A2A setzt seinen Weg der beeindruckenden Simulation von Maschinen der allgemeinen Luftfahrt konsequent fort. Ob die Unterschiede zwischen der Piper Comanche und der bereits vorhandenen Cherokee größer sind als zwischen den beiden Cessna-Fliegern erfahrt ihr unter
Die Veröffentlichung der A2A Cessna 172 im Herbst 2013 war ein Meilenstein für die Simulation von General Aviation Flugzeugen. Strategisch war es eine geniale Idee, die schon bekannte Accu-Sim-Technologie (also eine deutliche, auf physikalischen Effekten basierende Erhöhung der Simulationstiefe in Bezug auf Aerodynamik und Physik der Verbrennungskraftmaschine) zu kombinieren mit den Flugzeugen, die für uns PC-Piloten greifbarer sind. Zunächst wurde mit Accu-Sim nämlich die Simulation von Kampfflugzeugen aus dem zweiten Weltkrieg und Ableitungen verbessert, und diese Flugzeuge (abgesehen vielleicht von der Piper Cub) sind für uns natürlich unerreichbar. Mit einer Piper Cherokee oder Cessna 172 sind aber sicher die meisten von uns schon mitgeflogen, und hatten möglicherweise auch schon vorne rechts die Hände am Steuerhorn gehabt. Und dieses Erlebnis verkauft uns A2A nun für zuhause – auf eine überaus detaillierte Art und Weise.
Solltet ihr mit den genannten Maschinen übrigens noch nicht vertraut sein, bieten sich die Reviews zur Cessna 172 (von Sascha Heber) und zur Piper Cherokee (von Stefan Benzinger) als Einführung an – das Konzept von A2A (Accu-Sim, Preflight) wird in beiden Reviews ausführlich behandelt.
Nach dem Einschlag der 172 kam die Cherokee als grundlegend anderes Flugzeugkonzept heraus, aber schon die darauf folgende Cessna 182 provozierte Fragen, was denn daran jetzt neu sein soll. Das Cockpit ist war sehr ähnlich, der Motor ein wenig „dicker“ und es gab nun einen Verstellpropeller. Wirklich weit voneinander entfernt sind die 172 und 182 aus der Sicht des Laien auch nicht.
Das ist jetzt anders: das Cockpit der Comanche unterscheidet sich deutlich vom Cockpit der Cherokee. Sie ist größer, hat ein Einziehfahrwerk und ist damit auch deutlich schneller als die Cherokee. Sie fühlt sich damit für den Simulatorflieger auch ganz anders an. Und sie bringt noch ein paar Verfeinerungen bei der Simulationstiefe mit: beispielsweise gibt es nun zur Drehzahl passende Motorvibrationen, und da A2A über genau dieses Flugzeug verfügt, ist davon auszugehen, dass ein großer Aufwand in die Validierung der Simulation gesteckt werden konnte.
Doch der Reihe nach:
Features, Preise, Installation und Lieferumfang
Im direkten Vergleich zur A2A Cherokee fallen nicht besonders viele neue Features auf. Das Bemerkenswerteste ist sicherlich die sogenannte „Aircraft DNA“, mit der die Schwingungen des Motors und des gesamten Flugzeugs nachgebildet werden sollen. Ansonsten wird vor allem auf die Eleganz und Dynamik der Comanche hingewiesen, und die Merkmale der A2A-Accu-Sim-Flugzeuge sind natürlich alle vorhanden.
Beibehalten wurde auch das Lizenzmodell: Die Preise liegen im simMarket zwischen knapp 53 € und knapp 85 € (P3D Professional), es gibt verschiedene Bundles zwischen knapp 74 und 105 €. Das entspricht ziemlich genau den Preisen, die im A2A Webshop fällig werden, plus der deutschen Mehrwertsteuer. Die Preissteigerungen im Vergleich zu den anderen A2A-Flugzeugen erklären sich daher durch den gestiegenen Dollarkurs im Vergleich zum Euro (wobei die simMarket-Preise von Cherokee, Cessna 172 und 182 offensichtlich nicht an den Dollarkurs angepasst werden, sonst wären sie auch schon höher). Abgesehen davon, dass die P3D-Version ein natives P3D-Flugzeug ist, gibt es keine erkennbaren Unterschiede.
Wie bei A2A üblich ist keine Online-Aktivierung erforderlich, wohl wird aber ein passiver „Fingerabdruck“ bei der Installation generiert.
Das sehr ausführliche Handbuch ist bereits ohne Kauf einsehbar. Es ist wie immer bei A2A schön geschrieben. Diesmal hat mich vor allem die Entstehungsgeschichte fasziniert: A2A skizziert hier zunächst sehr ausführlich die Entstehung der Beechcraft Bonanza, um dann zu beschreiben, wie deren Nachteile von den Comanche-Entwicklern aufgegriffen und ausgemerzt wurden. Es macht Spaß diesen Teil zu lesen!
Schade ist, dass es keine kurze Einführungen in die Avionik, besonders des Autopiloten, gibt. Wie gehabt, wird dazu auf die technische original Dokumentation verwiesen. Löblich ist, dass diese Teilsysteme ebenfalls sehr präzise simuliert sind, aber eine kurze Einführung wäre wohl nicht zu viel verlangt. Die Links im Flugzeug-Manual haben für mich nicht funktioniert, deshalb hier die Links zum Autopiloten, COM/NAV/DME und ADF.
Was wird simuliert?
Simuliert wird die Piper PA-24 Comanche mit 250 PS-Motor.
Die im Jahre 1956 zum Erstflug gestartete Comanche ist ein Tiefdecker mit Einziehfahrwerk und Verstellpropeller, sowie ausreichend Platz für 4 Personen. Es gibt einen Autopiloten, der sich in der Handhabung deutlich von den Autopiloten der anderen Flugzeuge unterscheidet. Darüber hinaus werden die üblichen VOR-, ADF-Empfänger und Funkgeräte simuliert. Die seit einiger Zeit bei A2A standardmäßig vorhandene Integration der Third-Party-GPS-Addons oder des FSX-Default-GPS ist über den Konfigurator möglich.
Der simulierte Antrieb ist ein Lycoming O540. Die Kraft wird über zwei verschiedene Propeller (McCauley und MT Propeller), die beide mit konstanter Geschwindigkeit laufen, auf die Umgebungsluft übertragen. Im simulierten Hangar warten darüber hinaus noch diverse Modifikationen auf den virtuellen Einbau.
Inbetriebnahme und Flug
Das Layout des Cockpits ist gänzlich anders als das der Cherokee. Vor dem Piloten warten die sechs primären Instrumente der Flugführung – Geschwindigkeit, künstlicher Horizont, Höhenmesser, darunter Wendezeiger, HSI und Variometer –. Auf der Kopilotenseite finden sich die Motorinstrumente: „manifold pressure“, also der (negative) Druck im Saugrohr, der Drehzahl- und Treibstoffflussmesser, mittig unter den Instrumenten die zusätzlichen Motorinstrumente.
Eingerahmt wird das Instrumentenbrett auf beiden Seiten von den Avionik-Stacks. Die Bedienung des Autopilots ist in den Wendezeiger integriert, und es gibt unter allem noch den Fahrwerksschalter (ja kein Hebel) und die entsprechenden Kontrolleuchten. Wie auch in der PMDG 737 gibt es die Stellung „off“, mit der der Antrieb des Fahrwerks ausgeschaltet wird, und beim Steuern des Fahrwerks mit der Taste „g“ wird diese Position auch geschaltet. Das bedeutet: nach dem Start wird das Fahrwerk mit einem Tastendruck eingefahren, und mit einem zweiten Tastendruck dann ausgeschaltet. Erst bei einem dritten Druck auf „g“ wird es auch wieder ausgefahren. Vorsicht also bei den ersten Landeversuchen – ist das Fahrwerk auch wirklich draußen?
Die Comanche zählt mit ihrem Einziehfahrwerk und dem Verstellpropeller übrigens als „complex aircraft“ und eignet sich damit für die Ausbildung von Piloten, die von der Privatpilotenlizenz zum Commercial Pilot aufsteigen wollen. In der Tat ist das Hantieren mit den Kontrollen durchaus komplexer, als das Bedienen einer einfachen C172 oder Cherokee – das werden wir gleich nach dem Start sehen (eine schöne Einführung zum Fliegen mit Verstellpropeller gibt es hier, und eine lesenswerte Erklärung der Basics des “manifold pressure” hier). Vor dem Start kommt aber der bei A2A übliche Preflight Check. Hier ein paar Bilder.
Wichtig übrigens, bevor man überhastet losfliegt: nach stehendem Motor ist der HSI nicht immer korrekt ausgerichtet. Es lohnt sich, die HSI-Anzeige mit dem Magnetkompass zu kontrollieren.
Der Motorstart gelingt mit Primen nach Checkliste relativ gut, und das Rollen zum Start ist auch einfach (im Gegensatz etwa zum sperrigen Verhalten der A2A C172). Je nach Höhe des Flugplatzes ist es übrigens beim Start durchaus wichtig, den Motor abzumagern. In Orbx’ Jackson Hole auf etwa 6000 Fuß läuft der Motor sonst alles andere als rund. Ansonsten ist eine voll fette Motoreinstellung aber OK, und auch der Propeller sollte auf maximaler Drehzahl stehen.
Nach dem Start wird es dann komplex: die richtige Einstellung für den Steigflug ist eine Reduktion der Drehzahl auf 2400 1/min, und anschließend ein Sagrohrdruck von 24 in Hg (zum Vergleich: bei voll offener Drosselklappe würde beim Saugmotor der Saugrohrdruck auf 29 in Hg stehen, also Umgebungsluftdruck). Die korrekte Einstellung des Motorbetriebspunkts während eines manuell gesteuerten Abflugs mit leichtem Rollmoment im virtuellen Cockpit ist übrigens nicht ganz einfach – und der Autopilot unterstützt dabei auch nicht: er kann in der Nickachse nur die Höhe halten (in der Rollachse zusätzlich die Flügel geradehalten, einem Kurs folgen, und VOR oder Localizer abfliegen).
Auf Reiseflughöhe bietet es sich dann an, die Motordrehzahl auf 2000 1/min zu senken (ihr fahrt ja auf der Autobahn auch nicht im dritten Gang spazieren). Jetzt noch passend abgemagert, und die 160 mph Maximalgeschwindigkeit (etwa 140 Knoten) werden schnell erreicht.
Der simulierte Antrieb ist ein Lycoming O-540, ein Sechszylinder-Boxer-Saugmotor mit knapp 9 Litern Hubraum. Der Boxer hat relativ geringe freie Massenkräfte. Dass es doch welche gibt, sieht man an den simulierten Schwingungen im Cockpit. Hier kommt der Werbebegriff „Aircraft DNA“ ins Spiel, vermutlich ist das eine mathematische Beschreibung des Übertragungsverhaltens von Drehzahl zu Vibration – einfach gesagt: eine Beschreibung, wie groß die Schwingungsamplituden bei einer gegebenen Drehzahl sind. Mehr lässt sich im exzellenten Handbuch dazu leider nicht finden.
Innen und außen
Das Außenmodell ist gut gelungen, die Maschine wirkt tatsächlich sehr elegant und ist präzise modelliert.
Innen ist die Piper auf einem hohen technischen Stand: die Texturen sind hoch aufgelöst, die Instrumente toll animiert, und besonders schön sind die Lichtspiele auf den Metallblenden im Cockpit, wenn man Prepar3D nutzt.
Aber auch im FSX mit dem DX10-Fixer wirken die Schatten nicht schlecht.
Nachts lässt sich die Hintergrundbeleuchtung der Instrumente über einen kleinen Drehschalter stufenlos regeln, und zusätzlich noch rotes Dämmerlicht und / oder weißes Flutlicht (beide am Dach) zuschalten.
Performance
Kurz gesagt: die Performance der A2A Comanche ist in etwa auf einem Level mit den anderen Maschinen von A2A. Rundflüge über performancehungrigen Gegenden klappen, aber je nach Einstellungen manchmal nicht so gut. Der Prepar3D ist dabei bei der Performance im Vorteil, aber über San Francisco warten dann auch wieder die berüchtigten Out-of-Memory-Error.
Fazit
A2A hat wieder ein richtig gutes Flugzeug abgeliefert – etwas schneller als die anderen GA-Maschinen, wegen des Verstellpropellers und des Einziehfahrwerks etwas komplexer zu fliegen, aber dennoch gut geeignet für kleine Feierabendflüge. Man kann die Maschine darüber hinaus sicher auch nach den mitgelieferten Tabellen über “Langstrecken” fliegen. Und ja, die Comanche fühlt sich völlig anders an als die Cherokee – deren Besitzer können also auch über die Anschaffung nachdenken.
Ein Hindernis könnte der ob des Dollarkurses gestiegene Preis sein; allerdings ist die Comanche ihr Geld wert. Wer vor der Entscheidung steht, den Flieger für FSX oder P3D zu nehmen: definitiv Prepar3D, denn die optischen Effekte lassen sich wirklich sehen.
Informationen
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Patrick Seiniger
Wie so oft kann man nur Danke sagen, auch am heutigen Sonntag mal wieder zwei Topbeiträge (das Interview und jetzt auch noch die A2A Review) auf eurer Seite.
In diesem Sinne einen schönen Sonntagabend euch allen noch!
Herzlichen Dank für diesen Comanche-Test.
Den Einwand, dass die Autopilot/Avionik-Anleitungen nur als (tlw. inkorrekte) Links zur Verfügung stehen, finde ich absolut berechtigt. Ist einfach lästig, dass man mehr als EIN Handbuch benötigt. Doch möglicherweise stehen da urheberrechtliche Dinge einer Integration ins Handbuch entgegen?
Den weiteren Kritikpunkt “Hoher Preis” kann ich aber nicht ohne weiteres bestätigen:
Keinen anderen Flieger hab ich jemals mehr benutzt als meine geliebte A2A Cherokee – auf die Flugstunde berechnet also eher preiswert:-)
Und mit der Comanche wirds mir kaum anders ergehen…
Wenn die Simulation nahezu zu 100% dem Originalprodukt ähnelt, wieso sollte man das Rad erneut erfinden wollen? Doppelte Arbeit für ein und denselben Zweck: das Produkt beschreiben.
Eine kleine Anmerkung zum abmagern: Man magert auch am Boden ab. Zum einen um das Verschmieren der Zündkerzen zu vermeiden zum anderen aber auch aus Kostengründen. Das sind hundealte Amimotoren vergleichbar mit BigBlocks… die schlucken am Sprit da entsteht ein Strudel im Tank. 😀 Und im Gegensatz zur kommerziellen Fliegerei zahlt man zumindest in Deutschland den vollen Spritpreis. Da will man nur so fett fliegen, wie kühlungstechnisch unbedingt notwendig.