Einleitung
Turboprops sind doch so etwas wie die Stiefkinder der Luftfahrt. Sie gelten traditionell als klein, unbequem und laut. Junge Piloten müssen sich in deren Cockpits erst hochdienen – nicht selten beginnt die Karriere im rechten Sitz einer Turboprop. Die Königinnen der Lüfte waren immer schon die Airliner: wie kaum ein anderes Produkt der Ingenieurskunst stehen sie kompromisslos für das “größer, schneller, weiter” – ein fundamentales Credo der Luftfahrtindustrie. Dabei spielen gerade die Turboprops eine tragende Rolle im weltweiten Flugverkehr. Keiner der schicken Großraumjets würde heute profitabel abheben, wenn deren Drehkreuze nicht von einem beständigen Strom an Passagieren gefüttert werden würden. Von kleinen Inseln ebenso wie von Provinzhauptstädten. In Zentraleuropa ebenso wie in Ozeanien oder Alaska. Diese Verkehrslast tragen vor allem Turboprops, und sie machen ihren Job richtig gut.
Da ist es nur zu begrüßen, wenn die Flugsimulation eingeladen ist, ihre Flotten zu erweitern, die Hangartore weit zu öffnen und ein neues Mitglied aufzunehmen. “Majestät lassen bitten!” Was klingt wie eine Aufforderung des Hofmarschalls, haben sich Frank Schmidt und Stefan Benzinger zu Herzen genommen und sich deren Prinzessin mal näher vorgenommen. Ob es ein wahrhaft königliches Vergnügen war, erfahrt Ihr durch
Philosophie des Gesamtprojektes (Stefan)
Wie schon beim Vorgängerprojekt, der Dash8-300, werden mehrere Versionen angeboten: zunächst gibt es eine “Pilot”-Ausgabe, die sich an den Flugsimulationsbegeisterten allgemein richtet. Etwas tiefer in die Materie muss einsteigen, wer die “Pro”-Version pilotieren will, und richtig anspruchsvoll verspricht dann die “Training”-Edition zu werden. Aktuell verfügbar ist die “Pilot”-Ausgabe, die auch Gegenstand dieser Rezension ist. Eine detaillierte Auflistung der vorhandenen und versprochenen Features findet sich auf dieser Seite des Herstellers.
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Bezug, Installation, Preis (Stefan)
Verfügbar ist die Pilot-Ausgabe derzeit nur als Download im simMarket und bei JustFlight sowie im australischen FlightSim PilotShop zum Preis von € 49,94. Knapp 400 MB müssen durch die Leitung, bevor sich nach den üblichen Registrierungsformalien der Flieger und noch einiges mehr im virtuellen Hangar findet. Etwas Platz auf der Platte sollte man übrigens schon schaffen: 2,1 GB wollen erst mal geparkt sein.
Zusätzlicher Lieferumfang (Frank)
Bei der Installation wird neben dem Flugzeug und einer ansprechenden Auswahl von Bemalungen noch weiteres Beiwerk auf die Festplatte geschaufelt. Zum einen gibt es eine umfangreiche Dokumentation und zum anderen ein Konfigurations-Tool mit integriertem Load-Manager.
Die Dokumentation wird zusammengefasst von einer HTML-Seite, die sich mit jedem gängigen Browser bequem öffnen lässt. Einmal „gebookmarkt“, erhält man jederzeit blitzschnell Zugriff auf die benötigten Dokumente. Erfreulicherweise sind nicht nur die Checklisten vorhanden, sondern auch die „Speedcards“, mit deren Hilfe sich die korrekten Geschwindigkeiten abhängig von der Beladung ermitteln lassen. Neben dem ausführlichen „System Tutorial“ ist auch ein „Sample Flight Guide“ vorhanden. Letzteres bedarf meiner Meinung nach jedoch dringender Nachbesserung, weil sich weder die angesprochene Startsituation finden ließ, noch war es möglich die beschriebene Route mit den aktuell mitgelieferten Navigationsdaten zu programmieren.
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Total verzweifelte User finden darüber hinaus über die Übersichtsseite der Dokumentation auch den Link zum Support von Majestic Software. Sie betreiben ein eigenes Forum, wo nach einfacher Anmeldung nicht nur Beiträge gelesen sondern auch verfasst werden können. Sämtliche Dokumente und auch das Userforum sind wie üblich in englischer Sprache.
Das Konfigurations-Tool ist eine eigenständige Anwendung, die über das Windows Programm-Menü aufgerufen wird. Selbstverständlich kann man sich auch ein Alias auf den Desktop legen. Das in mehrere Bereiche unterteilte Tool erlaubt die Umstellung der Maße und Einheiten von „lbs“ in „kg“ bzw. von „In“ in „hPa“. Außerdem lässt sich die Grafik-Qualität und die Refresh-Rate beeinflussen, sowie einzelne Joystick-Achsen feinjustieren. Der wichtigste Reiter trägt die Aufschrift „Weight & Balance“. Hierüber lässt sich die Dash-8 Q 400 mit Passagieren, Gepäck und Treibstoff beladen. Die eingegebenen Werte werden per Knopfdruck kalkuliert und die Gewichte samt Treibstoff an den FSX übertragen. Hierfür sollte der FSX bereits gestartet und das Flugzeug abflugbereit geladen sein.
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Leider ist das Tool nicht in der Lage, die nötige Treibstoffmenge zu planen. Hierfür muss ein externes Helferlein herhalten oder man plant frei nach Schnauze.
Äußere und innere Ansichten (Frank)
Das Außenmodell der Dash-8 Q 400 ist recht ansprechend umgesetzt worden. Es ist vielleicht nicht ganz so detailverliebt geraten, wie es die technischen Möglichkeiten des FSX zulassen würden, aber der optische Eindruck ist stimmig. Bleibt man vom Betrachtungsabstand auf einem Level, der immer noch das gesamte Flugzeug zeigt, sind die Details und die Auflösung der Texturen vollkommen ausreichend. Das entspricht einer Zoomeinstellung von 2.0 (Fester Beobachter). Erst wenn man den Versuch startet, einzelne Nieten zu zählen oder ähnliches, offenbaren sich leichte Schwächen gegenüber manchem Mitbewerber.
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Majestic Software sieht seine Klientel sicherlich eher bei den ernsthafteren Usern, die im Zweifel sogar auf ein Außenmodell ganz verzichten könnten. Daher ist es zu verschmerzen, dass die Darstellung des selbigen nicht auf die Spitze getrieben wurde. Trotz allem wurde auf gewisse Details nicht verzichtet. Die Cockpitbesatzung sowie Klappen, Ruder, Türen, Fahrwerk und Propeller sind selbstverständlich anständig animiert, wie es sich für ein zeitgemäßes Modell gehört. Ebenso kann am Boden ein Generatorwagen „geordert“ werden, der vorn am Flugzeug die externe Strom- und Druckluftversorgung auch optisch unterstützt.
Zudem lassen sich sämtliche Türen und Luken öffnen, allerdings nicht alle unabhängig von einander und nur über die lästigen Standard-Tastenkombinationen des FSX. Das hat die Konkurrenz schon besser gelöst, beispielsweise mit Untermenüs, die sich im FMS aufrufen lassen.
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Absolut unverzeihlich hingegen ist das Stand- und Rollverhalten des Modells. Schon beim Aufruf über das FSX Menü kann es passieren, dass das Flugzeug vom Boden wegspringt. Das kann sogar soweit eskalieren, dass sich dieser Effekt aufschaukelt und schlussendlich zum Crash führt. Ist es gelungen, das Flugzeug ruhig am Gate zu platzieren, kommt es trotz allem ab und an zu unerklärlichen Auf- und Abbewegungen des Modells. Es scheint fast so, als wäre dieses Flugzeug in einem früheren Leben in der Low Rider Szene aktiv gewesen. Auch das Zusammenspiel mit externen Tools wie AES oder GSX quittiert die Dash-8 Q 400 mit kuriosen Eigenheiten, die mir zuvor noch bei keinem anderen Flugzeug untergekommen ist. Gleiches gilt übrigens auch für Kamera-Tools wie den FS Recorder. Derzeit sind diese Programme schlichtweg inkompatibel! Hier besteht noch akuter Handlungsbedarf seitens des Herstellers.
[Kommentar Ingo Voigt]
Besonders Bemerkenswert ist, dass ich im Gegensatz zu Frank und Stefan dieses Verhalten nur bedingt nachvollziehen kann. Bei der Release Version hatte ich diese Probleme ebenfalls. Nach einer Landung war an ein geordnetes Taxiing zur Parkposition nicht zu denken. Seit Version 1.006 ist das Problem bei mir persönlich behoben. Bei Frank und Stefan wurde es allerdings nicht wirklich besser.
[Ende des Kommentars]
Der optisch solide Eindruck des Außenmodells setzt sich im Inneren des Flugzeuges fort. Der Arbeitsplatz der Piloten wurde in einem sehr ansprechenden virtuellen Cockpit umgesetzt. Es wirkt sehr detailliert und keineswegs steril. Die geschickt platzierten Abnutzungserscheinungen wirken stimmig und nicht wie aus einem Hochglanzprospekt des Herstellers. Hier und da hätte ich mir ein paar schärfere Texturen gewünscht aber im direkten Blickfeld des Piloten (Instrumente, Overhead-Panel usw.) ist alles vom Feinsten. Schalter sind gut zu bedienen und die Beschriftungen gut lesbar. Hier ist man auf der Höhe der Zeit. Angenehmerweise lassen sich auch bei diesem Cockpit die Steuersäulen einfach per Mausklick ausblenden, falls diese die Sicht auf Instrumente oder Schalter behindern.
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Beleuchtung (Frank)
Auch in dieser Disziplin wurden die gängigen Standards mit einzeln schaltbaren Lichtern umgesetzt. Die Nachtbeleuchtung des Außenmodells kann sich sehen lassen. Eingeschaltete Taxi- und Landescheinwerfer sind am Modell (tagsüber und nachts) gut zu erkennen und hübsch anzusehen. In der Dämmerung und nachts werden Pisten und Rollwege entsprechend ausgeleuchtet. Die Positionsleuchten reflektieren sogar am Boden.
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Auch das Cockpit lässt sich über diverse Schalter individuell beleuchten, allerdings nicht ganz so detailverliebt wie bei PMDG, die diesbezüglich noch immer die Referenz darstellen.
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Sound (Stefan + Frank)
Auch bereits verwöhnte Ohren werden hier mit einem akustischen Leckerbissen verwöhnt – und das, obwohl das “advanced Sound System” erst in der “Pro”-Version folgen soll. Die Bedienung der Cockpitinstrumente ist ebenso realistisch unterlegt wie der Triebwerksstart, das Hochfahren der Props und die Klimaanlage. Ein besonderes Schmankerl sind die Ansagen der Besatzung inklusive Boarding-Musik. Die Soundfiles können automatisiert ablaufen oder einzeln über eine FMC-Seite abgespielt werden. Bravo! Andere Hersteller verzichten auf derlei Fleißaufgaben und “zwingen” den realitätsbewussten Simmer zur Installation weiterer Add-ons. Wer allerdings nach Möglichkeiten sucht, diese Sounds nach eigenem Ermessen zu konfigurieren oder in der Lautstärke anzupassen, sucht vergebens nach einer komfortablen Einstellmöglichkeit. Teilweise lassen sich Änderungen durch die Modifikation von Konfigurationsdateien erreichen, aber dies ist unpraktisch und wohl eher für Fortgeschrittene gedacht.
Die Programmierer haben offenbar auch den üblichen Weg der Sounderzeugung im FSX verlassen, denn die Geräusche bleiben auch dann erhalten, wenn der FSX nicht im Vordergrund ausgeführt wird. Wechselt man beispielsweise zwischendurch zu einer Moving Map oder ähnlichem, wird der Sound nicht unterbrochen. Das ist im FSX sonst nur mit zusätzlichen Tools wie Soundstream von Flight1 möglich.
Externe Hardware (Frank)
Während die Dash-8 Q 400 noch gut mit den gängigen Hardware-Erweiterungen der Stubenpiloten (Joysticks, Yokes oder Ruderpedalen) zurecht kommt, wird es bei spezieller Hardware schon schwieriger. Wer stolzer Besitzer eines Panels zur Einstellung der Funk- und Navigationsfrequenzen ist (wie z. B. das M-Panel von VRinsight o. ä.) wird leicht verärgert feststellen müssen, dass Majestic Software offenbar auch hierfür nicht die üblichen Standards des FSX nutzt. Jedenfalls ist die Dash-8 Q 400 das erste Flugzeug in meinem Hangar, welches das Zusammenspiel mit dem M-Panel komplett verweigert.
Systemsimulation (Stefan)
Ein hoher Detaillierungsgrad im Cockpit lässt eigentlich immer auf ein tiefgründiges “dahinter” schliessen. Und so ist es auch: alle Systeme der realen Maschine finden sich funktionell abgebildet. Sogar ein Wetterradar und eine Terraindarstellung lassen sich aktivieren. Man spürt ganz deutlich, dass die Entwickler mit den noch kommenden Versionen viel vorhaben. Schließlich soll die “Training”-Edition von Realpiloten in der Typenschulung und der Vorbereitung zum teuren Level-D-Simulatortraining dienen und so Geld sparen helfen.
Es würde den Rahmen dieses Reviews sprengen, wenn ich jetzt auf alle Details der verschiedenen abgebildeten Systeme eingehen würde. Ich möchte mich daher auf das Beispiel der Turbinen und des power managements beschränken. Turboprops und ihre Besonderheiten wurden bekanntlich von den Machern des FSX und seiner Vorversionen immer stiefmütterlich behandelt. Von einer auch nur ansatzweise realistischen Simulation konnte in den Standardflugzeugen und fast aller Freeware-Modelle nie die Rede sein. Verschiedene kommerzielle Add-ons haben hier bereits einige Lücken geschlossen, aber eine wirkliche vollumfängliche Abbildung eines Turboprops einschließlich Fehlersimulation hat noch kein Hersteller geschafft.
Wie schlagen sich Majestät nun auf diesem Feld? Nun, in der vorliegenden Pilot’s Version ist das Feature “scenario based failures” noch nicht enthalten. Es geht also vornehmlich um die “normal operations” gemäß mitgelieferter Checkliste. Das Handbuch beschreibt die Bedienung der Triebwerke und der Propeller zusammen unter dem Eintrag “Powerplant System” auf gut 10 Seiten sehr kompakt und instruktiv. Übrigens zeigte sich bei der Recherche zu diesem Review, daß die Bedienphilosophien der Dash 8-Triebwerke je nach Airline deutlich voneinander abweichen. Die sogenannten s.o.p.’s (Standard Operating Procedures) schreiben den dort beschäftigten Piloten recht genau vor, wie der Flieger zu bedienen sei. Deshalb können in Internet-Videos und anderen Quellen durchaus unterschiedliche Verfahren gesehen werden, die aber für sich genommen alle korrekt sind. Die s.o.p.’s machen halt den Unterschied.
Ich will nicht zu weit ausholen, denn über Turboprop-Triebwerke sind schon viele tausend Seiten geschrieben worden. Die Materie ist komplex – wesentlich komplexer als bei herkömmlichen Kolbenmotoren oder Turbofantriebwerken, also dem klassischen “Düsenantrieb”. Interessierten seien die einschlägigen Wikipedia-Seiten empfohlen, und auch googgle & Co. liefern interessante Quellen.
Wichtig bei Turboprops ist, daß sich die erzielte Leistung des Kerntriebwerkes wie bei Turbofan-Aggregaten auch immer mit einer Stellgröße verändert: dem Throttle. Dieser bestimmt durch die Menge an zugeführtem Treibstoff die Drehzahl der Antriebswelle. Dieser Vorgang wird mit den Parametern %N2 (der Drehzahl der zweiten Kompressorstufe) und EGT (der Temperatur am Ausgang der Brennkammer) überwacht. Von der Antriebswelle erfolgt die Kraftübertragung an den Propeller dann über ein Getriebe. Zu guter Letzt kann am Prop dann noch der Anstellwinkel der Blätter verändert werden. Er wird bei der Dash immer so konfiguriert, daß eine bestimmte Drehzahl des Props gehalten wird. Eigentlich ein klassischer Constant Speed-Propeller, wenn nicht… bei der Dash den Propellern mit den Condition Levers je nach gewünschter Leistungsstufe (MTOP, NTOP, MCL, MCR) eine feste Drehzahl zugeordnet wird – im Unterschied zu einem normalen Constant Speed Propeller, wo die Drehzahl in der Regel innerhalb eines relativ weiten Bereichs gewählt werden kann.
Die Leistung, die der Propeller letztlich dem Piloten zur Verfügung stellt, hängt von der Stellung des Throttle und dem Drehmoment (Torque) ab. Das Drehmoment ergibt sich aus der Drehzahl des Propellers und seines Anstellwinkels. Dieser Wert wird zur Überwachung als Prozentwert des zulässigen Maximums auf dem Panel ausgegeben (%TRQ). Schließlich wird die Gesamtleistung des Systems Antrieb natürlich noch durch atmosphärische Rahmenbedingungen (Luftdruck, Temperatur, rel. Feuchte, Dichtehöhe) maßgeblich mitbestimmt. Es würde aber jede Besatzung völlig überfordern, alle Variablen dieses hochkomplexen Vorganges im Auge zu behalten und auf jegliche Änderung unmittelbar zu reagieren.
Moderne Flugzeugmuster haben deshalb immer ein FADEC-System (fully automated digital engine control). Dahinter verbirgt sich im Prinzip ein Computer, ähnlich der digitalen Motorsteuerung in einem Auto. Dieses System nimmt dem Piloten eine Unmenge Arbeit ab und trägt entscheidend zur Betriebssicherheit bei. Verschiedene Umweltparameter und die Steuereingaben des Piloten werden fortlaufend registriert und verrechnet. Diese Ergebnisse benutzt dann das FADEC zur Steuerung der Triebwerke und gibt dem Piloten seinerseits wieder Hinweise auf Betriebsgrenzen und Leistungsreserven. Wohlgemerkt: ein FADEC ist kein Autothrottle! Es ist ein Assistenzsystem, das Daten registriert, verrechnet und ausgibt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Der geneigte Stubenpilot hat es also mit dem Powerplant Management der Dash einfacher, als es vielleicht zunächst scheint. Der wesentliche Unterschied zu einem Airliner ist die Existenz zweier Hebel pro Triebwerk: einen für den Throttle und einen für die Propellerdrehzahl – den Condition lever. Und die haben auch noch vorgegebene Rasten. Den Rest macht das FADEC. Praktisch, oder? Von den Überwachungsinstrumenten kommt neben %N2 und der EGT noch die %TRQ (Torque) dazu.
Je nach Flugphase werden die beiden Hebel in unterschiedliche Stellungen gebracht, was dann via FADEC und automatischer Propellerverstellung eine adäquate Freisetzung von Energie erlaubt. Dabei ist eine gewisse Vorausschau und eine ruhige Hand gefragt. Turboprop-Triebwerke haben einerseits eine gewisse Latenz in der Reaktion und reagieren andererseits teilweise recht bockig auf hektische, rasche Lastwechsel. Außerdem setzten sie – einmal auf Touren – große Mengen Energie frei – die freilich schnell zu groß sein können.
Wer die beiden Hebel jedoch gemäß Handbuch und Checkliste bewegt, hat nichts zu befürchten! Die Systemsimulation ist dabei äußerst akkurat. Das Taxiing mit dem sanften Beschleunigen und Abbremsen der Maschine alleine durch eine kleine Veränderung in der beta-Range der Props ist so noch nie gezeigt worden. Die weitgehend autonome Triebwerksteuerung im Reiseflug lässt einen fast vergessen, daß man gar keinen Autothrottle hat. Man bräuchte ihn schlichtweg auch nicht. Das teilweise recht zügige Abbremsen nach der Landung lässt auch “short field operations” zu. Ein besonderer Spaß sind auch Steilanflüge, etwa auf London City oder Lugano.
Die Besonderheiten von Turboprop-Triebwerken und ihrer Bedienung ist wirklich tiefgehend abgebildet. Die zahlreichen Fallstricke und Betriebsstörungen dürften aber wohl erst mit der nächsten Simulationsstufe spürbar werden. Ich persönlich bin auf die PRO-Version wirklich gespannt. Im Moment erfreue sich der Simmer an der umfassensten derzeit verfügbaren Turboprop-Simulation im Normalbetrieb.
Flugdynamik und Flugführung (Stefan)
Hier kann ich mich wieder kürzer fassen: die Flugdynamiken sind recht akkurat abgebildet. Das leichte Ziehen nach links ist in der Realität ebenso vorhanden wie das unterschiedliche Ansprechen bei verschiedenen Geschwindigkeiten. Die Maschine lässt sich händisch recht gut fliegen. Auch der Übergang zwischen Autopilot und manuellem Fliegen gelingt problemlos. Wachsamkeit ist übrigens im Langsamflug unter Autopilotenkontrolle geboten: mehrmals hat sich der Flieger bei Unterschreitung der Vref hierbei so vertrimmt, daß ein Übergang in eine manuelle Landung ums Haar schiefgegangen wäre. Ein Beinahe-Stall in 1000 Fuß wäre in der Wirklichkeit bestimmt nicht gut ausgegangen.
Die Flugführung gibt der Flight Director vor, der wie üblich entweder für den manuellen Flug eine Führung ausgibt oder den Autopiloten steuert. Ein Yaw damper kann separat aktiviert werden. Wie schon erwähnt: es gibt keinen Autothrottle – beim power management ist Pilot selbst gefordert. Durch die Unterstützungssysteme FADEC und Autofeather ist die Arbeitsbelastung im Reiseflug aber trotzdem gering. Die Navigation geschieht konventionell über zwei NAV und zwei ADF-Empfänger. Natürlich steht auch ein FMS von Universal zur Verfügung, das seine Navigationsdaten aus GPS und IRS bezieht. Die Anzeige der Instrumente lässt sich konfigurieren, so daß nur die jeweils benötigten Informationen auf dem PFD erscheinen.
Das abdockbare FMS verfügt über eine via Navigraph oder aerosoft updatefähige Datenbank. Die Bedienung unterscheidet sich in der Benutzerführung erheblich von dem, was man von Boeing oder Airbus kennt und macht eine Einarbeitung, z.B. via Tutorialflug nötig. Inhaltlich sind die Unterschiede aber gar nicht so groß, denn man erhält eine komplette laterale und vertikale Navigation, wenn man sich mit den Besonderheiten einmal vertraut gemacht hat. Auch die Funkempfänger können über eine FMS-Seite gesteuert werden. Die Systeme von Kapitän und Erstem Offizier arbeiten übrigens komplett separat. Es gibt allerdings einen Shortcut, mit dem man ein crossfill (Datenübertragung) machen kann.
Gesamteindruck (Stefan, Frank)
Stefan: Tja… Ich habe ehrlich gesagt eine Weile gebraucht, bis ich mit ihrer Majestät warm geworden bin. Ich war von Anfang an begeistert über die audiovisuellen Qualitäten des Fliegers. Auch das Drumherum – die Dokumentation, das Interface – alles bestens, auch wenn eine fuel prediction derzeit damit (noch?) nicht möglich ist. Die Systemtiefe ist geradezu berauschend, wobei mir persönlich die Beschränktheit auf den Normalbetrieb in der aktuellen Version etwas zu wenig ist. Aber das ist meine persönliche Ansicht. Viele Simmer dürften hochzufrieden sein – und sie sind es wohl auch, wenn man sich durch die Foren liest.
Das Flugerlebnis an sich gestaltete sich jedoch leider immer wieder etwas “sperrig”. Auch wenn ich meine persönliche Lernkurve berücksichtige, blieb doch lange so ein leises “na ja”. Mich störten mehrere Dinge: die derzeit fehlende Kompatibilität mit Cockpithardware, die Probleme mit Add-ons wie AES oder dem FS Recorder und – für mich schwerer wiegend – die Störungen im Programmablauf: die “Hüpfer” und die “Zeitlupen”. Erstere konnten mit dem letzten Update wohl deutlich reduziert werden, letztere betreffen mich immer noch, vor allem beim taxiing und beim Startlauf. Lästig! Aber ausdrücklich kein k.o.-Kriterium. Ich glaube, daß eine Lösung hier nur eine Frage der Zeit ist.
Mittlerweile bin ich aber zu einem richtigen Royalisten geworden! Nach vielen Stunden auf der Dash und intensiver Einarbeitung in die Materie des Turboprop-Betriebes sind alle Zweifel gewichen, und Begeisterung macht sich breit: Die Dash-8Q400 von Majestic Software ist jetzt schon ein großes Add-on, und es bleibt spannend, die weiteren Entwicklungen zu begleiten. Das Produkt war für mich nicht die große “Liebe auf den ersten Blick”. Die Dash fordert Loyalität. Aber sie gibt auch viel zurück. Kaufempfehlung!
Frank:
Die Dash-8 Q 400 von Majestic Software ist gut geeignet, um sich mit den Eigenheiten der Turboprop-Fliegerei auseinanderzusetzen. Die Systeme sind umfangreich und nach meinem Ermessen gut umgesetzt worden. Das gewöhnungsbedürftige FMS ist recht schnell erlernt und macht Spaß, wenn man es erst einmal verstanden hat.
Der Flieger ist innen und außen nett anzusehen und nutzt in der Umsetzung den heutigen Stand des Machbaren. Sowohl im manuellen wie auch im automatischen Flug gibt sich die Dash-8 Q 400 gutmütig und ist angenehm zu fliegen.
Dennoch überzeugt mich der Flieger nicht zur Gänze, da es einige Dinge gibt, die mich auch in der getesteten Version 1.006 extrem stören. Ganz vorne an wären dies die Inkompatibilitäten mit zahlreichen Tool wie AES, GSX und dem FS Recorder, die den Spielspaß erheblich dämpfen. Dem ambitionierten Hardcore-Simmer mag es genügen, wenn er den Flieger mit dem mitgelieferten Pushback-Tool bewegen kann (das funktioniert tatsächlich), ich hingegen lege Wert auf vollständige Kompatibilität mit AES. Das bekommen andere Hersteller auch hin, hier muss Majestic Software noch nacharbeiten! Ebenso müssen sie das Hüpfen und Springen am Boden in den Griff bekommen. Ich vermute, dass das alles sogar im Zusammenhang steht. Ich hoffe, dass Majestic Software sich im Klaren darüber ist, dass solche scheinbar kleinen Schwächen von den Nutzern unterschiedlich gewertet werden und großen Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg haben können. Ich verliere jedenfalls schnell die Lust an einem Flugzeug, bei dem das Einweisen in die Parkposition nicht funktioniert, oder nach dem Abspielen der Wiederholung das Flugzeug plötzlich irgendwo in der Walachei steht. Solange dies nicht fehlerfrei funktioniert, habe ich kein Interesse an einer Steigerung der Systemtiefe oder ähnlichem. Denn dann ist schon die Basisversion mit fast 50 Euro zu teuer! Wem das hingegen nicht ganz so wichtig ist, bekommt mit der Dash-8 Q 400 von Majestic Software ein hervorragendes Flugzeug um die Eigenheiten der Turboprob-Fliegerei im FSX zu entdecken bzw. zu genießen.
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PRO | CONTRA |
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INFORMATION | TESTSYSTEM |
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von Frank Schmidt, Stefan Benzinger und mit Unterstützung unseres Veteranen Oskar “Oski” Wagner
Davon gehe ich auch aus: allerdings sollte man sich bei C++ eben schon vorher gedanken machen, was man alles braucht. Auch Objektorientierung erfordert Planung vor der Codierung. Außerdem hat sich der Entwickler scheinbar nur wenig mit SimConnect und den FSX internen APIs sowie FSUIPC beschäftigt und ging von anfang an von einer völlig autarken Lösung aus.
Im übrigen gebe ich dir recht: was A2A und der AXE eben genau richtig gemacht haben, ist den Kernel nachwievor im FSX zu belassen und das ganze quasi als “Workaround” dazu zu programmiert. Das war genau der richtige weg, den eben Majestic eben leider nicht eingeschlagen hat.
Das mit dem Pimpen wird das einzigste sein, was von SP/Updates zu erwarten ist. Deswegen glaube ich auch nicht an eine tatsächliche Lösung des Hauptproblems und habe das Ding unlängst wieder von der Platte geschmissen.
Aber jetzt hat der Entwickler ja immerhin was gelernt, und weiß wie man es das nächste mal richtig macht. Zukünftige Majestic Addons dürften davon profitieren.
p.s das mit der fehlenden/unvollständigen SimConnect implementation dürfte genau das sein, was zu den apprupten “Stops” in der Luft führt. Scheinbar wurde das mit einem Timer in festen Intervallen umgesetzt und wird daher wohl niemals zu beseitigen sein.
Jup, das ist ja das Problem an der SimConnect Schnittstelle. Man kann nicht nach festen CPU cycles Abfragen reinschmeißen, sondern ist auf die FPS im Simulator fixiert. Sind die Konstant so gibts keine Probleme, aber sobald diese hoch und runterspringen gibts öfter desynchronisations; wenn das FDE als essentieller Bestandteil dazu noch extern läuft gibts hier Probleme; leider.
Dennoch halte ich den Weg für den richtigen; man müsste nur ein wenig mehr Funktionen in das FSX interne FDE implementieren und die externe Schnittstelle natürlich ebenfalls mit anpassen. Aber da die Verkaufszahlen für das Produkt recht gut sein sollen glaube ich wohl kaum hier an Nachbesserung.
Was die Programmierung betrifft: 70% Planung, 10% coding, 20% debugging oder so ähnlich 😀 Was an der Planung gespart wird oder nicht planbar war, ergibt den doppelten Aufwand in den anderen beiden Phasen; mal so ganz salopp gesagt.