Schon vor langer Zeit, damals noch unter dem Label Sim-Wings, begeisterte der Flughafen Madrid die Drehstuhl-Piloten. War LEMD damals noch der absolute Framerate-Killer, so hat sich inzwischen einiges getan; am Flughafen als auch an den Modellierungs-Techniken. Ralf Simonis hat sich in Madrid umgeschaut, wie der “neue” Flughafen, jetzt von Aerosoft veröffentlicht, gelungen ist.
Review: Madrid Barajas 2008
Der jüngste Spross der durch Aerosoft publizierten Mega-Airport Reihe befindet sich knapp 12km außerhalb der spanischen Hauptstadt Madrid. Madrid Barajas ist der größte Flughafen Spaniens, europaweit an vierter Stelle und im weltweiten Vergleich belegt er inzwischen Platz 11. Drei gute Gründe, sich die Umsetzung für den Flugsimulator etwas genauer anzusehen. Zur Zeit für den FS2004 erhältlich, wird es auch in nächster Zeit eine Version für den FSX geben, dieses Review befasst sich vorerst mit der online über Download erhältlichen Ausgabe für die länger existierende Version des Flugsimulators.
Download und Installation
Entweder über den Onlineshop von Aerosoft oder über den simMarket lässt sich diese von simwings entwickelte Szenerie für 24,95 Euro beziehen. Nach dem jeweiligen Bezahlvorgang kann man sich die ca. 53MB große Installationsdatei auf den Rechner laden. Nach dem Starten der Installation muss noch der jeweilige persönliche Keycode eingegeben werden, den man im Verlaufe des Bezahlvorgangs erhalten hat, der Rest der Installation verläuft im gewohnten Stil und problemfrei. Die Szenerie wird im FS in der Szeneriebibliothek angemeldet und kann sofort, zum Beispiel über die Angabe des Airport-Codes LEMD, genutzt werden.
Nach dem Abschluss der Kopiervorgänge befinden sich 132MB an Szenerie- und Texturdateien im Aerosoft-Unterverzeichnis des FS. Auch ein Dokumentations-Pdf ist dort zu finden, darin finden sich einige Informationen zu der Szenerie. Die Dokumentation ist in vier Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch) gehalten. Die wichtigste Information aus dem Dokument sei vorab gleich verraten: damit der AI-Verkehr alle vier Runways ausnutzen kann, wurde es notwendig, zwei verschiedene AfCAD-Dateien (die dem Flughafen unterlegten Rollweginformationen) beizulegen, welche – je nach Windrichtung – vom PC-Piloten unter Umständen selbst im Szenerieordner umbenannt werden müssen. Da aber laut Handbuch aufgrund der geografischen und meteorologischen
Bedingungen in Madrid zu 85-90% nur eine der beiden Dateien zum Einsatz kommt, kann man das Fehlen eines entsprechenden “Umschalt-Tools”, wie man es in ähnlicher Form ja von Load-Editoren für Flugzeuge kennt, durchaus verschmerzen. In aller Regel wird man also mit der standardmäßig installierten Nordvariante, welche die Runways 33L und 33R für die Landungen und die 36L und 36R vorsieht, auskommen und nur bei eindeutigen Wettervorhersagen nach der Flugplanung die Datei “Süd” zum Einsatz bringen.
Wer auf seinem Rechner AES im Einsatz hat, steht nach der Installation noch vor der Entscheidung, ob er bereit ist, 5 Credits für die Unterstützung von Madrid Barajas zu investieren.
Die Szenerie
Bienvenidos a España. Einer alten Tradition folgend, erfliege ich mir die neue Szenerie von Frankfurt aus kommend und kann nach gut zwei Stunden Flugzeit den Endanflug auf die 18R antreten. Aber Moment, war da nicht irgendwas mit den AfCAD-Dateien? Nach der Landung wusste ich es wieder – die abfliegenden Maschinen stauten sich bereits, da bei der Nutzung der falschen Datei die Flieger erst die gesamte Startbahn entlang rollen müssen, sie dann wenden und erst danach starten können. Abgesehen von dem unübersehbaren Stau führt es bei fast jeder zweiten Maschine zum plötzlichen Verschwinden, da dem FS die Differenz zur geplanten Abflugzeit zu lang wird.
Also der Einfachheit halber nach dem Abstellen am Gate den Flug mit neuem Wetter passend zur Layoutdatei neu gestartet und schon starten und landen die AI-Flieger wie vorgesehen auf je zwei Bahnen und auch die Wartezeiten vor dem Takeoff bleiben moderat. Ob der FS so jedoch auch in der Lage ist, die künftig geplanten 120 Flugbewegungen pro Stunde zu bewältigen, kann ich allerdings nicht sagen.
Jedenfalls funktioniert jetzt alles einwandfrei und nachdem nun also der Flugverkehr geregelten Abläufen unterliegt, wird es Zeit, sich auf dem Airportgelände etwas umzusehen. Wer dazu nicht die Schnellverstellung des FS nutzen möchte, sollte hierfür etwas Zeit mitbringen, denn Madrid beeindruckt (auch schon aus der Luft) alleine schon durch seine flächenmäßige Ausdehnung.
Auf insgesamt über 2400 Hektar verteilen sich vier große Terminalgebäude, ein neu erbautes Satellitenterminal, die vier bereits erwähnten Start- und Landebahnen, Towergebäude, das Cargogelände mit den Hallen der entsprechenden Unternehmen, die Wartungshallen der Iberia, Parkhäuser, Servicegebäude, und und und…
Das Gelände mit den Wartungshallen ist übrigens die einzige Ecke auf dem gesamten Areal, wo statische Flugzeuge herumstehen (dürfen). Allerdings stört diese Tatsache nicht wirklich, denn zum einen wird man sich selbst als Iberia-affiner Flugsimulatorpilot kaum mit der Wartung der eigenen Maschine in den entsprechenden Hallen beschäftigen und zum anderen werden sich dorthin in der Regel auch keine AI-Flieger zum Parken verirren. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass man, in Richtung Norden eine der beiden Bahnen 33L/R anfliegend, in der Phase direkt vor der Landung ohnehin kaum Augen für die dort abgestellten Flieger haben wird und insofern fällt die im Vergleich etwas geringere Qualität der statischen Objekte ebenso wenig auf, wie man durch die somit verloren gegangenen Abstellmöglichkeiten eingeschränkt wird.
Die Abstellmöglichkeiten sind schon ob ihrer schieren Anzahl kaum alle permanent mit AI-Fliegern zu füllen. Selten wird man also Probleme haben, auf dem riesigen Gelände einen Platz für seine Maschine zu finden. Dieser wird dann in aller Regel auch mit den entsprechenden Dockingsystemen ausgestattet sein, lediglich einige Vorfeldpositionen besitzen keine Anzeige, das entspricht jedoch der Realität.
Das komplette Gelände des Airports ist, wie auch schon zu Zeiten der Spanish Airports-Reihe, mit einer Fototextur unterlegt, die Bauarbeiten jedoch, die seinerzeit noch die Optik prägten, sind mittlerweile abgeschlossen. Die Textur fügt sich, selbst wenn keinerlei weitere Addons die Umgebung verändern, doch recht harmonisch in das FS-Standard-Spanien ein, lediglich an den abrupten Übergängen bei den Autobahnen und dem Fehlen weiterer detaillierter Bebauungsgebiete merkt man den Übergang zur generischen Standardtextur.
Die Fototextur passt sich vom Grundton her an die unterschiedlichen Jahreszeiten an, allzu große Unterschiede finden sich jedoch nicht, die mediterrane Lage verhindert dichtes Schneetreiben im Winter. Die Nachttextur wurde ebenfalls angepasst, ein nicht ganz alltäglicher Bonus. Jedoch ist die Qualität der dargestellten Beleuchtung unterschiedlich. Mangels vergleichbarer Nachtaufnahmen des realen Airportgeländes kann ich nicht mit letztendlicher Sicherheit beurteilen, ob gerade in der Nähe der Terminals wirklich nicht überall Straßenlaternen die Umgebung erhellen, die Übergänge zwischen “beleuchtet” und “unbeleuchtet” erscheinen teilweise jedoch etwas zu scharfkantig. Schöner gelungen hingegen sind die Ecken des Geländes, wo die Straßenlaternen etwas weiter auseinander stehen und die Umgebung punktueller beleuchten.
Nichts auszusetzen gibt es an der Beleuchtung auf der flugtechnischen Seite des Geländes. Die Parkpositionen werden ansehnlich erhellt, die Gebäudetexturen sind ohnehin der Oberliga zugehörig und selbst auf den Flutlichtmasten gibt es einen Helligkeitsverlauf, der durch die Reflektion des Lichtes vom Boden herrührt.
Die Gebäude auf dem Airportgelände entsprechen (sorry, dass ich das so salopp sage, ich meine es poitiv) dem, was man aus dem Hause simwings gewohnt ist und was man in dieser Preislage erwartet. Sauber konstruierte Gebäude, versehen mit hochwertigen Texturen. Die Umsetzung der geschwungenen Dächer der neuen Terminals 4 und 4sat ist sehr gut gelungen und zusammen mit den vielen weiteren, zum Teil erst auf den zweiten Blick auffallenden Details, wie zum Beispiel ausgearbeitete Verkehrsschilder oder Anprallschutzvorrichtungen, sind die Gebäude der Oberklasse zuzuordnen. Die Texturen sind an den Gebäuden und an den Parkpositionen stimmig, zahlreiche Fahrzeuge fahren auf den Zulieferwegen und zusammen mit vielen Details, die das jeweilige Gebäudeumfeld ergänzen ergibt sich ein realistischer Gesamteindruck.
An welcher Ecke man sich auch auf dem Flughafen befindet, egal ob an den schon länger vorhandenen Terminals, am neu erbauten Terminal 4, dem ebenfalls neu entstandenen Satellitenterminal oder im Cargobereich, immer stehen ein paar Wagen, Kisten, Gepäckbänder, Treppen oder ähnliches herum. Ausserdem stehen zahlreiche, gerade nicht benötigte Zubringerbusse herum und tragen durch ihre bloße Anwesenheit zum Gesamtbild eines betriebsamen Großflughafens bei.
Einzig hätte ich mir noch gewünscht, dass zusätzlich zu den zahlreich auf dem Vorfeld umherfahrenden Fahrzeugen auch auf den, den Flughafen umgebenden, Autobahnen ebenso wie auf der A5 beim Mega-Airport Frankfurt, animierte Autos entlang flitzen würden. Hierauf hat man in Madrid leider verzichtet, obwohl sich die zahlreich vorhandenen Straßen durchaus angeboten hätten und der zusätzliche Betrieb sicherlich keine allzu großen Auswirkungen auf die Bildwiederholrate(n) gehabt hätte.
Denn diese sind, und damit kommen wir zum nächsten wichtigen Punkt – der Performance – auf dem gesamten Gelände durchweg als sehr gut zu bezeichnen. Trotz (wie auf den Bildern ersichtlich) recht großzügig vorhandenem AI-Verkehr, realem Wetter, Fluglogbuch und weiteren Zusatzprogrammen konnte ich keinerlei nennenswerte Probleme feststellen. Begünstigt wird dies unter anderem
durch die im Handbuch erwähnte Programmierung, welche weiter entfernte Objekte ausblendet und erst bei Annäherung wieder anzeigt. Dies führt aber zu keinerlei negativer Beeinträchtigung bei der Benutzung, da dies wirklich relativ unbemerkt geschieht, sofern man nicht mittels Schnellverstellung von Nord nach Süd über das Areal fegt.
Ein Wort noch zum Thema AES. Gegen 5 Credits kann man sich Madrid Barajas für die Nutzung der von AES bereitgestellten Funktionalitäten freischalten. Wer AES nutzt, sollte bedenkenlos diese Credits investieren, der Airport ist dafür vorbereitet und wie man im Bild erkennen kann, funktioniert das Tool anstandslos. Wer AES nicht nutzt, bzw. wer gerade keine Credits übrig hat, muss aber nicht traurig darüber sein. Madrid Barajas ist ohne AES genauso schön, wie mit AES, bis auf die Tatsache, dass sich die Dockingfinger nicht an das Flugzeug heranbewegen und man auf die AES eigenen Features verzichten muss (Tankwagen, Pushback, etc.). Wovon allerdings abzuraten ist, ist der Demo-Modus. In diesem wird nach sehr kurzer Zeit die Funktionalität von AES abgeschaltet und im selben Augenblick verschwinden sämtliche Dockinganlagen auf dem gesamten Airport, was einen sehr tristen Anblick bietet. Von daher lieber den Airport gar nicht aktivieren, als den Demo-Modus zu nutzen.
Fazit
Wer gerne Linie fliegt und sich auf den großen Airports heimisch fühlt, der kommt an Madrid Barajas nicht vorbei. Wer ohnehin schon die Spanish Airports auf seinem Rechner hat, der sollte sich ebenfalls überlegen, die Bauarbeiten auf dem Gelände abzuschließen und die volle Pracht der neuen Anlagen zu genießen.Und auch dem Spanienliebhaber, der nicht nur seine Urlaube in diesem Land verbringt, sondern sich auch gerne virtuell durch den dortigen Luftraum bewegt, dem sei diese Szenerie ans Herz gelegt, wenn er denn diesen Airport nicht schon längst auf der Platte hat.
Allen anderen sei gesagt, dass sie mit dieser Szenerie zwar eine räumlich recht eingeschränkte Erweiterung erwerben, dann jedoch den viertgrößten Airport Europas in hervorragender Qualität auf ihrem PC Ihr eigen nenn dürfen und sogar für die Zukunft gerüstet sind, zumindest was die Landebahnlängen für die künftigen Flugzeuge à la A380 betrifft. Als weiteren Bonus bekommt man als Käufer der Downloadvariante die Version für den FSX nach Erscheinen noch kostenlos dazu und spätestens damit bewegt sich die Szenerie auch preislich in einem äußerst attraktiven Rahmen. Olé.
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INFORMATION | TESTSYSTEM |
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Ralf Simonis