Aerosoft’s TwinOtter bin ich gerne geflogen, eigentlich bis zum Prepar3d V3. Das war ein nettes kleines Flugzeug, mit dem man besonders kleine Flugplätze unsicher machen konnte, mit guter Sicht nach draußen, gutmütig und schnell in der Luft. Schön, dass sie jetzt endlich auch für MS FS rausgekommen ist – und basierend auf dem aktuellen Update auf 1.0.1.0 hier ein kleines Update meines Reviews..
Das verspricht der Hersteller, Lieferumfang, …
Der Hersteller verspricht zunächst mal eine vollständig neue Entwicklung der Twin Otter für den Microsoft Flight Simulator – und noch dazu eine ziemlich komplexe Entwicklung. Genannt werden 300 verschiedene Sounds, komplexe Vereisungen, vollständige Simulation der Avionik und Systeme, und mit Einbindung des MSFS-Checklistensystems. Simuliert werden die erste Serie DHC6-100 und die etwas größere Version DHC6-300. Die -100 gibt es mit Rädern und Schwimmern, die -300 mit drei- und vierblättrigen Propellern, Schwimmern, normalen Rädern, Tundrarädern, Skiern, und dann noch als Passagier-Variante, Skydiver-Variante, Cargo. Und das Ganze für 35,64 €, und damit nur wenig teurer als die Urversion von Aerosoft’s Twin Otter. Die aktuelle Twin Otter benötigt knapp 6,28 Gb auf dem Laufwerk.
Was mich zunächst etwas gewundert hatte: Es scheint keine Konfigurationsoptionen über die Optionen des MSFS hinaus zu geben – früher gab es da doch dieses Tool im Cockpit mit Checklisten und diversem Schnickschnack? Da die Checklisten aber mittlerweile direkt im Simulator integriert sind ist das nicht mehr notwendig. Das Handbuch ist eine nette Abwechslung aus detaillierten Systembeschreibungen und Anekdoten zur Twin Otter.
…und das ist mein erster Eindruck
Klar, man kann die Twin Otter, die ich mir für meine ersten Begegnungen nach Norderney gestellt habe, nach realen Prozeduren fliegen. Ich habe sie mir aber erstmal in Ruhe angesehen und versucht zu verstehen, wie der Flieger tickt (es ist ja schon etwas her, und damals bin ich eher nicht cold+dark gestartet). Sehr kompliziert ist das nicht – Batterie und Master an, Starter aktivieren (bei höheren Temperaturen egal, ob die Propeller gefedert sind oder nicht), bei 20% Drehzahl Fuel on und etwas Gas geben,Tür zu, Licht an, los geht’s… Kaputt gegangen ist bei mir nichts, obwohl ich oft mit viel zu hohen Drehmomenten unterwegs war. Seit einiger Zeit fliege ich einige Flugzeuge mit dem Airbus Throttle von Thrustmaster – das geht hier ganz gut und hat den Vorteil, dass enge Kurven mit Differenzschub gefahren werden können, und dass der Umkehrschub intuitiv aktiviert werden kann. Der Weg der Schubhebel ist aber relativ klein: Ich hatte die Twin Otter nicht so sensibel am Gas in Erinnerung, und früher könnte es etwas mehr Zeitverzug zwischen Schubänderung und Reaktion gegeben haben (die PT6A-Triebwerke sind so aufgebaut, dass der Kompressor und eine einzelne Turbinenstufe zum Antrieb des Kompressors mechanisch von der Leistungsturbine und dem Abtrieb zum Propeller getrennt sind – Drehzahl- und Leistungsänderungen könnten etwas Zeit kosten. Möglicherweise habe ich das falsch in Erinnerung, oder es ist eine Limitierung des MS FS). Sensibel um die Nickachse hatte ich sie noch in Erinnerung, und das ist hier natürlich auch so.
Was total klasse ist: Mit Oculus Rift mitten im Cockpit sitzen, Türen auf während der Flugvorbereitungen gibt ein ganz anderes Raumgefühl. Hier ist alles wunderbar modelliert, und mit VR erwacht das alles zum Leben (man muss sich etwas verrenken, um an die Schalter für den Scheibenwischer rechts von der Triebwerk-Flaps-Sektion zu kommen. Überhaupt: diese Bedienelemente liegen bei der Twin Otter da, wo in einem typischen Pkw (Kleinbus wäre wohl ein besserer Vergleich) der Rückspiegel hängt. Es ist etwas gewöhnungsbedürftig, dort nach Klappenstellung zu sehen.
Nach den ersten Versuchen in der Twin Otter in VR jedenfalls war mir klar – dieser Flieger ist ein tolles Hilfsmittel, um die VFR-Welt des MS FS zu erkunden – quasi ein Gegenentwurf zum Airbus, mit dem ich sonst im MS FS viel unterwegs bin. Toll, zwischen den friesischen Inseln zu pendeln. Im Gegensatz zu Micha’s Review des Starfighers fiel es mir überhaupt nicht schwer, das Rheintal entlangzufetzen – ganz ohne in Weinberge einzuschlagen! Was hat er da nur immer für Schwierigkeiten…?
Außenmodell
Das Außenmodell ist mir persönlich weniger wichtig – das mag sich ändern, wenn es irgendwann eine Replay-Funktion serienmäßig im MSFS gibt. Und für diesen Zeitpunkt ist die Twin Otter dann schon gut gerüstet.
Ich habe selbst bei Schildern keine Pixel gefunden, es scheint alles vorhanden zu sein, die Oberflächen sehen so aus wie sie sollen. Hier ein paar Details. Das Bugfahrwerk ist ungebremst, beim Hauptfahrwerk ist die große geteilte Bremsscheibe und die Bremssättel gut zu erkennen.
Hier zwei Details vom Antrieb. Die Pratt & Whitney PT6A-Triebwerke haben hier ihren Lufteinlass hinten, also entgegen der Flugrichtung, den Auslass vorne (allerdings nach hinten gedreht, damit der Gegendruck nicht zu groß wird).
Ein paar weitere Details: Flügel mit Positionsleuchte, Ruder, Cockpittür.
Cockpit
Jetzt geht’s nach drinnen, und zwar nach vorne: Hier gibt es auch nichts zu beanstanden, alles ist hochaufgelöst und gut erkennbar. Vielleicht etwas zu neu und sauber, aber das ist Geschmackssache.
Im MSFS kann man sich in der Cockpitansicht mit den Pfeiltasten bewegen, vorwärts und zurück geht es mit Alt + hoch/runter. Durch Wände laufen geht nicht, aber durch offene Cockpittüren schon, also auf nach hinten. Die hintere Passagiertür wird dann einfach auch per Klick auf den Türgriff geöffnet. Das gefällt mir sehr gut so – jedenfalls besser als durch irgendwelche Zusatzprogramme.
Sound
Der Sound war einer der großen Punkte, die in der Beta und im Release nicht so toll waren: Die Twin Otter fliegt man zwischen 80% und 100% Propellerdrehzahl. Bei 80% überwiegt ein tiefes Brummen, bei 100% kommt ein helleres Propellergeräusch dazu. Soweit so gut: Ursprünglich wurde zwischen den Geräuschen umgeschaltet, und beim Triebswerksstart gab es Momente, da wurde erst einer der Sounds abgeschaltet, und dann der zweite Sound aktiviert – das war etwas störend. Mittlerweile hat Arosoft das Problem in den Griff bekommen, die Sounds werden ohne merkliche Unterschiede ineinander übergeblendet – viel besser. Mein einziger kleiner Kritikpunkt ist, dass bei nur einem laufenden Motor in manchen Blickwinkeln der Sound auf einem Ohr noch nicht da ist. Das ist in VR etwas eigenartig. Lieber schnell die Motoren anwerfen, dann fällt das nicht auf! Dramatisch ist das aber keinesfalls.
Systeme
Allzu viel Systeme gibt es in der Twin Otter nicht – eigentlich nur die Triebwerke, ein klein wenig Pneumatik, das hydraulische System zum Fahren der Landeklappen und den Autopiloten.
Der Betriebsbereich der Triebwerke ist beschränkt durch das maximale Drehmoment, dass die Antriebswelle übertragen kann, die maximale Drehzahl des Propellers und die maximale Temperatur des Abgases T5. Schön: Bei Rücknahme der Propellerdrehzahl steigt das Drehmoment, denn das Produkt aus Drehzahl und Drehmoment sollte bei gleicher Leistung gleich bleiben. Schade, dass ein dauerhaftes Überschreiten der Grenzen nicht wahlweise geahndet wird, so wie damals in PMDG’s Jetstream, die falsche Behandlung mit brennenden Triebwerken quittierte.
Eine Sache, die mich etwas gestört hat: Per Klick auf die Treibstoffhebel lässt sich ja die Zufuhr zu den Triebwerken steuern, aber das gelingt per Maus nicht ganz präzise. Und wenn man dann doch mal den falschen Hebel erwischt, nämlich den Hebel des schon laufenden Triebwerks, dann fährt das Triebwerk runter – auch wenn man schnell korrigiert und wieder Sprit aktiviert. Das ist ärgerlich und möglicherweise auch nicht sehr realistisch.
Der Autopilot ist ein Standard-MSFS-System im zentralen Bereich des Cockpits, kombiniert mit einem Bedienteil über den Instrumenten, mit dem sich schnell und analog die einzufangende Höhe sowie der Modus auswählen lassen. Mit dem mittleren, digitalen Bedienteil kam ich zurecht, mit den Knöpfen leider nicht – mir gelang es nicht, den IAS-Modus einzustellen, und so eben die Steigrate durch die Motorleistung zu steuern. Schade, weil sich der Flieger vom Autopilot her ansonsten wirklich eher wie eine Cessna verhält. Schade auch, dass es keine einfachen DME-Geräte oder einfach einzustellende VOR-Empfänger gibt, die Bildschirme des Garmin-Systems lassen sich in VR nicht so wirklich gut lesen, aber das wird Flieger mit anderen Headsets oder Bildschirmpiloten weniger stören.
Erstes Fazit (zur Beta)
Die Twin Otter ist tatsächlich, genau wie von Aerosoft beworben, ein Flugzeug, mit dem die Landschaft des Simulators sehr gut tief-und-langsam erkundet werden kann. Es macht wie damals im FSX wieder Spaß, mit der Otter durch die Gegend zu fliegen und kleine, große und sehr kleine Flugplätze unsicher zu machen. Eigentlich sogar noch mehr Spaß als damals, weil der VR-Modus und die Landschaftsdarstellung (man ist mit der Twin Otter ja doch eher tief unterwegs) sind so viel besser. Kleine Ärgernisse gibt es, aber das ist wirklich marginal: Die Triebwerke schalten ab, wenn auch nur ganz kurz die Treibstoffzufuhr abgeschaltet wird (was mir gelegentlich unabsichtlich passiert ist, weil ich die Hebel nicht richtig getroffen habe. Der Autopilot funktioniert mit der Tastensteuerung nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte; mit dem Bedienteil in der Mitte des Cockpits geht das aber gut.
Also, zögert nicht, zumal 36 Euro ein okayer Preis für sehr viel Spaß ist.
Informationen
Pro | Contra |
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Testsystem | |
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Dr. Patrick Seiniger
“gibt es mit Rädern und Schwimmern, die -300 mit drei- und vierblättrigen Propellern, Schwimmern, normalen Rädern, Tundrarädern, Skiern, und dann noch als Passagier-Variante, Skydiver-Variante, Cargo.”
wie geschaffen für den MSFS.