Daniel fragt:
Wenn man vom Lotsen eine Geschwindigkeitsanweisung bekommt, z.B. 220kts indicated, dann nach ein paar Minuten für den ILS Anflug gecleared wird ohne das eine erneute Geschwindigkeitsanweisung kam, ist diese dann noch gültig? Schließlich darf ich die Höhe auf dem Glideslope ja auch verlassen?!
Antwort:
Grundsätzlich ja! In dem von dir beschriebenen Fall ist das genau so, wie du sagst: du kriegst eine Geschwindigkeit vorgegeben und du kriegst eine Approach Clearance. Die zwei haben nichts miteinander zu tun, sondern betreffen zwei verschiedene Segmente. Die Approach-Clearance erlaubt das Verlassen der zuletzt zugewiesenen Höhe, die Geschwindigkeitsvorgabe muss aber weiterhin eingehalten werden. Der Lotse will dich ja damit in den Final “einpassen”.
Wie üblich gibt es dazu noch ein ABER:
– Es müsste ein ziemlich unerfahrener Fluglotse sein, der die Geschwindigkeitsrestriktion nicht von sich aus an einem bestimmten Punkt aufhebt (z.B.: “when established on LOC Speed is yours” – oder “reduce to XXX”)
– Kein Mensch kann dich zwingen, ausserhalb der anwendbaren Procedures zu fliegen. Aber du musst dich dazu äussern. Sich einfach über eine Anweisung hinwegsetzen, geht nicht. Dazu hat man die Kommunikation erfunden…
Danke Oskar!
Wir hatten vor kurzem die Diskussion im VATSIM-Germany-Forum. Hintergrund war, dass die vLotsen bei VATSIM insofern ausgebildet werden, dass die Approach-Clearance jegliche Geschwindigkeitsbeschränkungen aufhebt, was zurecht angezweifelt wurde. Keiner der Diskussionsbeteiligten (in der Mehrzahl reale Piloten und Lotsen) konnten eine europäische oder international maßgebliche Quelle anführen, die das Prinzip, das so gelehrt wird, stützt. Der allgemeine Tenor ist, dass verbale Geschwindigkeitsanweisungen auch wieder separat aufgehoben werden müssen. Die ICAO sagt hierzu zwei Dinge:
Wir vermuten, dass diese Maxime es aus den Staaten hierher geschafft hat und sich bisher keiner genügend dagegen gewehrt hat, denn die FAA schreibt folgendes.
Das ist ja das “Schöne” am den ganzen ICAO-Dokumenten. Es ist ein Regelwerk, das von jedem Mitgliedstaat ratifiziert werden muss. Rechtsgültigkeit erhalten die Regeln erst, wenn sie im entsprechenden Luftfahrthandbuch veröffentlicht werden. Dazu kommt noch, dass jeder Staat anhand eines Zusatzprotokolls zu jeden Dokument festlegen kann, welche Ausnahmen auf seinem Staatsgebiet gelten. Das ist der Grund, warum es keine absolut einheitlichen Regelungen in der Luftfahrt gibt (siehe Diskussion in einem früheren Thread…). In den Grundzügen gibt es Einheitlichkeit, aber der Teufel steckt wie üblich im Detail. Das von dir genannte Beispiel ist ein Klassiker in dieser Hinsicht 🙂
Ich möchte hier leicht korrigierend einsteppen, hat zwar nichts mit den Speeds zu tun, aber eine Aussage von Oski ist leicht missverständlich: “Die Approach-Clearance erlaubt das Verlassen der zuletzt zugewiesenen Höhe…”.
Das erlaubt nur das Sinken INNERHALB eines Verfahrens auf die veröffentlichte Höhe für das jeweilige Anflugsegment. Auf einem Vector to Final darf ich nicht selbständig sinken, hier inkludiert eine Approach-Clearance KEINE Sinkfreigabe. Es besteht hier die Gefahr, u.U. unter die MVA (Minimum Vectoring Altitude) zu sinken.
Praktisch gesehen also: steche ich mit einem zugewiesenen Heading auf das Final zu und bekomme “Cleared ILS-Final RWY xx”, darf ich erst mit Intercept Glideslope anfangen zu sinken. Es sei denn, ich requeste den descend zusätzlich und bekomme dafür ein extra Approval.
Da hast du natürlich recht. Allerdings muss ich hier zu meiner “Verteidigung” anführen, dass ich versuche, die ursprüngliche Frage so kurz und prägnant wie möglich und nötig zu beantworten, und diese bezog sich auf den Unterschied zwischen Festhalten an EINER Anweisung (speed) und selbständiges Abweichen von einer ANDEREN Abweisung (altitude). Dass es zu jedem Verfahren noch ein paar weitere Restriktionen gibt oder geben kann – wie z.B. “wann bin ich established auf dem Final Course (LOC, VOR, NDB, GPS …)” oder “Wann darf ich die Höhe verlassen (GP, Non-GP…)”, usw. – ist auch dem Fragesteller klar, davon gehe ich jedenfalls aus. Wenn ich aber überall ins kleinste Detail gehen muss, dann relativiert sich meine “Briefkastenonkel-Tätigkeit” und führt früher oder später zu einem Theoriekurs in Instrumentenflug. Dieses habe ich in meiner aktiven Zeit als Instruktor zwar zuhauf getan, aber der Aufwand sprengt den Rahmen dieses Informationsgefässes m.E. doch deutlich 🙂
Bin ganz Deiner Meinung, Oski 😃 Und Du machst das hervorragend! Aber weißte ja, Lotsen können sowas immer nur schwer auf sich sitzen lassen…da sind wir Diven (lach).
Mach weiter so!
„resume normal speed“ wäre die richtige Phrase! So etwas wie „speed is yours“ gibt es nicht. Die angewiesene Geschwindigkeit ist auch auf dem ILS einzuhalten. Falls das von Pilotenseite nicht möglich ist, mit „unable“ mitteilen. Dann muss von Lotsenseite alternativ gestaffelt werden.
Des Weiteren muss der Lotse dafür sorgen, dass beim vektorierten intercept heading auf das ILS mit der „approach clearance“ nicht auf final approach fix altitude gesunken wird, indem er „maintain xxx ft until glidepath“ anweist.
Hatten wir weiter oben schon geklärt 😉