationen der F35 die Waffen zu sehen. Im MSFS wirken sie nur als Gewichte und Schaustücke, für den simulierten Einsatz von Waffen muss man in eine andere Plattform wechseln.

“Serienmäßig” kommt nur die F35A mit einer Bordkanone für den Luft-Nahkampf (“Dogfight”) oder Bodenangriff, nämlich der GAU22/A, einer schnell schießenden Maschinenkanone  (3.300 Schuss/min) mit rotierenden Läufen und 25mm Kaliber. 180 Schuss werden mitgeführt, das Ganze vor Radar getarnt unter dem Wulst über dem linken Einlass. Für die B- und C-Variante der F35 muss eine Kanone unter eine Waffenstation (Pylon) unter die Tragfläche gehängt werden, da fehlt dann auch der charakteristische Wulst.

Im getarnten Inneren der F35 befinden sich fünf Waffenstationen. Unter Aufgabe der Tarnfähigkeit können an jeder Tragfläche je drei weitere Waffen angehängt werden, in der Realität ein ganzes Spektrum von NATO-typischen Raketen und Bomben, aus denen IndiaFoxTecho stellvertretend die folgenden ausgesucht hat.

AIM9X Sidewinder – Luft-Luft-Rakete mit intelligentem IR-Suchkopf, 91kg, davon 9,4kg Gefechtskopf, Stückpreis 320.000$. Sie wird auf das Triebwerk eines feindlichen Flugzeugs als Wärmequelle aufgeschaltet, fliegt dann selbstlenkend mit Mach 2,7 bis zu 16km, folgt dem Ziel und unterscheidet zwischen “Täuschkörpern” (flares) und dem Triebwerk. Die “9X! ist die seit 2002 gebaute, vierzehnte Generation der Sidewinder, die 1952 entwickelt wurde. Einerseits ist die Sidewinder die häufigste Abschuss-Ursache für Kampflugzeuge, andererseits ist die Trefferquote nicht zuverlässig.

AIM-120 AMRAAM – radargelenkte Luft-Luft-Rakete, 159kg, davon 23kg Gefechtskopf, Stückpreis 1Mio$. Sie wird auf das Radarprofil eines feindlichen Flugzeugs aufgeschaltet und fliegt dann selbstlenkend mit Mach 4 bis zu 55km (A-Version) bzw. 180km (D-Version), mit dem bordeigenen Radar das Ziel verfolgend. Sie ist seit 1991 im Einsatz und erreicht eine Trefferquote von rund 60%. Als Gegenmaßnahme werfen Flugzeuge Düppel ab (chaffs), eine Wolke von Metallstreifen, die das zielsuchende Radar in die Irre führen. Natürlich führt die F35 auch chaffs und flares mit sich, für die entsprechenden Werferpatronen lassen sich keine Preise recherchieren – die sind nicht bei Amazon im Angebot 😉

GBU 12 – Lasergelenkte Bombe, 250kg, davon 227kg Sprengkopf, Stückpreis 20.000$. Diese Bombe wird je nach Flughöhe bis zu 15km vor dem Ziel (Gebäude, Fahrzeug, Stellung, militärische Anlage…) abgeworfen und steuert selbständig mit den Flossen auf das mit Laser markierte Ziel. Die Laser-Markierung können durch Bodentruppen, andere Flugzeuge, Drohnen oder auch durch das abwerfende Flugzeug vorgenommen werden, Trefferquote wetterabhängig an die 70%.

GBU-31 GPS – GPS- oder INS-gelenkte Bombe, 950kg,  Stückpreis ca. 30.000$. Sie hat ein GPS- und ein INS-Orientierungssystem, wird vom Flugzeug aus auf ein Ziel programmiert (Geodaten eines Gebäudes, Bunkers, einer militärischen Anlage, Stellung, einer Startbahn…). Zwischen 10km und 30km vor dem Ziel wird sie aus niedriger, mittlerer oder großer Höhe abgeworfen (bis 45.000ft), steuert mit beweglichen Heckflossen dann selbständig ins Ziel, dass sie mit GPS auf 5m, mit INS auf 30m “genau” trifft.

Die F35A würde in Deutschland jene vier Tornados des Taktischen Luftwaffengeschwaders 33 am Fliegerhorst Büchel ersetzen, die für die “nukleare Teilhabe” ausgerüstet sind, also amerikanische Atomwaffen ins Ziel tragen und abwerfen würden. Die zukünftige Livery gibt es schon und die habe ich für die Screenshots auch verwendet.

Bis zu taktische Atombomben vom Typ B61  (und hier und hier) lagern in Büchel, um im Einsatzfall von deutschen Flugzeugen ins Ziel geflogen zu werden. Taktische Atomwaffen sind vor allem zum Einsatz “auf dem Schlachtfeld” designt, also als Waffe z.B. gegen aufmarschierende Truppen, Nachschublinien, tiefe Bunker, große Schiffe, U-Boote. Sie dienen nicht der völligen Vernichtung des Gegners, wie die strategischen Atomwaffen, die vor allem mittels Interkontinentalraketen aus Silos oder von U-Booten gestartet würden. Im Kalten Krieg befürchtete die NATO, die Übermacht des Warschauer Pakts mittels viel größerer Anzahl an Soldaten, Panzern, Flugzeugen werde schnell das Bündnisgebiet überrennen und in kurzer Zeit bis zum Rhein vordringen. Deswegen würde die B61 während des Anflugs auf die “benötigte Sprengkraft” für das Einsatzziel programmiert, das liegt dann zwischen unter einer und bis zu 400 Kilotonnen TNT (die Hiroshima-Bombe entsprach 13 Kilotonnen TNT). Strategische Atomwaffen, die Planetenkiller, verfügen über mehrere Dutzend  Megatonnen TNT, also die nochmal zehnfache Sprengkraft. Die Szenarien des kalten Krieges sahen vor, taktische Atombomben auch auf Truppen zu werfen, die durch Deutschland marschieren (“Fulda Gap“).

Die F35 ist inzwischen für den Abwurf der B61 zugelassen, wie auch die F18, der Eurofighter aber nicht.

Fazit

Dass IndiaFoxtEcho uns hier die drei Varianten der F35, des modernsten (und womöglich letzten bemannten) Kampfjets der Welt nahebringt, mit den typischen, herausragenden, innovativen fliegerischen Features, das finde ich für knapp 30 Euro sehr überzeugend. Das Gerät lädt ein, sofort intuitiv damit experimentell rumzufliegen, ohne Handbuchstudium. Die Texturen des Außenmodells sind nicht so crisp, wie das im MSFS sein kann, aber OK; das Cockpit erweckt den Eindruck eines hypermodernen Piloten-Arbeitsplatzes. Insbesondere die neuartige Bedienung mittels Panorama Display, der hohe Automationsgrad, der Raumgleiter-ähnliche Schwebeflug, das macht alles schon enorm Spaß!  Punktabzug gibt es für den fehlerhaften Katapultstart und die nicht umgesetzte zivile “situation awareness“, da ist schon das G1000 besser, als IndiaFoxtEcho’s Umsetzung eines 80Mio$ teuren Jets, der in IFR-Bedingungen nahezu blind wirkt. CTD, wie von manchen Usern berichtet, hatte ich keinen einzigen, und Einbruch der Performance auch nicht, selbst nicht mit über 200kn “durch den Strip”.

Informationen

ProContra
  • Drei Varianten mit unterschiedlichen Konfigurationen/Aufgaben
  • Optisch und akustisch ok
  • Innovative Flugeigenschaften und Bedienungskonzept des hypermodernen Jets werden erlebbar
  • Hoher Spaßfaktor im MSFS
  • Unglaubliches Landschaftserlebnis durch die riesige Cockpithaube
  • Gutes Manual
  • Situation Awareness in IFR-Bedingungen grottenschlecht, ausgerechnet bei diesem Jet
  • Katapultstart auf Trägern führt zum Crash im Wasser
Testsystem
  • z.B. simMarket
  • Entwickler: IndiaFoxtEcho
  • Preis: 29,75 €
  • IntelCore i5-10600K CPU @ 4.10GHz
  • GeForce RTX 3070, 8 Gb
  • Windows 10×64, 16 Gb Hauptspeicher
  • Diverse SSD

Dr. Michael Kalff

1 Kommentar
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Bovie
Bovie
2 Jahre zuvor

Das nenne ich mal wieder ein gut recherchierter und ausführlicher Bericht. Danke für die Arbeit, toll gemacht🤗💐
LG, BoViE