Die momentane Beta scheint auf den ersten Blick nicht viel zu bieten.
Es war die Rede von Performance-Verbesserungen, doch davon ist im Moment noch nicht viel zu sehen.
Stattdessen gibt es Berichte über ein schlechteres Flugverhalten. Laminar hatte gute Gründe dafür normale Nutzer von der Umstellung auf die neue Beta zu warnen. Wer nicht aktiv für Laminar testen will, hat auf der neuen Beta noch nichts zu suchen.
Allerdings gibt es auch eine Reihe von Verbesserungen, wie Landmarks in London oder das neue G-1000. Doch was ist der Grund für so ein Chaos?
Wenn man sich die aktuelle Beta genau ansieht, hat man vor allem aus der Betaphase für X-Plane 11.0 gelernt. Dort kamen erst mit Beta 8 viele der eigentlich wichtigen Elemente für die Entwickler in die Beta. Die wirklich wichtigen Features für die Nutzer waren hingegen mit der ersten Beta da, vor allem das neue Rendering.
Das Resultat: Es waren am Ende kaum noch Entwickler involviert.
Dieses Mal geht man anders vor.
Ich picke hier einmal die wichtigsten Änderungen auf, die mir bislang in der neuen Beta aufgefallen sind.
Flugverhalten
Da man in X-Plane 11.0 die Betaphase mehr schlecht als recht zu einem Ende bringen musste, blieb die Flugdynamik auf einer ganzen Reihe von Baustellen sitzen.
Daher wurde das Flugmodell von Grund auf reformiert, auch wenn sich dadurch für zahlreiche Flugzeuge einiges ändern wird. Vermutlich sogar mehr als bei der Umstellungen auf X-Plane 11.0 . Nicht zuletzt diese Änderungen dürften der Grund sein warum Laminar so sehr darum gebeten hat, dass Endkunden noch nicht auf X-Plane 11.10 Updaten, sondern warten. Viele Flugzeuge werden noch nicht richtig funktionieren.
Doch wieso ist es überhaupt nötig das Flugmodell von Grund auf umzuschreiben? Es wurde schlichtweg immer unübersichtlicher. So sorgten zahlreiche Verbesserungen in der Spätphase von X-Plane 10 dafür, dass das Flugmodell für Hubschrauber immer schlechter wurde. Daher arbeitet man von nun an rein Vektor gesteuert. Das heißt Kräfte können von vorne, hinten, den Seiten oder oben und unten auf das Flugzeug einwirken. Es macht keinen Unterschied mehr.
Außerdem kann man nicht mehr nur Flugprofile mit zwei Reynolds-Nummern speichern, sondern beliebig viele.
Doch erste Beobachtungen bemängeln, dass sich das Flugverhalten eher verschlechtert, als verbessert hat. Wie kann das sein?
Sehen wir uns mal sehr grob die mitgelieferte C 172 an. So sieht sie in X-Plane 10 aus:
Wir sehen hier die Default Cessna mit laufenden Propeller und sehen uns die Schubableitung an.
Und nun sehen wir uns die brandneue C172 mit dem G-1000 unter X-Plane 11.10 Beta 2 an:
Auch wenn wir jetzt in Bella Coola stehen und die Ableitung nun etwas bunter dargestellt werden, sieht man dass der Propeller sehr ähnlich aussieht.
Doch was ist daran so seltsam?
Hier kann man das Problem recht gut sehen. Desto weiter wir uns von der Propellernabe entfernt befinden, desto schneller bewegt sich der Propeller durch die Luft und erzeugt damit auch mehr Schub.
Alles ganz logisch.
Logisch schon, aber leider auch falsch.
In Wirklichkeit sieht die korrekte Ableitung eines Propellers eher so aus:
Wir haben hier die Cirrus SR 20 und die neue Super Cub von ASDG vor uns. Beide haben die Profile ihrer Propeller von Alan Shafto. Was machen sie besser als die C 172 von Laminar selbst?
Das Problem ist das es am Ende des Propellers zu einem Strömungsabriss kommt. Die laminare Strömung entlang des Propellerblattes bricht zusammen und es kommt zu turbulenten Luftwirbeln. Diese turbulente Strömung verbraucht Energie auch schon bevor das Ende des Propellerblattes erreicht wird. Ein erheblicher Teil der Reibung (rote Kurve), die in den Profilen angegeben ist, kommt in Wirklichkeit nicht durch einfache Reibung, sondern durch solche Wirbel zustande. Laminar hat diese Reibung schlichtweg ignoriert.
Das hat auch bislang keine wesentlichen Auswirkungen gehabt. Im wesentlichen kam es nur auf den Gesamtschub an, den der Propeller erzeugt. Da nun jedoch die Vektoren berechnet werden, hat dieser Fehler deutliche Auswirkungen. Die äußeren Vektoren bringen von Haus aus, das größte Drehmoment mit sich, doch durch diesen Fehler sind diese Vektoren auch besonders lang. Das heißt, die rotierenden Luftmassen drücken das Flugzeug stärker aus der Position als bei einem korrekten Propeller.
Auch bei Betrachtung der Flugprofile der Defaultflugzeuge zeigt sich: Es sind immer noch die alten Flugprofile die in der ersten Version von X-Plane 11.0 enthalten waren und die vermutlich mit der Flugdynamik von X-Plane 10.5 entworfen wurden.
Man kann bei derart groben Fehlern, mit den Default-Flugzeugen einfach nicht beurteilen ob die neuen Berechnungen richtig oder falsch sind.
Glücklicherweise gibt es auch Flugzeuge die nicht diesen Fehler aufweisen:
Es muss noch an sehr vielen Stellen nachgeregelt werden und so mancher Trick weist unerwünschte Nebenwirkungen auf, die es bislang nicht gab. Doch gleichzeitig eröffnen sich neue Möglichkeiten.
Das Verhalten am Boden ist jedoch immer noch ein sehr großes Problem. So ist die Bodenhaftung etwas gesunken, wodurch die Flugzeuge teilweise durch die Kurven schliddern. In einigen Fällen kann es sogar einfacher sein eine 270° Wende nach links auszuführen als eine 90° Wende nach rechts.
Doch dafür ist die Beta auch da: neue Möglichkeiten auszuprobieren. Ben geht sowieso davon aus, dass die X-Plane 11.10 Beta einen neuen Rekord an Testversionen aufstellen wird, weil es für ihn nie einfacher war eine neue Version online zu stellen.
Performance
Die großen Begeisterungsstürme sind bislang ausgeblieben, doch eine Sache soll sich verändert haben:
NVidia Grafikkarten speichern jetzt die Eigenschaftswerte von Materialien im VRAM, dadurch hat der Prozessor weniger zhäufig Daten zu transferieren, zumindest wenn die Grafikkarte noch VRAM und Rechenreserven hat. Doch ein übermäßig großer Sprung wird es auf vielen Systemen nicht sein. Die zusätzlichen Kapazitäten dürften durch noch nicht optimierten Code und das zusätzliche Artwork schon wieder aufgefressen werden.
AutoGen Artworks
Wie angekündigt hat man die AutoGen Gebäude ein wenig erweitert.
Ein großes Ärgernis der neuen Beta ist hier schon deutlich: Wenn die Performance auch nur minimal unter 20 fps sinkt, bekommt man einen String auf den Bildschirm geknallt. Auch wenn die niedrige Geschwindigkeit nur durch die Screenshots entsteht.
Landmarks
X-Plane 11.10 setzt das Landmarks Projekt fort. Dieses Mal ist London an der Reihe.
So sah London noch vor kurzen aus Mit Mitteln der GB Pro und w2xp und der Super Cub.
Und nun wechseln wir auf die Default Szenerie von X-Plane 11.10, mit einer anderen Livery. Damit wir keine Gebäude übersehen fliegen wir mit maximaler Objektanzahl, auch wenn dies in London den Rechner überfordert:
London nutzt zum einen ausgiebig die neu hinzu gekommenen eher europäisch geprägten Hochhäuser, wie auch zahlreiche neue Landmarks, wie die Tower Bridge, Big Ben und das Parlament, das Riesenrad und natürlich die neuen Hochhäuser. Natürlich würde man sich noch viele weitere Gebäude wünschen, wie den Buckingham Palace oder die Westminster Abbey, doch das ist in vielen Grßstädten das Problem. Es geht immer noch ein wenig mehr.
Und so sieht das Ganze in Bewegung aus:
Baron FMOD Update
Die Default Baron ist zwar immer noch das gleiche Flugzeug, aber mit der Umstellung auf FMOD klingt sie vollkommen anders:
Das neue G1000
Und wir haben natürlich noch ein sehr grundlegendes neues System: Das G-1000.
Auch wenn Austin offenbar ursprünglich nur ein System vorschwebte, das wie ein G-1000 aussah hat ihm Philipp Riessler (ehemals Münzel) etwas vollkommen anderes geliefert:
Eine der detailliertesten und schnellsten G-1000 Nachahmungen in einem Simulator überhaupt.
Dieses System spielt im Vergleich zu anderen Versuchen, wie dem Carenado Nachahmungen in einer vollkommen anderen Liga. Dieses System dürfte auch im professionellen Bereich einige Auswirkungen haben, denn es ist so detailliert, das es auch für die Ausbildung geeignet ist.
Für die gesamte Community wird auch eine Rolle spielen, dass es rasend schnell ist.
Ein sehr häufig genannter Fehler ist jedoch kein Fehler: Die elektrisch und Vakuum betriebenen Kompasse müssen beim Start entsprechend dem Magnetkompass eingestellt und von Zeit zu Zeit nachgestellt werden.
Soweit ein erster Überblick. Wir werden in der aktuellen Beta noch mehr als genug Zeit finden, um auf einzelne Punkte im Detail einzugehen.
Also für meinen Geschmack müßte Laminar nun endlich mal Nägel mit Köpfen machen und XP11 auf eine “finale” Version bringen. Das Rumgeiere von update zu update finde ich nicht wirklich prickelnd, besonders, wenn sich dadurch Eigenschaften verschlechtern.
Doch genau das tun sie ja. Es war ja nicht so, dass wir wirklich in einem vernünftigen Zustand waren. Sondern nach Beta 13 bei der ich mich damals ja so aufregte ( http://www.simflight.de/2017/03/09/x-plane-kurznachrichten-66/ ) wurde wirklich der Zustand im wesentlichen festgezurrt. Im Rahmen der damaligen Kompromißlösung ging damals ja auch der Ground Effekt verloren, eben weil auch Austin den Überblick vollkommen verloren hatte.
Der entscheidende Unterschied zwischen damals und heute ist: Austin hat damals im wesentlichen einfach seinen Code erweitert.
In der Zwischenzeit hat er den gesamten Code umgebaut. Damals hatte er Gleichungen für die Propeller und andere Gleichungen für seitliche Komponenten.
Jetzt ist jede Kraft mit einem Richtungsvektor verknüpft. Das erhöht die Übersichtlichkeit deutlich, auf Kosten eines etwas größeren Rechenaufwands.
Und er hat diese neuen Gleichungen auch gleich mit neuen Meßwerten getestet.
Und er hat das Flugprofil auch deutlich aktualisiert und verfeinert. Doch dadurch reagiert es natürlich auch auf viele Schlampereien und Hilfskonstruktionen die bislang üblich waren. Und diese wirken jetzt wie Fehler.
Alan Shafto ist bislang immer noch ziemlich begeistert. Gerade kleine Flugzeuge profitieren von der vollkommen neuen Dynamik von Prop Wash und Torque. Auch andere Flugzeuge können weitaus sauberer abgestimmt werden, als es bislang möglich war. So verlieren die Jets jetzt unter hoher Belastung auch Lift. Bislang ein stetiger Fehler aller großen Flugzeuge. Auch die grafische Darstellung des Flugmodells ist wesentlich informativer als bisher.
Daher plant er eine grundsätzliche Überarbeitung aller seiner Flugzeuge.
Wobei ich mir nicht sicher bin in welcher Richtung er sich verplappert hat: Er sprach von der vFlyteAir TwinComanche. Das hat er entweder mit der Arrow durcheinander gebracht, oder er hat einen weiteren Auftrag.
Doch wenn man bislang unsauber gearbeitet hat oder sehr stark optimiert hat, darf man jetzt fasst von vorne anfangen um das eigene Flugmodell wieder auf Vordermann zu bringen.
Nur was soll man machen, wenn das neue Flugmodell intern besser ist?
Vielen Dank für die Zustandsbeschreibung. Das war sehr informativ.
Vor allem die Information zum Flugverhalten. Ich hätte nicht gedacht, dass Laminar so etwas übersieht. Wo sie doch so stolz auf ihr Flugmodell sind.
Gibt es dazu schon ein Bugreport?
Äh, da wurde nichts übersehen, sondern das neue Flugmodell arbeitet schlichtweg anders als es die bisherigen Modelle erwarteten.
Es war ja nicht so, dass wir von einem sauberen Flugmodell in ein Chaos wanderten, sondern wir kommen von einem ziemlich überlasteten Flugmodell, das am Ende der X-Plane 11.0 Betas entstand und das in der Panik auch Dinge wie den Ground Effekt verlernte, zu einem in sich weitaus besseren und umfangreicheren Flugmodell. Es ist noch lange nicht im inneren austariert aber es berücksichtigt Effekte, die kannte der Vorgänger noch nicht einmal.
Nur kommt man auf keinen grünen Zweig wenn man von den momentanen Default Flugzeugen ausgeht.
Es ist aber schon irgendwie komisch das Flugmodell anzupassen aber nicht die Default-Flugzeuge entsprechend zu ändern, oder? Womit haben Laminar dann das neue Flugmodell getestet?
Mit Testdaten. Es ist viel zu ungenau und unpraktisch laufend das Flugmodell anpassen zu wollen, wenn man die Gleichungen umstellt.
Vor allem wird man viel zu betriebsblind.
Für einen Laien mag das irritierend wirken, doch ich habe auch über Jahre Bilddaten auf Solaris Systemen gedebugt, ohne dass ich die Bilder sehen konnte.
Wirklich interessant wird es immer erst, wenn man auf Modellle stösst die nicht auf das Flugmodell hin entworfen wurden.
So dürfte für Austin genau das Feedback von Leuten wie Alan Shafto weit mehr wert sein, als dutzende von anderen Urteilen.
Auch Alan geht inzwischgen davon aus, dass man mit dem neuen Modell bis auf wenige Prozent an das reale Vorbild heran kommt.
Fluid Dynamik wäre zwar genauer aber auch weit langsamer.
Hallo Patrick,
weder bei X-Plane, noch bei Prepar3D, FlightSimWorld oder Aerofly gibt es heutzutage “finale” Versionen. Auch für P3D v4 wurde jetzt wenige Monate nach dem Start die Version 4.1 veröffentlicht. Und der Updateprozess ist da lange nicht so komfortabel wie bei X-Plane.
X-Plane und die anderen Flugsimulatoren werden ständig weiter entwickelt und mit Updates verbessert. Wenn X-Plane 11 “fertig” ist, wird bald X-Plane 12 kommen und dann geht es wieder von vorne los. Im Prinzip kann man ja die erste finale Releaseversion von X-Plane 11 bis zur ersten finalen Releaseversion von X-Plane 12 nutzen und bekommt eben erst dann alle Verbesserungen der 11er Version mit. Die Updates, die gerade bei X-Plane immer eine Menge Verbesserungen und viel Neues bringen, müssen ja nicht installiert werden (was m. E. für den Anwender aber Schade wäre). Auch die Beta-Phasen muss und sollte kein Anwender mitmachen, wenn er nicht LR bei der Entwicklung mit seinen Rückmeldungen zu Fehlern unterstützen will. Da sollte man besser bis zur nächsten finalen Releaseversion warten. In Beta-Phasen kann es immer zu Problemen kommen – um diese zu erkennen und zu beheben sind sie ja da.
Mir ist ein “lebender” Entwicklungsprozess wie bei X-Plane viel lieber, als wenn ich jahrelang auf Verbesserungen warten müsste. Aber da hat halt jeder seine eigenen Vorstellungen und Erwartungen.
Ein lebender Entwicklungsprozess ist durchaus gut und richtig. Da bin ich mir Dir auf einer Linie. Die Frage ist nur, ob man innerhalb z.B. XP11 die Version 01,02, 02a, 02b, 03, 04 a, 04b, 04c, 04d…..bringen muss, oder ob man nicht lieber zwischen XP11 und XP12 lediglich z.B. 3 vollwertige Updates (ohne Verschlechterungen) bringt. Das würden auch die Addon-Hersteller vermutlich eher begrüßen.
Ja, die Anzahl der Releases ist sicher etwas höher als bei anderen Flugsimulatoren. Aber wenn man nur die wirklichen Releaseversionen nimmt über die gesamte Lebensdauer des X-Plane nimmt, waren das bei X-Plane 10 gar nicht so viele (die genaue Anzahl bekomme ich gerade nicht mehr zusammen) und ähnlich wird es wohl auch beim 11er werden. Die Beta-Versionen würde ich da mal außen vor lassen, da diese ja wirklich nur zum Testen da sind.
“Das würden auch die Addon-Hersteller vermutlich eher begrüßen.”
Da hätte ich Dir früher unbedingt zugestimmt. Aber weil z.B. Änderungen bei der Physik im MSFS eine wesentlich komplexere Angelegenheit sind.
“Das Rumgeiere von update zu update finde ich nicht wirklich prickelnd”
Wenn man fair ist: FSX war nie wirklich fertig, wir waren über zehn Jahre mit einer sehr fehlerhaften Betaversion (un-)glücklich.
” XP11 die Version 01,02, 02a, 02b, 03, 04 a, 04b, 04c, 04d”
Ist schon interessant, obwohl Nutzer und Entwickler eindringlich vor dem Installieren einer Beta oder dem Anpassen der Add-ons “gewarnt” werden,…
Auf der anderen Seite beklagen wir Entwickler bei der Konkurrenz aus England, dass man uns nicht mit Vorabversionen versorgt. Und ohne öffentliche Betas schließt man die Community zum Großen Teil von der Entwicklung der Software aus.
Ich finde es cool, dass X-Plane immer mit Updates versorgt wird. Worauf ich mich richtig freue, sind die Landmarks und das AutoGen für Europa.
Keine Ahnung ob das stimmt, aber hat Laminar extra für die Landmarks einen neuen Mitarbeiter eingestellt?
Das hat mal jemand bei FlightX.net erzählt.
Also wenn ich mich nicht irre war die Reihenfolge anders herum. Man hat einen Mitarbeiter des Art Departments für Landmarks abgestellt, aber wenn ich mich nicht irre ist er dafür nicht extra eingesetllt worden, sondern er hat schon für Laminar gearbeitet und man hat seine Aufgabe geändert.