Auf was hatte sich unser Rezensent Günter Brinkhoff da bloß eingelassen? Ein Review zu einem Großraumflugzeug zu schreiben, das kaum einer kennt, geschweige denn an den meisten internationalen Flughäfen, bis zum heutigen Tag, überhaupt nicht gesichtet wurde.
Schließlich hat die neueste Kreation von Airbus Industrie erst Ende letzten Jahres ihren offiziellen Dienst bei Quatar Airways angetreten. Bereits Anfang Dezember letzten Jahres wurde von Flight Factor das Modell für den X-PLANE 10 Simulator zur Verfügung gestellt. Dies konnte, für eine glaubwürdige Systemsimulation, eigentlich nichts Gutes bedeuten, weil ja kaum technische bzw. reale Daten vorlagen, die von den Entwicklern der Systemsimulation herangezogen werden konnten. So lautete die pessimistische gleichfalls vorläufige Einschätzung unseres Rezensenten, der selber Mühe hatte an valide Daten zu gelangen. Zu welcher endgültigen Einschätzung unsere Rezensent nun aber – nach langer, mühevoller Recherchearbeit und vielen Testflügen – gekommen ist, dass kann der interessierte Simmer hier jetzt erfahren.
Vorbemerkung
Flight Factor hat sich bereits mit der Boeing 777 und der Boeing 757 einen Namen gemacht, die beide für den X-PLANE Simulator entwickelt wurden. Die Flugeigenschaften wurden von Piloten, bei beiden Flugzeugen, für recht gut befunden. Deshalb wurde allgemein erwartet, dass Flight Factor sich nun weitere Boeing Typen vornehmen würde, zum Beispiel eine Boeing 737-300 OG. Aber es kam dann doch anders und Flight Factor wechselte von Boeing zu Airbus. Dazu ging Flight Factor eine Kooperation mit Thomas Liesk ein, der gleichfalls für das Unternehmen QualityPart AviationCenter (QPAC) tätig ist, ein Unternehmen der Luftfahrindustrie, das unter anderem fortschrittliche Flugzeug- und Antriebskonzepte entwickelt.
An der Programmierung der X-PLANE Simulationsprodukte, Airbus A320-232 und der A380 von Peter Hager war er bereits beteiligt. Er programmierte für beide Busse die Autopilotfunktionen und das Fly-by-Wire System. Auch beim Airbus A350 XWB von Flight Factor hat er diese Systemfunktionen implementiert. Wir werden im Testflug sehen, wie realitätsnah es ihm diesmal gelungen ist.
An dieser Stelle ein Hinweis meinerseits: Aus Vereinfachungsgründen beschreibe ich in diesem Review einen “idealisierten” Testflug, einen sogenannten Werkstattflug, von Toulouse-Blagnac nach Hamburg-Finkenwerder. Während der Testphase hat dieser Flug, in dieser Form, aber niemals stattgefunden. Diese Darstellungsform hat jedoch den Vorteil, dass die Möglichkeiten, die das Flugzeug dem Simmer bietet, besser in einem Zusammenhang realer Abläufe betrachtet werden können. Tatsächlich lässt sich das Potential der simulierten Airbus Maschine aber nur auf vielen Flügen entdecken. Man hat eben keinen Instruktor an Board und befindet sich auch nicht in einer Schulungsmaßnahme, um die Musterberechtigung (Type Rating) für die A350 XWB zu erwerben. Der Arbeits- und Zeitaufwand, sich in die Systemsimulation der A350 XWB einzuarbeiten, ist einfach nur enorm. Diese lässt sich nicht mit einem Flug erschließen. Erschwert wurde die Testphase dadurch, dass mir zu Beginn des Reviews(!) nur wenige technische Informationen zur Verfügung standen, um das Produkt beurteilen zu können, dies unabhängig von den Informationen die Flight Factor zur Verfügung stellt.
Die von Flight Factor simulierte A350 XWB ist schon jetzt dermaßen anspruchsvoll angelegt, dass bereits hier die Frage aufgeworfen werden muss: Für wen ist dieses Produkt eigentlich entwickelt worden? Diese Frage möchte ich im weiteren Verlauf zunächst vom Entwickler des Produkts selbst beantworten lassen, bevor ich mir am Ende des Reviews eine Kommentierung zur Einschätzung des Entwicklers erlaube. Verzeihen möge man mir deshalb auch, dass dieses Review “etwas” länger geworden ist, als dies allgemein für ein Review dieser Art üblich ist. Aber es gibt viel zu berichten! Vielleicht kann ich den interessierten Simmer davon überzeugen, dass dieses Add On es wirklich verdient hat ausführlich rezensiert zu werden.
A350 XWB – Begründung einer neuen Flugzeugfamilie
Die Entstehungsgeschichte des A350 gleicht einer Achterbahn, ein ständiges Auf und Ab bei den Entwürfen, mit der vagen Hoffnung eines Tages doch noch den richtigen Entwurf zu finden, um das Flugzeug kommerziell erfolgreich werden zu lassen. Ursprünglich hatten sich im Jahr 2004 die Airbus-Strategen überlegt, auch als Antwort auf den 787 Dreamliner von Boeing, die A330 etwas zu modernisieren und diese modernisierte Version, mit der Bezeichnung A350, den Fluggesellschaften anzubieten. Die Modernisierung bestand im Wesentlichen darin leistungsstärkere Triebwerke und eine verbesserte Avionik einzubauen. Der Rumpfdurchmesser basierte dagegen noch auf der A300 Zelle, die in den 70er Jahren entwickelt wurde, und lag bei 5,64 m. Dieser sollte für die neuen Flugzeugmuster der A350er Reihe übernommen werden.
Der Dreamliner 787 wies zu diesem Zeitpunkt bereits einen Rumpfdurchmesser von 5,74 m auf. Das Cockpit Design und viele Systeme entsprachen dabei vor allem den vorangegangenen A330 Modellen. Ein Cockpit Design, wie es zu diesem Zeitpunkt bereits die A380 aufwies, war ursprünglich für die A350 nicht vorgesehen. Außerdem unterschied sich die Materialzusammensetzung der projektierten A350 gegenüber der A330 nur um 10%, nach Auffassung von Experten zu wenig, um das Flugzeug vor allem leichter, wartungsfreundlicher, leiser und für die Passagiere komfortabler zu machen. Bei einigen Fluggesellschaften setzte sich deshalb allmählich die Vorstellung durch, dass Airbus mit dem ursprünglich geplantem Modellangebot den Fluggesellschaften, sagen wir es ruhig etwas salopp „Alten Wein in neuen Schläuchen“ anbieten wollte. Nun muss man sehen, dass bereits in dieser Zeit Airbus, wegen der Entwicklung der A380, die Kosten davon liefen, die den Konzern in eine existentielle Krise zu stürzen drohten. Da wollte man sich noch ein weiteres Projekt ans Bein binden, dessen Kosten eventuell ebenfalls aus dem Ruder laufen würden. Dennoch, irgendwie gelang es den Fluggesellschaften Airbus davon zu überzeugen eine vollkommen neue Flugzeugfamilie zu entwickeln. Diese Modellpallette sollte in allen Belangen dem Dreamliner 787 und der neu aufgelegten Boeing 777-300ER, die bei Boeing bereits in der Planung stand, konkurrenzfähig sein. Auch ein plausibles Nachfolgemodell für die A340, deren Produktion 2011 auslief, sollte mit der neuen Flugzeugfamilie den Fluggesellschaften offeriert werden. Nach langem hin und her entschied sich Airbus 2006 den Wünschen der Fluggesellschaften nachzukommen und verwarf das ursprüngliche Konzept.
Natürlich mussten vor allem die Finanzierungskosten geklärt werden. Aufgrund der “ewigen” Streitereien, zwischen der EU und den USA, vor der Welthandelsorganisation (WTO), um verdeckte staatliche Subventionen für die jeweiligen nationalen Luftfahrthersteller, erwiesen sich diese als “etwas” kompliziert.
So wurde die A350 XWB Familie geboren, die sowohl für den Mittel- als auch für den Langstreckenbereich konzipiert wurde. Das Kürzel XWB unterstreicht noch einmal den vollkommen überarbeiteten Erstentwurf und steht nun für eXtra-Wide-Body (erweiterte Rumpfbreite). Statt der ursprünglich geplanten Rumpfbreite von 5,64 m sind es 5,96 m geworden. Den Fluggesellschaften ermöglicht diese Dimension, je nach Flugtrecke, eine größere Flexibilität bei der Bestuhlung der Passagierkabine. Zudem steht den Passagieren eine größere Kopfhöhe und sogenannte Panoramafenster in der Kabine zur Verfügung. Es ist daher auch wenig erstaunlich, dass die A350 XWB Familie konstruktionsbedingt, wie der Dreamliner, eine ovale Rumpfform aufweist, der diesen Komfort erst möglich gemacht hat.
Selbst im X-PLANE Simulator ist eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den beiden Flugzeugtypen, vor allem im Bereich der Rumpfsektionen, gut zu erkennen. Oben die A350 XWB der Fluggesellschaft Delta Airlines am Frankfurter Flughafen „fotografiert“. Unten die Dreamliner 787 (die von Aerosoft vertrieben wird), ebenfalls von Delta Airlines, aus gleicher Perspektive aufgenommen. So gesehen könnte man behaupten die A350 – 900 XWB sei das Konkurrenzmodell zum Dreamliner 787, was sie definitiv aber nur bedingt ist. Die 787 ist wesentlich kleiner und wiegt auch weniger als die A350 (siehe tabellarische Übersicht).
Der Download – was geliefert wird
Das Add On kann sich der interessierte Simmer aus dem Store der Webseite x-plane.org herunterladen, nach dem er zuvor 45,00 € entrichtet hat. Nach Onlineaktivierung und Validierung bekommt er das Flugzeug in 9 Bemalungen. Zu diesem Basispaket kann der Käufer weitere Bemalungspakete für ca. 9 € erwerben. Zudem erhält der Käufer einen in Java geschriebenen Converter, mit dem sich PDF Karten von Jeppesen, aber auch anderer Hersteller, in Bitmaps umwandeln lassen. Karten werden bereits für die Flughäfen Brüssel (EBBR) und Frankfurt am Main (EDDF) zur Verfügung gestellt. Liegen diese Karten erst einmal als Bitmaps vor, dann können diese, auf dem Bildschirm des Onboard Information Systems (OIS), im Cockpit der A350 XWB zur Anzeige gebracht werden.
Dem Paket ist ein umfangreiches 218 seitiges PDF Benutzerhandbuch beigelegt, das sich A350 Briefing nennt, und in dem der interessierte Simmer detaillierte Beschreibungen zu den Flugzeugsystemen der A350-900 XWB findet. Das Dokument ist in Englisch verfasst. Die Erläuterungen werden durch sinnvolle und anschauliche farbige Abbildungen unterstützt. Sonstige Softwareprodukte zum Add On, wie z.B. einen externen Treibstoff- und Beladungsplaner, gibt es nicht. Dies ist aber auch nicht notwendig, weil dieser im Onboard Information System aufgerufen werden kann, was nicht unrealistisch ist. Ein Paintkit zur A350 XWB muss sich der Simmer separat herunterladen, wenn er denn eigene Bemalungen erstellen möchte. Auch enthält das Dokument keine ausdruckbaren Checklisten. Die Checklisten lassen sich aber, wie in der Realität auch, im Cockpit der A350 XWB auf dem Multi-Funktions-Display (MFD) anzeigen und dort gezielt abarbeiten. Simmer, die noch ein Begleitdokument zum Add On durchlesen, was ich hier übrigens dringend empfehle, werden im Dokument auf einige Ungereimtheiten stoßen. So werden Abbildungen von Fluginstrumenten gezeigt, die mit denen im simulierten Cockpit nicht ganz übereinstimmen. Dies betrifft z. B. die sogenannte „Keyboard and Cursor Control“ Einheit (KCCU). Der in der Realität existierende Trackball, der in der KCCU fest integriert ist und dessen Funktion im Benutzerhandbuch erläutert wird, existiert im Cockpit der A350 XWB Simulation nicht.
Hoffen kann ich auch nur, dass der entwickelte bzw. implementierte Algorithmus (festgelegte Programmanweisungen, die im Programmcode festgelegt sind) die Systemcharakteristik einer A350 XWB und nicht die einer Boeing 757 wiedergibt. Denn am Ende des Benutzerhandbuches steht im Copyright Text, dass der Algorithmus der Boeing 757 implementiert wurde. Das kann aber nicht ernst gemeint sein! Trotz dieser, doch eher geringen Schludrigkeiten, ist das Benutzerhandbuch sehr informativ und sollte unbedingt vom Simmer durchgearbeitet werden, vor allem wenn er sich ernsthaft mit der Systemsimulation auseinandersetzen will. Niveau ist auf jeden Fall garantiert.
Eine gute und durchdachte Belegung der Knöpfe am Yoke, Sidestick und Tastatur ist zudem zwingend erforderlich, um die einzelnen Systeme schnell erreichen und bedienen zu können, vor allem, wenn es mal etwas stressig im Cockpit werden sollte. Dann ist es äußerst mühsam den Blickwinkel zu drehen, um zum entsprechenden Steuerelement im Cockpit zu gelangen. Die Entwickler geben einige Hinweise, wie ein effizienter Zugriff auf die Steuerelemente, in den diversen Panelausschnitten, realisiert werden kann. Schließlich können über 200 Steuerelemente(!), wie Drehknöpfe, Regler, Kippschalter, Hebel und Tasten bedient werden. Dazu gehören auch solche Steuerelemente, die jeder Computernutzer aus dialogbasierten Rechnersystemen kennt. Options- und Inputfelder, Auswahlmenüs und Registerkarten müssen ausgewählt, Eingaben getätigten werden, um die notwendigen Einstellungen an den Flugsystemen vornehmen zu können. Folgt man diesen Hinweisen nicht, dann ist eine realistische Führung und Kontrolle der Systeme des Flugzeuges sehr schwierig. Man darf sich dann aber auch nicht beklagen, weil das Handling der Cockpitsysteme angeblich so umständlich umgesetzt ist.
Kategorisierung der Software
Flight Factor unterteilt hauseigene Softwareprodukte in drei Kategorien: Ultra -, Professional – und Advanced Produkte. Selbst wenn es die A350 XWB in der Ultra Kategorie geben sollte, die Software wäre für den normalen Stubensimmer unbezahlbar. In einem solchen Produkt wären alle Abhängigkeiten, nicht nur zwischen den elektronischen Systemen, sondern auch zwischen Softwaresystemen (bis auf Prozessorebene) implementiert. Auch die elektronischen Antwortzeiten und das Antwortverhalten aller elektronischen Komponenten, einschließlich ihrer wechselseitigen Abhängigkeiten untereinander, wären simuliert und realistisch wiedergegeben. Es versteht sich von selbst, dass Softwareprodukte dieser Kategorie nur auf professionellen Verfahrenstrainern eingesetzt werden können. Diese werden von den großen Fluggesellschaften bzw. internationalen Flugschulen für die Pilotenausbildung betrieben.
Die Professional Kategorie richtet sich dagegen an erfahrene Simmer und reale Piloten. In den Modellen dieser Kategorie sollen weitgehend alle Flugzeugsysteme implementiert sein, so dass diese ein großes Spektrum an Interaktion mit den Systemen des Flugzeugs bieten, dies vor dem Hintergrund der aktuellen Systemausstattung der Flugzeuge in der Realität. In diese Kategorie müssten dann auch solche Systeme, wie das Taxi Camara System, dass Runway Awareness and Advisory System (RAAS), das von Airbus entwickelte Runway Overrun Prevention System (ROPS) oder das Brake to Vacate System (BTV) fallen. All diese Systeme sind in der realen A350 XWB verbaut bzw. können auf Kundenwunsch verbaut werden. Dazu gesellen sich Hunderte von Fehlern, Emergency Prozeduren und eine vollständige Navigationsdatenbank, mit einem voll funktionsfähigen Flight Management System (FMS), welches z.B. SID und STAR Funktionen unterstützt. Diese Modelle erfordern Geduld und Wissen von den Benutzern. Dieser Produktkategorie sind die hauseigenen Produkte Boeing 757 und Boeing 777 zugeordnet, die offiziell von Boeing lizensiert wurden.
An den Anfänger, aber auch an den erfahrenen Simmer, richtet sich laut Flight Factor die Advanced Kategorie. Die nun veröffentlichte A350 XWB gehört dieser Produktkategorie an. Hier werden viele Systeme nicht simuliert (s.o.). In dieser Kategorie sind zudem Notfallmaßnahmen, Ausfälle und das komplexe Zusammenwirken der Flugsysteme an vielen Stellen nur rudimentär oder gar nicht implementiert. Für eine realitätsnahe Flugdurchführung sind insbesondere viele neuartige Systeme aber auch gar nicht notwendig. Dennoch darf man auch für diese Kategorie erwarten, dass die Flugcharakteristik, wichtige Systeme, wie Hydraulik, elektrische Versorgung der Verbraucher, Druckkabine usw. möglichst realitätsgerecht in der Simulation implementiert wurden. Ein Mindestmaß an Interaktion zwischen den Systemen sollte zudem realisiert sein, um dem Simmer einen sachgerechten Ersteindruck vom komplexen Geschehen in einem Flugzeug zu vermitteln. Es wäre also falsch, wenn z.B. in der A350 XWB die Turbinen ohne elektrische Energie und Druckluft hochgefahren werden können. Auch die Anzeigewerte der Systeme, sofern sie denn implementiert wurden, sollten realitätsnahe Werte liefern.
Die Anzahl der simulierten Systeme, die Flight Factor in die simulierte A350 XWB realitätsnah und umfänglich eingebaut hat, ist wirklich beeindruckend. Die Systeme können auf dem System Display gescheckt bzw. überwacht werden, wie die folgende Übersicht zeigt. In der Folge sind es die Systeme:
- Auxillary Power Unit (Hilfsturbine, APU),
- BLEED (Abzapfluftsystem),
- COND (Air Conditioning, Klimatisierung),
- F/CTL (Flight Controls, Flugsteuerungen),
- DOOR (Türen, Ladeluken),
- EL/DC (Gleichstromversorgung),
- EL/AC (Wechselstromversorgung),
- ENG (Triebwerksüberwachung),
- FUEL (Treibstoffversorgung),
- HYD (Hydraulikdruck der Turbinen),
- PRESS (Pressurisation, Druckbeaufschlagung),
- WHEEL (Fahrwerk, Temperatur der Bremssysteme)
Überdies existiert eine Seite zur listenförmigen Anzeige des Systemstatus aller Flugsysteme, so wie zur Anzeige der Cruise Parameter, die das Electronic Centralised Aircraft Monitor System (ECAM) automatisch anzeigt, sobald die Bedingungen dafür erfüllt sind. Informationen zur Funktion und Arbeitsweise des jeweiligen Flugsystems kann der Simmer im Handbuch nachschlagen, dies in angemessener Weise. Das bedeutet, dass der Simmer nicht mit zu vielen technischen Details belastet wird, ohne das dabei aber zu sehr trivialisiert wird.
Der Pilot kann den Zustand eines Flugsystems, anhand farbiger Zustandswerte und Regelkreise, schnell erfassen, ob mit diesem alles in Ordnung ist oder ob Probleme aufgetreten sind. Grünfarbe bedeutet, das System arbeitet fehlerfrei. Bernsteinfarbe, das System ist nicht korrekt eingestellt oder ist deaktiviert. Überhaupt nicht gut ist es, wenn bestimmte Anzeigewerte oder Zustandsvariablen in Rot aufleuchten. Hier muss der Pilot sofort eingreifen, um das Problem zu beheben! Eine Rauchentwicklung im Avionics Raum, wie es z.B. auf der Seite Condition (siehe oben, Übersicht!) signalisiert wird, verheißt tatsächlich nichts Gutes für den Flug! Denn hier stehen z.B. die Rechner, die für die automatische Fluglagenregelung etc. zuständig sind. Die Systemanzeigen werden vom ECAM System generiert und im System Display entweder automatisch oder manuell zur Anzeige gebracht. Die manuelle Ansteuerung der Systemanzeigen erfolgt dabei über das ECAM Control Panel, indem der Pilot die entsprechende Taste drückt.
Zu beachten ist, dass im oberen und im unteren Bereich des Systemdisplays die Anzeigen sich nicht ändern, da diese Angaben zu wichtig sind, um sie auszublenden. Das betrifft bestimmte Parameter der Triebwerksüberwachung, die im oberen Bereich angezeigt werden. Im unteren Bereich sind es hingegen unterschiedliche Angaben zur Außentemperatur, Gesamtmenge des Treibstoffs (Fuel on Board, FOB) usw. Realistisch umgesetzt ist auch die Funktion, dass das ECAM System automatisch eine Seite im System Display darstellt, die der entsprechenden Flugphase entspricht oder für die Beobachtung eines bestimmten Systems notwendig ist. Dadurch versuchen die Cockpitdesigner der Informationsflut im Cockpit vorzubeugen und den Piloten nur jene Informationen zur Verfügung zu stellen, die für die aktuelle Flugphase gerade benötigt werden.
Der Außencheck – schon verschlissen?
Bevor wir losfliegen führen wir einen Außencheck durch. Dabei sollten natürlich die mächtigen Turbinen ausgeschaltet sein. Am besten lädt man sich die Maschine im “Cold and Dark” Modus in den X–PLANE Simulator. Nun ist es auch sinnvoll geöffnete Türen, Treppen, Versorgungsfahrzeuge und Servicepersonal anzuzeigen, was eine durchaus wirklichkeitsnahe Kulisse ergibt. Die Servicefahrzeuge erscheinen jedoch etwas zu klobig und grob texturiert. Mit den Airport Enhancement Services (AES) von Aerosoft können diese Objekte allerdings nicht mithalten. Diese Zusatzsoftware steht für den X-PLANE Simulator aber leider nicht zur Verfügung.
Beim Außencheck bekommen wir eine hochdetaillierte Maschine zu sehen, die in vielen Details wirklichkeitsgetreu dargestellt ist. So hängen z.B. die Quer- und Höhenruder herunter, weil kein hydraulischer Druck zur Verfügung steht, der die Ruder in die Neutralposition fährt. Die verschiedenen Anbauten, an den unterschiedlichen Rumpfsektionen der Maschine, sind gut zu erkennen und proportional glaubhaft wiedergegeben. Dazu gehört vor allem die große Anzahl der Sensoren, die an der Maschine angebracht sind. Neben den feinfühligen Pitot Sensoren, welche die Geschwindigkeit, Seitendrift und den Anstellwinkel des Flugzeugs messen, lassen sich auch die Sensoren zur Messung des Anstellwinkels (AOA Sensor) oder zur Feststellung von Eisansatz an Rumpf und Steuerklappen (Ice-Probe-Detector) gut erkennen. Das gilt auch für die anmontierten Antennen, die für die VHF – und der bodengestützten SATCOM Kommunikation benötigt werden und am Rumpf richtig platziert sind. Die Öffnung aller Türen und Ladeluken der A350 XWB erfolgt in X-PLANE durch das gleichzeitige Drücken der Shift Taste und einer entsprechenden Funktionstaste auf der Tastatur. Diese werden leichtgängig aufgestoßen, was in der Simulation sehr schön animiert wird. Gefallen tun auch die voluminösen Flap-Track Verkleidungen, welche die Landeklappen-Schienen vor Verschmutzung und Beschädigung am Boden schützen sollen.
Die Texturen wirken zwar kontrastreich, sind mir aber bei einigen Bemalungen zu dunkel geraten. Vor allem wenn man sich die Texturierung an der Flügelwurzel oder auf bzw. unter den Tragflächen ansieht, dann wirken diese sehr verschmutzt, irgendwie schon arg verschlissen. Hier muss der Painter von Flight Factor offenbar hellseherische Fähigkeiten gehabt haben. Denn so stelle ich mir eine Maschine vor, die mindesten 5 Jahre genutzt und noch nicht ein einziges Mal gereinigt wurde. Auch der Flügelkasten wirkt nicht gerade neu. So oder so geht von dieser Lackierung ein Flair von Schwerindustrie aus, wie diese vielleicht zur Titanic Zeit existierte. Es sieht fast schon so aus, als seien zur Verkleidung des Flügelkastens schwere Eisenplatten verwendet worden und diese mit einem Amboss Hammer angenietet worden, was nun wirklich nicht sein kann. Denn die Maschine ist gerade erst auf den Markt gekommen. Zudem besteht der Flügelkasten aus Verbundmaterial und die einzelnen Bestandteile des Flügels wirken in der Realität keinesfalls so auffallend angenietet!
Wem diese Art von „Dirty Version“ nicht gefällt der findet auf x-plane.org jede Menge „saubere“ Bemalungen, die wirklichkeitsgetreuer sind und vor allem unterstreichen, dass diese Maschine tatsächlich nagelneu ist. Ein Beispiel ist die hier gezeigte A350 XWB der Fluggesellschaften Finnair und Vietnam Airlines.
Schön und detailliert sind andererseits das Bugrad und die beiden Zwillings Tandem-Hauptfahrwerke geraten. Aktuatoren, Federelemente, Fahrgestelllampen etc. sind sehenswert modelliert. Genauso die Gondeln für die Triebwerksaufhängung, die ebenfalls gefallen, zudem die beiden riesigen Rolls Royce Triebwerke, die in der Realität einen Durchmesser von ca. 3 m aufweisen. Die Drehung der großen Fanschaufelblätter und das Drehen der weißen Spiralen auf dem Spinner der Triebwerke, die übrigens zur Vogelabschreckung auf gemalt sind, werden beim Hochfahren der Turbinen sehr schön bewegt. Bis auf den Dirty Eindruck, der aber bei Bedarf schnell durch eine „Clean Version“ ersetzt werden kann, hat der Entwickler hier ganze Arbeit geleistet. Ein wirklich sehenswertes und detailgerechtes Outfit des Airbus A350 XWB wurde hier für den realitätssüchtigen Simmer entworfen und zur Flugerprobung im Simulator X-PLANE bereitgestellt.
Cockpitbriefing – mit Maus und Cursor durch das Luftmeer
Betritt man das 3D-Cockpit der A350-900 XWB, so fallen einem sofort die großen Bildschirme auf und, sofern man das Cockpit einer A380 kennt, die große Ähnlichkeit mit diesem. Das Cockpit gehört zu den modernsten, was derzeit auf den Markt für Großraumflugzeuge zu bekommen ist. Modern bedeutet dabei nicht so sehr, dass es sich um LCD Bildschirme handelt, die schon länger in den Cockpits moderner Flugzeuge verbaut sind. Vielmehr ist damit die neuartige Möglichkeit der Interaktion mit den Bildschirmanzeigen gemeint. Per Touchscreen, Maus und Cursor können die Informationen nun direkt auf den Bildschirmen bearbeitet werden. Spätesten mit dem Aufkommen des Airbus A380 und nun des Airbus A350 verändert sich damit die Art und Weise, wie der Pilot ein Flugzeug steuert.
Mit Sidestick, Keyboard und Computermaus steuert der Pilot fortan das Flugzeug durch das Luftmeer. Als bevorzugtes Eingabegerät steht ihm die „Keyboard and Cursor Control Unit (KCCU)“ zur Verfügung, inclusive Qwerty Tastatur, Wheelrad und griffigem Trackball.
Mit dieser Steuereinheit lassen sich die Informationen auf dem Bildschirm des Onboard Information System (OIS) und dem Multifunktions MFD Bildschirm direkt bearbeiten. In der Realität können auch der System Display (SD) und Navigations Display (ND) mit der KCCU angesteuert werden, um sich erweiterte Informationen, z.B. zu einem Waypoint der Flugroute, anzeigen zu lassen. In der Simulation besteht diese Möglichkeit (noch) nicht. Dennoch es gibt ausreichend Gelegenheiten sich mit der Arbeitsweise der KCCU vertraut zu machen. Wer sich im Übrigen darüber wundert, welche Funktion dieser großer „Knubbel“ in der KCCU hat, der braucht sich nur vorzustellen, wie es sich für einen Piloten anfühlen muss, wenn er mit Hilfe der KCCU Systemdaten auf dem Multifunktions Display (MFD) abrufen oder eingeben möchte, dass Flugzeug dabei aber gerade ordentlich durchgeschüttelt wird, weil es sich in einer turbulenten Wettersituation befindet. Dieser „Knubbel“ wird, wegen seiner ungewöhnlichen Form, als „Palmrest“ bezeichnet und dient dem Piloten als Handauflage. Der „Knubbel“ ist ergonomisch so geformt ist, dass der Pilot mit „ruhiger Hand“ die KCCU vernünftig bedienen kann. Das ist die neue Art ein Flugzeug zu bedienen. Langjährige Computerpiloten kommen hier auf ihre Kosten. Denn diese haben ihren Simulator schon immer per Sidestick, Tastatur und Maus gesteuert. In der Techniksoziologie nennt man so was wohl „Rekursive Konvergenz“.
Das Onboard Information System (OIS)
Über das OIS System erhält der Pilot Zugriff auf die Handbücher, Anflugkarten und sonstige Borddokumente. Das papierlose Flugzeug wird damit Wirklichkeit. Auch die Take-off-Performance Daten können über das OIS errechnet werden. Flight Factor hat das OIS entsprechend der Realität simuliert. So können über die Menüstruktur des OIS die Menüpunkte „Ground Service“, „Airplane“, „Cab Annoucements“, „User Guides“, „Charts“ und „Options“ Informationen abgerufen werden. Manche Menüpunkte enthalten diverse Registerkarten, die zusätzliche Informationen oder Optionen zur Verfügung stellen. Die folgende Übersicht zeigt die Aktionsmöglichkeiten an, die über das Onboard Information System, durchgeführt werden können.
So erfolgt über den Menüpunkt Ground Service die Bereitstellung von Servicefahrzeugen aller Art. Hier sollte man sich Zeit nehmen, all die Gegenstände, wie Servicefahrzeuge, Keile und Treppen um das Flugzeug herum aufzubauen. Es sieht alles sehr realistisch aus. Zudem lassen sich hier auch alle Türen und Ladeluken der A350 XWB öffnen oder schließen, dies zudem akustisch unterlegt. Auch das Pushback lässt sich über diesen Menüpunkt anstoßen und wird wirklich schön animiert dargestellt. Im Menüpunkt Airplane findet man die Menüpunkte „Passengers“, „Fuel“ und „Cabin“. Über den Menüpunkt „Passengers“ kann die Beladung des Flugzeugs mit Passagieren, Gebäck und Frachtcontainern vorgenommen werden. Sobald die Einstellungen übernommen wurden, traut man seinen Ohren nicht mehr. In der Passagierkabine breitet sich Leben aus, die zugestiegenen Passagiere sind in ausgelassener, dennoch ruhiger Stimmung. Der Treibstoffplaner ermöglicht dezidierte Angaben zum Treibstoffbedarf für einen Flug anzustellen. Sobald der Treibstoffbedarf festgelegt ist, kann man auf dem System Display die Betankung der Tanks in den Flügeln und im Rumpf verfolgen. Natürlich erfolgt die Betankung über einen Tankwagen, der von außen zu sehen ist. Und im Menüpunkt „Cabin“ kann das Kabinenlicht, der Wasserbedarf und Mülllevel in der Kabine eingestellt werden. Ist der hoch, dann hagelt es Beschwerden, die von den Passagieren kommen. Auch der Menüpunkt „Cab Annoucements“ gefällt mir. Er ermöglicht das Abspielen bestimmter Sprechgruppen. Viele dieser Sprechgruppen sind Passagieransagen, die in bestimmten Flugsituationen abgespielt werden können. Sie erhöhen ungemein den Realitätsgrad. Falls es dem Simmer auf einer Langstrecke einmal langweilig werden sollte, dann kann er den Menüpunkt “User Guides” anklicken, um sich das Benutzerhandbuch zur A350 XWB anzeigen zu lassen. Da kann er sich dann ausführlich informieren, z.B. zur Stromversorgung bestimmter Aktoren (Antriebselemente). Diese bewegen z.B. die Klappen und Steuerorgane, um das Flugzeug zum Steigen oder Kurven zu bewegen.
Auch das gesamte Kartenmaterial wird nun elektronisch zur Verfügung gestellt. Benötigt man zum Beispiel eine bestimmte Standard Instrument Departure (SID) Abflugkarte, dann kann der Simmer diese über den Menüpunkt Charts im OIS abrufen. Allerdings ist die Anzeige von Flight Factor schwach umgesetzt. Die Karten lassen sich nicht drehen, zudem ist die Zoomfunktion unzureichend implementiert. Eine stärkere Vergrößerung der Kartenausschnitte wäre hier wünschenswert. Der letzte Menüpunkt, der aufgerufen werden kann, ist der Menüpunkt Optionen, der besondere interaktive Einstellungen des Add Ons ermöglicht. Dazu gehört z.B. die Einstellung ob bestimmte Bildschirme im Pop-up Modus laufen sollen, wenn der Anwender auf diese klickt. Ebenso kann die Funktion des Mausrades festgelegt werden, welches entweder zum Zoomen oder zum Hoch- und Runterzählen an Zählwerken verwendet werden kann. Leider hat Flight Factor den vielen Optionen, die gewählt werden können, im Handbuch keine Erläuterungen hinzugefügt. So muss sich der Anwender selbst einen Reim daraus machen, was z.B. die Option gl Flushing bedeutet. Denn hier kann man die Option Minimal oder Default wählen. Hier muss der Simmer ein wenig herumexperimentieren, um die Effekte der Einstellungen sehen und hören(!) zu können. Insgesamt ist das Onboard Informationen System, auch für den Simmer, im Cockpit ein äußerst nützliches Instrument. Konzentriert es doch alle wichtigen Informationen und Programme im Cockpit, die zum Managen eines Fluges benötigt werden.
Das Multifunktions-Display (MFD) – Schaltzentrale für Alles?
Der Airbus A350 XWB ist mit zwei großen interaktiven Multifunktions Anzeigen (Multifunktions Display, MFD) ausgestattet. Wesentlicher Menüpunkt des Multifunktionsdisplays ist die Eingabe eines Flugplanes, der über diesen Bildschirm aufgebaut werden kann. Daneben existieren aber noch die Menüpunkte ATCCOM, SURV (Surveillance) und FCU BKUP. Insbesondere über den Menüpunkt SURV können verschiedene Modis des Antikollisionssystems (TCAS), des Wetterradars, des Bodenannährungssystems (TAWS), des GPWS und des Transponders konfiguriert werden. In Bezug auf die Flugplaneingabe ersetzt das MFD das herkömmliche Multifunktionale Eingabegerät (Multifunction Control and Display Unit, MCDU) des Flight Management Systems (FMS). Die MCDU existiert jedoch im Cockpit der A350 XWB weiterhin als Backup System und lässt sich wie gewohnt bedienen.
Das FMS basiert auf dem Standard FMS von X-PLANE 10 und kann deshalb auch nur Flugpläne in diesem Format verarbeiten. Es wurde aber um einige Funktionen erweitert, auch das Interface zum Editieren des Flugplans wurde überarbeitet. So können für Flugwegpunkte Overfly Regeln festgelegt werden. Die Radien, die im Kurvenflug geflogen werden, sind dabei geschwindigkeitsabhängig. Dies kann in der Simulation sehr schön beobachtet werden, wenn die A350 XWB einen Flugwegpunkt im Overfly Modus anfliegt. Je schneller die A350 XWB fliegt, desto größer wird der Radius der Kurve, vorausgesetzt der Querneigungswinkel der Maschine ändert sich nicht. Sogar Geschwindigkeits- und Höhenbeschränkungen (Contraints) können für bestimmte Flugwegpunkte im FMS festgelegt werden. Diese werden dann vom FMC, falls die Maschine im Management Mode geflogen wird, während der lateralen und vertikalen Navigation berücksichtigt.
Das FMS der A350 XWB verarbeitet zudem Flugpläne, die mit dem Professional Flight Planer X (PPFX) oder den Electronic Flight Assistance (EFASS) erstellt wurden. Flugwegpunkte können nicht nur über ihrem Bezeichner (ICAO Code) eingegeben werden, sondern auch durch die Angabe von Breiten- und Längengrad definiert werden. Was sehr schön ist, dass sich auch Radiale, in Bezug auf ein VOR, mit dem FMS definieren lassen. Enthält ein solcher Flugwegpunkt die Angabe HAM/310/13, dann bedeutet dies, dass ein Anflug auf dem Inbound Radial 310 Grad erfolgen soll, dies ab einer Distanz von 13 Nautischen Meilen zum VOR Funkfeuer. Trotz dieser vielseitigen Implementierungen berechnet der FMC keine Top of Climb oder Top of Descent Points, ebenso bestimmte Geschwindigkeitswerte, die für einen sicheren Start benötigt werden. Von den Entwicklern wird dazu nur angemerkt, dass die spätere Professional Version ein vollfunktionsfähiges FMS bzw. MCDU haben wird. Was ebenfalls schade ist, dass die Entwickler keine SID und STARS zur Verfügung gestellt haben. Hier gibt es aber Abhilfe. Wer Lust und Zeit hat, kann die Flugwegpunkte einer SID bzw. STAR Route manuell in das FMS eingeben und speichern. Dies gelingt aber nur, wenn das entsprechende Kartenmaterial vorliegt, aus dem die Daten bzw. Koordinaten entnommen werden können. Der simulierten A350 XWB steht keine eigene AIRAC Datenbank zur Verfügung. Es nutzt die Navigationsdaten von X-PLANE. Wer unbedingt aktuelle Navigationsdaten haben möchte, kann sich, nach einer Registrierung, die Navigationsdaten von der Webseite Joe Job kostenlos herunterladen und in X-PLANE installieren, auf die das FMS der A350 XWB zugreift.
Checklisten, die neue Art alles richtig zu machen!
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Multifunktions Displays ist die Präsentation der der Checklisten. Im Rahmen der Cockpit- und Aircraft Preparation fallen naturgemäß alle Arbeitsgänge an, die weitgehend durch die Checklisten vorgegeben werden. Weitgehend deshalb, weil die Checkliste für die Außeninspektion fehlt. Ansonsten aber startet man die interaktive Checkliste.
Diese überwacht jede Aktion und stellt eine zuverlässige Hilfe dar, was in den jeweiligen Flugphasen des Fluges zu tun ist. Alle Checklisten können situativ aufgerufen und abgearbeitet werden. Ein Vierfarbcode zeigt zu jedem Item an, ob die daran gekoppelte Aktion durchgeführt wurde oder nicht. Blau steht für ein Item, dass noch gescheckt werden muss, Magenta für Checkpunkte, die nicht erfüllt wurden und die unbedingt gescheckt werden müssen. Der grüne Farbcode zeigt an, dass der Punkt gescheckt wurde und für in Ordnung befunden wurde. Zudem gibt es noch den weißen Farbcode, er enthält Hinweise, was zu erwarten ist. Insgesamt stehen 22 Hauptchecklisten, die sich in weitere speziellere Checklisten unterteilen. Zählt man alle Items zusammen, dann weiß man, warum so eine Maschine nur mit einem zweiten Piloten geflogen werden kann. Insgesamt bin ich auf über 200 Items gekommen, die in den unterschiedlichsten Flugphasen gescheckt werden müssen. Dazu gesellen sich noch die “Abnormalen Procedures” die, bei Systemausfall bzw. in einer Notsituation, berücksichtigt werden müssen. Realistisch, aber eben nicht komfortabel, ist die Tatsache, dass die Einstelllungen der Geräte und Schalter nicht direkt über die Checkliste manipuliert werden können. Man muss sich also schon ziemlich gut im Cockpit der A350 XWB auskennen, um den Schalter zu finden, der als nächstes gecheckt werden soll. Dennoch, die Checklisten vermitteln dem Simmer einen guten Eindruck, was alles an Systemen in der A350 XWB gescheckt werden muss (und kann), um einen Flug mit der A350 XWB erfolgreich, gleichfalls störungsfrei realisieren zu können.
Bekannte Bildschirme – ND, PFD und Co
Neben dem OIS und dem MFD Bildschirm existieren natürlich noch die aus anderen Airbus Modellen bekannten Bildschirme, wie das Navigations Display und das Primary Flight Display (PFD). Sie zeigen einerseits die üblichen, nun aber noch zusätzliche Informationen an. So zeigt das PFD natürlich immer noch die Lage des Flugzeuges im Raum sowie dessen Geschwindigkeit, Richtung und Höhe an. Hinzugekommen sind nun noch die Anzeigen zur Konfiguration der Klappen und zur Trimmung der Höhenflosse.
Während des Rollens am Boden kann im PFD die Taxikamera aufgeschaltet werden, was von Flight Factor aber nicht umgesetzt wurde. Das Navigations Display weist, wie bisher auch schon, die verschiedenen Darstellungsmodis für die Flugroute auf. Neu hinzugekommen ist, dass der Pilot nun unter dem Map Display ein sogenanntes Vertical Display vorfindet. Dieses Display zeigt das aktuelle Höhenprofil, zudem Terrain – Informationen und Gewitterechos des Wetterradars im Vertikalschnitt an. Bis auf das Gewitterecho hat Flight Factor die Neuerungen übernommen und in der A350 XWB Simulation eingebaut. Das zentral angeordnete Engine and Warning Display (EWD) zeigt die wichtigsten Triebwerksdaten, zum Schub und N1 an. Um den Piloten von den technischen Feinheiten der Triebwerks -Instrumentierung zu befreien (zum Beispiel Drehzahl oder Engine Pressure Ratio (EPR)) zeigt man nun, in Prozent ausgedrückt, das Verhältnis von aktuellem Schub zu maximalem Schub an. Hier hat Flight Factor aufgepasst und die neuen Anzeigestrukturen richtig implementiert.
Bei so vielen Bildschirmen fragt sich nicht nur der Simmer, was eigentlich passiert, wenn ein oder zwei Bildschirme ausfallen, dies auf Grund eines technischen Defektes? Nun, die Anzeigen lassen sich dann immer noch auf die intakten Bildschirme umschalten, was auch in der Simulation möglich ist. Aber auch aus Briefing Gründen, zwischen den Piloten, lässt sich der OIS Bildschirm auf den MFD Bildschirm umschalten und umgekehrt.
Viele Neuerungen, angemessen berücksichtigt!
Flight Factor hat eine Menge Systemfunktionen implementiert, die für die A350 XWB spezifisch sind. So verfügt die A350 XWB über zwei elektrische und zwei hydraulische Systeme. Die Hydrauliksteuerung arbeitet mit Hochdruck (5000 psi statt der üblichen 3000 psi). Airbus hat sich zu diesem Schritt entschlossen, um die Menge der mitgeführten Hydraulikflüssigkeit zu verringern. Der höhere Druck erlaubt einen kleineren Leitungsquerschnitt und kleiner dimensionierte sonstige Hydraulikkomponenten. Das spart deutlich Gewicht. Auch bei einem kompletten Ausfall der Hydraulik bleibt dennoch das Flugzeug durch die elektrischen Systeme voll steuerbar. Zudem hat die A350 XWB keine Trimmräder mehr, die sonst immer nah an der Schubhebeleinheit platziert waren. Dies ist auch nicht mehr notwendig, da die Fluglage im Regelfall nicht mehr der Pilot kontrolliert, sondern die FMU Einheit. Diese steuert auch die automatische Trimmung. Dennoch kann das Flugzeug auch vom Piloten direkt getrimmt werden. Dazu gibt es im Cockpit zwei kleine Schalter, einen für die manuelle Rudertrimmung und einen für die Trimmung des Anstellwinkels. Diese werden vom Piloten nur in besonderen Situationen benutzt. Auch in der Simulation funktionieren diese Schalter. Dazu muss allerdings die automatische Fluglagensteuerung abgeschaltet werden. Der bei Airbus bisher übliche Trimmtank im Höhenleitwerk entfällt bei der A350 XWB, den es in der A380 und den anderen Airbus Modellen gibt. In der Systemsimulation wurden all diese Neuerungen berücksichtigt und sind voll funktionsfähig implementiert. Hier muss man Flight Factor wirklich loben, dass auch die Neuerungen bereits funktionieren und keine bloßen Dummys darstellen.
Optisch macht das Cockpit auch in der Nacht eine gute Figur. Hierzu will ich keine großen Worte verlieren. Die vier Bilder belegen die unglaubliche Brillianz, mit der Flight Factor hier zu Werke gegangen ist. Alle Anzeigen lassen sich glasklar ablesen. Signalleuchten und Anzeigebildschirme sind stimmungsvoll implementiert.
Zufriedenheit und Genugtuung stellen sich ein, wenn die Lämpchen grün oder gelb leuchten. Keine amber- oder rot aufleuchtende Warnhinweise, auf irgendeinem der zahlreichen Bildschirme, welche die “selbstgefällige” Zufriedenheit des Stubenpiloten stören könnten. Auch die Cockpit Preparation in der Dunkelheit gefällt mir gut. Hier leuchten im Warning Display noch viele Warnhinweise amberfarbig auf, die den Piloten zum Handeln auffordern! Selbst das Navigationsdisplay empfängt vom Inertial Reference System (IRS) noch keine Daten und zeigt deshalb einen roten Ring an. Hoffen wir, dass wir auf dem Navigations Display eine solche Anzeige nicht zu sehen bekommen, wenn wir mit der nagelneuen A350 XWB unterwegs sind. Bevor ich Sie nun zu einem Testflug von Toulouse-Blagnac nach Hamburg Finkenwerder mitnehme, möchte ich noch kurz ein paar Worte zur Soundkulisse und zum allgemeinen Feeling der simulierten A350 XWB verlieren.
Sound und Feeling, wie immer ziemlich subjektiv!
Live habe ich die Maschine zwar noch nie gesehen und auch nicht gehört. Aktuell fliegt sie ja jeden Tag die Strecke Doha – Frankfurt hin und zurück. Im Internet, vor allem auf der Airbus Seite, kann man sie nicht nur fliegen sehen, sondern auch hören. Nach meinem Dafürhalten ist die Soundkulisse gut gelungen. Turbine klingt eben wie Turbine. Alarmsignale reißen den Simmer aus der Tagträumerei. Die Ansagen des Captains klingen unaufdringlich, aber klar und eindeutig. Der Purser, der die Beschwerden der Passagiere über die Interphone Anlage ins Cockpit kommuniziert, wirkt sogar ein wenig genervt. Das liegt wohl daran, dass ich auf meinen Flügen häufig vergesse die Kabinenbeleuchtung einzuschalten und die Passagiere somit im Dunkeln sitzen lasse. Der Purser gibt keine Ruhe, bis ich nicht endlich die Kabinenbeleuchtung eingeschaltet habe. Das die Flaps ausgefahren werden, erkennt man wie immer an ihrem charakteristischen Sound, ebenso natürlich auch die Schubumkehr, die wie ein fauchender Drache, gegen die Vorwärtsbewegung der Maschine ankämpft. Was will man also mehr hören? Nur im Cockpit sollte mal wieder aufgeräumt werden, vielleicht müssen auch einige Schrauben angezogen werden. Es klappert mir dort einfach zu sehr, vor allem wenn ich mit dem Airbus über die Piste rausche. Dennoch, mir reicht die Soundkulisse vollkommen aus. Sie klingt plausibel, hört sich auf jeden Fall ganz nach Flugzeug oder besser nach einem Airbus Jet an und verbessert ungemein den Spaßfaktor, der hier auch nicht zu kurz kommen darf.
Werkstattbesuch – von Toulouse-Blagnac nach Hamburg-Finkenwerder
Der Testflug vermittelt einen Einblick, wie sinnvoll und realitätsnah Flight Factor Flugvorbereitung, Check der Flugzeugsysteme und die Flugdynamik der simulierten Maschine umgesetzt hat. Üblicherweise beginnt ein Flug mit der Erstellung eines Flugplanes und der Berechnung von Beladung (für Gepäck, Passagiere etc.) und den voraussichtlichen Treibstoffbedarf. Mit dem EFASS Flugplaner habe ich schnell einen Flugplan erstellt. Dieser lässt sich umstandslos in das das FMC der A350 XWB exportieren. Für den Flug werden ca. 2,15 Stunden benötigt. Die Berechnung der Flugdauer kann im EFASS Flugplaner nur dann durchgeführt werden, wenn für die A350 XWB ein entsprechendes Performanceprofil existiert, aus dem die notwendigen Berechnungsdaten entnommen werden können. Die Übersicht zeigt Ausschnitte aus dem Flugplanungsprozess, auf den hier aber nicht weiter eingegangen werden soll.
Um die Berechnungen für Beladung und Treibstoffbedarf durchführen zu können, lässt mir Flight Factor keine andere Wahl als das Cockpit zu betreten. Denn nur am OIS Bildschirm kann ich die Berechnungen durchführen. Diese Schrittfolge halte ich nicht gerade für realistisch. Ich begebe mich nun in das Cockpit der A350 XWB Simulation, das ich im „Cold and Start“ Modus vorfinde. So sehe ich zunächst erst einmal nur abgeschaltete Bildschirme und Instrumente. Am OIS Bildschirm lässt sich noch nichts auswählen bzw. einstellen. Die Checklisten können noch nicht verwendet werden, weil diese nur elektronisch vorliegen, nicht aber als Printausdruck. Um den Bildschirm einzuschalten, muss das Cockpit deshalb erst einmal mit Strom versorgt werden.
Dazu aktiviere ich im Overhead Panel die Batterieschalter, um Strom auf die elektrischen Busse zu legen. Der unerfahrene Simmer wird allerdings Schwierigkeiten haben die Batterieschalter zu finden. Denn die Angaben in der Unterlage sind nicht gerade zielführend, um diese zu finden. Spätesten an dieser Stelle scheitert der Anfänger, der noch nie eine realitätsnahe Airbus Simulation geflogen hat. Ist die Stromversorgung endlich aktiviert, dann schalten sich einige Systeme automatisch ein, unter anderem die Bildschirme des Onboard Information Systems. Nun kann ich die nötigen Berechnungen durchführen. Dabei sollte ich mich beeilen, weil sich die Batterien mit der Zeit entladen. Es ist also zu empfehlen rechtzeitig auf eine alternative Stromquelle umzuschalten, zum Beispiel die Stromversorgung durch die APU sicherzustellen. Wie jeder auf dem folgenden “Foto” erkennen kann, nehme ich noch mehrere fachkundige Journalisten und Journalistinnen der internationalen Luftfahrtpresse mit.
Dazu kommt natürlich noch der Treibstoff, in einer Menge von ca. 60 Tonnen. Hier ist darauf zu achten, dass das maximale Startgewicht (MTOW) von 268 Tonnen nicht überschritten wird. Ich bleibe, aufgrund der geringen Passagierzahl und der nur ca. 780 Meilen langen Flugstrecke, weit unter diesem Wert. Nun geht es weiter mit den Checklisten zur „Cockpit Preparation“ und „Before Pushback&Start“, die ich zügig abarbeite. Dazu gehört auch die Eingabe der Daten in das FMS. Danach rufe ich die Checkliste „Engine Start“ auf, um die Triebwerke hochzufahren.
Triebwerksstart – ein Buch mit sieben Siegeln?
Der triebwerkskundige Airbus Simmer wird sicherlich wissen, dass der Start der Rolls Royce Dreiwellen-Triebwerke Trent 900 in nur wenigen Handlungen erfolgt, die vom Piloten getätigt werden müssen. Für den unerfahrenen Simmer bleibt der Triebwerksstart dagegen ein Buch mit sieben Siegeln bleiben. Er muss sich selbst einen Reim daraus machen, was die Anzeigen und Symbole auf der Seite Engine im Einzelnen bedeuten, die im System Display angezeigt werden. Ob die Anzeigenwerte der Triebwerksparameter ihre Richtigkeit haben? Wie soll er das beurteilen, wenn es hierzu im Handbuch keine Erläuterungen gibt? Deshalb hier ein paar grundsätzliche Bemerkungen zum Triebwerksstart.
Letztlich handelt es sich dabei um einen automatisierten Start der Triebwerke. Automatisiert heißt, dass die Triebwerke vom Fadec Regler, ein computergestützter Regler, vollautomatisch hochgefahren werden. Die Startautomatik wird ausgelöst, wenn der Pilot auf der Mittelkonsole (Pedestal) den Master Drehschalter auf IGN Start (Ignition, IGN = Zündung) umstellt, womit dem Fadec Regler das Anlassen des Triebwerkes angekündigt wird. Anschließend schaltet der Pilot den Hauptschalter für eines der Triebwerke auf ON.
Dadurch wird der Fadec Regler angewiesen das Startprogramm zum Hochfahren des Triebwerkes abzuarbeiten, übrigens alles Aktionen, die der Pilot früher selber durchführen musste. Zunächst wird vom Fadec Regler das Pressluftventil für die Anlassturbine geöffnet. Die Turbine fängt an sich zu drehen, wobei der Fan zum Drehen gebracht wird. Dabei wird im Triebwerk, über mehrere Verdichtungsstufen, hochkomprimierte Luft erzeugt, die aber nur zu einem geringeren Teil in die Brennkammer des Triebwerkes gelangt. Der Fadec Regler schaltet nun die Zündung ein, nach Erreichen von ca. 25% der Nenndrehzahl des Hochdruckrotors, der von der Turbine bewegt wird. Danach wird das Kraftstoffventil geöffnet, das Kraftstoff in die Brennkammer führt. Das heiße Gas entzündet sich, was am raschen Temperaturanstieg erkennt werden kann. Auf dem System Display kann der Pilot gut verfolgen, wie das Hochfahren des Triebwerkes vom Fadec Regler schrittweise gesteuert wird. Der Pilot hat hierbei die Aufgabe zu prüfen, ob die Triebwerksparameter im erlaubten Bereich liegen. Wenn das nicht der Fall ist, dann muss das Triebwerk sofort abgeschaltet werden, um größere Schäden zu verhindern. Nun ja, heute geht alles gut. Die Anzeigenadeln bewegen sich flüssig und stabilisieren sich im Normbereich.
Nach dem Hochfahren der Triebwerke würde ich am liebsten gleich zur Piste rollen, um endlich losfliegen zu können. Das darf ich aber nicht. Vorher muss ich noch die Checklisten „After Start“, „Taxi“ und „Before Takeoff“ abarbeiten. Insgesamt komme ich bis zum Start auf über zweihundert Checklistenpunkte, die gecheckt werden müssen. Wenn man sich gut im Cockpit auskennt und die Schalter und Systeme schnell findet und checkt, dann schafft man in einer halben Stunde bis zum endgültigen Start. Ein Anfänger kann hier schnell verzweifeln. Überspringt er aus einer gewissen Ungeduld heraus einen Punkt, weil er z.B. den Schalter nicht gefunden hat, dann kann es durchaus passieren, dass bestimmte Flugsysteme überhaupt nicht funktionieren und die Maschine deshalb gar nicht gestartet werden kann. Aber es gibt Trost. Wer sich die ganze Mühe mit der Abarbeitung von Checklisten nicht machen will, der kann sich natürlich das Flugzeug, mit bereits laufenden Triebwerken, auf die Startpiste seines Lieblingsflughafens stellen lassen und von dort aus sofort starten.
Fly-by-Wire, Flight Envelope Protection System – realitätsnah implementiert!
Die Thrust Lever (bei Airbus Schubhebel, nicht Gashebel(!)) verfügen über alle Airbus-Betriebsarten A/THR, FLEX, TO-GA Zonen, die auch andere Airbus Modelle aufweisen. Gestartet wird entweder im TOGA oder FLEX Modus. Ich rolle also zur Piste und rolle auch gleich auf diese auf. Sobald ich die Schubhebel auf den Betriebsmodus TOGA gesetzt habe löse ich die Bremse. Die A350 XWB beschleunigt rasch und ich rase über die Runway 32R von Toulouse-Blagnac, wobei ich hoffe, dass mir nicht wieder ein Vogelschwarm in beide Triebwerke rasselt, so wie ich es auf einem meiner Testflüge erleben musste. Beide Treibwerke fielen aus und ich stürzte mit der Maschine ab. Gott sei Dank nur im Simulator! Wie so was auf den Anzeigen im Cockpit der A350 XWB aussieht, lässt sich an der Abbildung gut erkennen. Die Warnmeldungen, die im Warn Display aufleuchten, sind dramatisch und unmissverständlich. Sie signalisieren einen kompletten Triebwerksausfall, der irreversibel ist. Die Kollision erfolgte in einer Höhe von ca. 200 Fuß. Gegenmaßnahmen, das Flugzeug zu stabilisieren, halfen hier nicht mehr weiter. Irgendwie ziemlich realistisch und auch faszinierend dargestellt. Nur erleben möchte man so was auf keinen Fall.
Bei 146 KT ziehe ich den Sidestick nach hinten und kommandiere einen ziemlich steilen Anstellwinkel von 15 Grad. Kraftvoll hebt die Maschine ab. Nach dem Start befinde ich mich laut Flight Mode Annunciator (FMA, Flugmodus Anzeige) im Runway Mode. Das bedeutet, dass die automatische Fluglagenkontrolle die Maschine auf der Mittellinie zur Runway hält, auch bei Wind. Nach ungefähr 1500 ft Höhe signalisiert mir die FMA Anzeige, dass ich die Schubhebel auf Betriebsmodus Climb umstellen soll, dem ich selbstverständlich nachkomme. Schließlich bekommt es den Triebwerken überhaupt nicht gut, wenn ich im Betriebsmodus TOGA stundenlang durch die Luft rausche.
Im Steigflug behält die A350 XWB den Anstellwinkel bei, auch dann noch, wenn ich den Sidestick bereits wieder in die Neutralstellung zurückgeführt habe. Eine manuelle „Trimmung“ ist hier nicht erforderlich, da diese automatisch durch den Fluglagenregler erfolgt. Erst wenn ich den Sidestick nach vorne schiebe, kommandiert der Fluglagenregler eine Reduzierung des Anstellwinkels. Nachdem ich auf 10000 Fuß gestiegen bin und die Maschine in den Horizontalflug gebracht habe, experimentiere ich ein wenig mit der Fly-by-Wire Steuerung, die Flight Factor der simulierten A350 XWB hinzugefügt hat. Dazu kommandiere ich mit dem Sidestick eine ziemlich scharfe Linkskurve, mit einem Querneigungswinkel (Bank Angle) von 30 Grad. Die Maschine hält präzise den Bank Angle, auch dann noch, wenn der Sidestick bereits wieder in die Neutralposition geführt wurde. Ganz im Gegensatz zu einem konventionellen Flugzeug, in dem keine Fly-by-Wire Unterstützung implementiert ist, wird auch die Höhe relativ gut gehalten (siehe Messwerte und Legende zur Aufzeichnung!), allerdings nicht so gut, wie dies in der Realität möglich ist.
Vergrößert der Pilot allerdings den Bank Angle auf 67°, dann muss der Sidestick in der entsprechenden Stellung von ihm gehalten werden. Lässt er ihn los, verringert sich der Bank Angle auf 33 Grad, was systemseitig gewünscht ist. Ein Überschießen des Bank Angle auf über 67 Grad verhindert dagegen der Fluglagenregler. Wie erwartet führt im Übrigen eine Reduzierung der Fluggeschwindigkeit nicht zu einem Sinken des Flugzeugs, der Fluglagenregler hält die Höhe, allerdings nur bis zur Mindestgeschwindigkeit bis zu der das Flugzeug noch steuerbar ist. Danach aktiviert das Flight Envelope Protection System (FEPS) automatisch den “Alpha Floor” Modus. Dies führt dazu, dass der Schub erhöht wird, um zu verhindern, dass es zu einem Strömungsabriss an den Flügeln der Maschine und damit zu einem unkontrollierten Absturz kommt. Insgesamt funktioniert das Prinzip der Fly-bye-Wire Technologie und das Flight Envelope Protection System recht gut in der Simulation. Der Simmer findet zu diesen Technologien im Handbuch ausführlichere Informationen.
Genug vom Nervenkitzel – Weiterflug ohne Experimente
Nach so viel Experimentiererei habe ich alsbald genug vom Nervenkitzel. Vom Flugpfad, der durch den Flugplan vorgegeben ist, befinde ich mich ca. 25 NM westlich entfernt. Ich versetze die A350 XWB in den Managed Mode und hoffe, dass diese automatisch zum Flugpfad zurückfindet. Das gelingt auch. Nach ca. drei Minuten kurvt die Maschine auf den Flugpfad ein und fliegt nach Hamburg – Finkenwerder weiter. Dabei steigt die Maschine zügig auf Flight Level 330, so wie es der Flugplan vorsieht.
Nun, um es kurz zu machen, der Flug verläuft im weiteren Verlauf problemlos. Kurz vor Nienburg, wo ich mich bereits auf 10000 ft befinde, geht es in den Sinkflug und ich erreiche den Final Approach auf ca. 5000 Fuß Höhe. Der Sinkflug wird von der Maschine automatisch eingeleitet, so wie es im FMS hinterlegt ist. Wichtig ist aber, dass der Sinkflug an der FCU (Flight Control Unit, Flugsteuerung Panel) bestätigt worden sein muss. Ich habe die Anflugroute auf den Werksflughafen von Airbus so gewählt, dass sie direkt über Hamburg führt. Beim vollautomatischen Anflug werden Localiser und Gleitflugpfad, des Instrumenten Landesystem der Piste 05, vom Autopiloten der A350 XWB gut eingefangen und von diesem stabil abgeflogen. Die Landung gelingt mir wirklich gut. In der Passagierkabine klatschen die Journalisten und Journalistinnen von der Fachpresse anerkennend, so mein Eindruck. Sie verlassen dann aber doch merkwürdigerweise ganz schnell das Flugzeug, ohne noch weitere Fragen an mich zu richten, worüber ich ein wenig enttäuscht bin. Habe ich etwa etwas verkehrt gemacht? Ist schließlich eine nagelneue Maschine, mit tausend Features. Vor allem das Kabinenlichtsystem der A350 XWB ist spektakulär, das sich der interessierte Simmer hier ansehen kann.
Fazit
Ich habe noch nie ein Add On vom Typ Airbus in dieser Qualität von einem Entwickler auf den Tisch bekommen, dass bereits in der ersten Version so umfassend und realitätsnah funktionierte, wie dieses ADD On. Hier sind einfach schon viele Systeme von Anfang an relativ realistisch und plausibel simuliert. Anzeigewerte, Anzeigeverhalten und Anzeigedarstellungen der Systeme stimmen sehr gut mit den Angaben überein, die ich bei meinen Recherchen zu diesem Add On ermitteln konnte. Aber auch das ganze Drumherum, von der Beladung des Flugzeuges, den Servicefahrzeugen, den akustisch untermalten Einstieg der Passagiere usw. gefällt mir sehr gut. Es ist eben nicht nur das Fliegen in der Simulation, die zählt, sondern es ist die gesamte Bandbreite an Luftfahrtalltag, die hier in der Simulation zur Schau gestellt wird. Ein wenig befremdlich ist nur der Befund, dass das FMS viele Berechnungen nicht durchführen kann.
Ob allerdings ein Anfänger, der noch nie in einer Simulation einen Airbus Jet geflogen ist, mit diesem Add On glücklich wird, das muss ich doch stark bezweifeln. Dazu ist die simulierte Maschine einfach zu komplex angelegt, dass dieser all die Systemzusammenhänge durchschauen kann, die hier bereits sehr realitätsnah implementiert wurden. Zudem fehlen im Handbuch viele hilfreiche Erläuterungen, die den Anfänger in das “Wie und Warum” einführen, die das Systemverhalten, die vielen Systemanzeigen und die Automatismen der simulierten Maschine plausibel erscheinen lassen. Realistischer wäre es deshalb von Flight Factor, wenn sie das Produkt nicht in der Advanced Kategorie ansiedeln würden, sondern in der Professional Kategorie, aber noch als Vorabversion einer bald erscheinenden Professional Version. Dazu hätte es vollkommen ausgereicht, die Versionsnummer auf 0.8. zu setzen.
Insgesamt aber hinterlässt die Systemsimulation einen ausgezeichneten Eindruck. Sie liefert einen guten Einblick in die Bedienung und Funktionsweise moderner Cockpits, so wie sie in den neuen Flugzeugmodellen von Airbus Industrie (A350, A380) mittlerweile verbaut werden. Die A350 XWB von Flight Factor hat ihren Auftritt im X-PLANE 10 Simulator erfolgreich absolviert. Ihrem offiziellen Dienstantritt steht somit nichts mehr entgegen. Der Preis ist angemessen, dass Geld sinnvoll angelegt, wenn man denn wirklich etwas lernen will, über die neue Art des Fliegens. Mein anfänglicher Pessimismus hat sich bei den vielen Testflügen, die ich mit dieser Maschine durchgeführt habe, restlos in Luft aufgelöst.
Informationen
PRO | CONTRA |
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INFORMATION | TESTSYSTEM |
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Günter Brinkhoff
Sehr gutes Review. Aber zu den Navigationsdaten eine Anmerkung:
Du schreibst: “Der simulierten A350 XWB steht keine eigene AIRAC Datenbank zur Verfügung. Es nutzt die Navigationsdaten von X-PLANE. Wer unbedingt aktuelle Navigationsdaten haben möchte, kann sich, nach einer Registrierung, die Navigationsdaten von der Webseite Joe Job kostenlos herunterladen und in X-PLANE installieren, auf die das FMS der A350 XWB zugreift.”
Die von dir verlinkte Website ist die von Robin Peel, und die Daten, die man dort bekommt, SIND die “normalen” Navigationsdaten von X-Plane. Die werden durchaus aktualisiert, stammen aber nicht aus den üblichen Quellen, sodass sehr viele Angaben fehlen.
Mittlerweile bekommt X-Plane aber AUCH (zusätzlich) Navigationsdaten von Aerosoft, die für das GNS 430 verwendet werden. Diese wiederum lassen sich durch ein Freeware-Skript verwenden, mit dem man SID und STAR-Dateien für den A350 erstellen kann. Wirkt am Anfang kompliziert, ist aber sehr einfach: http://forums.x-plane.org/index.php?showtopic=82093
Daneben kann man mit Hilfe von Navigraph und NavDataPro auch X-Planes”normale” Navigationsdaten (die von Robin Peel) durch stets aktuelle Daten ersetzen lassen. Die sind dann in jedem Flugzeug verfügbar, auch im A350.
Wow!
Hut ab vor diesem detaillierten und gut geschriebenen Review!
Wer noch V-Speeds sucht… http://forums.x-plane.org/index.php?showtopic=84074&p=895357
Rgds, PC
Hmm, die Tabellen sind erstmal für A320 Modelle, haben somit keinerlei Relevanz für die A350. Die Beschreibung, wie man aus Vmu auf vernünftige Werte von V1, Vr und V2 kommt, ist natürlich sehr rudimentär und kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn ein Simmer ich die Mühe macht, eine ganze Reihe von Vmu über einen weiten Gewichts- und Temperaturbereich zu erfliegen. Im “Richtigen Leben” werden diese Werte allerdings berechnet (lässt sich ja aus Polaren sehr einfach berechnen, WENN man die Polaren zur Verfügung hat) und dann mit ein oder zwei Testflügen verifiziert. Diese sind dann sehr unterhaltsam und effektvoll, da für diese Tests ein Skid-Pad am Heck montiert wird (meist aus Holz), auf den dann das Heck während des Startlaufs mit reduzierter Leistung “abgesenkt” wird und dann durch weiteres Erhöhen der Leistung der Punkt bzw. die Geschwindigkeit ermittelt wird, bei der das Flugzeug mit “schleifendem Heck” abhebt. Das klingt einfach, aber in Tat und Wahrheit ist es ein ziemlicher Aufwand und benötigt eine saubere, wirklich ebene Piste, damit keine zu starken mechanischen Schläge während der “Schleifphase” auf das Heck einwirken.
Nicht die Screenshots — die PDF-Datei! So wie ich das verstehe, hat der User sich dort genau die Mühe gemacht, Werte zu erfliegen.
Exakt 😉
Genau das habe ich gemacht….Hab für verschiedenste Gewichtskonfigurationen und Aussenteperaturen und PressureAltitudes tonnenweise Take Offs gemacht und bin mit dem Heck über die Startbahn geschrammt 😛
Leider sind die Tests so derbe instensiv und langwierig ohne Polare zur berechnung, dass bisher nur relativ wenige Daten vorhanden sind.
Bei Flughäfen über 4000ft MSL und hohen Temperaturen dürften die Werte nicht mehr zu einem erfolgreichen Strart oder sogar zu einem sicheren TakeOff Abort führen!
Aber better than nix 😉
Rgds, PC
Ebenso ist es, wie Oski beschrieben hat, wichtig nicht mit voller Triebwerksleistung zu starten, denn alleine der Schubvektor der Triebwerke beim Heben der Nase hat eine Moment nach oben und produziert somit eine Kraft nach oben, welche beim Abheben hilft und genau hier nicht gewünscht ist.
Achso, ‘Tschuldigung, die PDF’s habe ich auf die Schnelle nicht gesehen 🙂 Ja, ich kenne dieses Verfahren auch aus der Praxis. Ich hatte das Vergnügen, an einem solchen Vmu Testflug mitzuwirken. Ist schon sehr imposant und gar nicht so einfach, wenn man einen “Tailstrike” bewusst herbeiführen will, ohne dass zu hohe Kräfte einwirken. Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass dies eine Heidenarbeit ist, bis man auch nur eine einigermassen aussagekräftige Tabelle erflogen bzw. “erschrammt” hat… 🙂 Hut ab vor soviel Aufwand!
Super Berichterstattung: Besonders der Punk unter den OIS Displays finde ich hervorzuheben: “Über den Menüpunkt „Passengers“ kann die Beladung des Flugzeugs mit Passagieren, Gebäck und Frachtcontainern vorgenommen werden.”
Endlich mal eine passende Gebäck-order Funktion für den Kapitän 😉
Das haben wir uns alle gewünscht….